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020 - Zug der Verlorenen

020 - Zug der Verlorenen

Titel: 020 - Zug der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael J. Parrish
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Matt musste sich zwingen, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Er war erschöpft. Seine Knochen und Gelenke schmerzten, seine Kehle fühlte sich an wie ausgedörrt.
    Schon den ganzen Tag marschierten sie durch das üppig bewachsene Hügelland, ohne auch nur eine Rast eingelegt zu haben. Sie hatten nichts zu trinken bekommen und nicht einen Bissen gegessen. Alles was sie bekamen, waren Peitschenhiebe und wüste Beschimpfungen, die die Wächter von ihren bizarren Reittieren herab brüllten.
    An der Spitze des Zuges reiste Emroc, der Sklavenmeister, der Matt und seine Leidensgenossen in Southampton erstanden hatte. Emroc war - von dem Pseudo-Gott Maars im Kolosseum von Rom einmal abgesehen - der fetteste Mensch, den Matt je getroffen hatte, ein glatzköpfiger Eunuch mit einem grausamen Blitzen in seinen winzigen Augen.
    In einer Sänfte ließ sich der Meister der Sklaven durch den Wald tragen, stopfte sich fortwährend mit Leckereien voll und soff teuren Wein, während seine Sklaven fast verhungerten.
    Emroc war kein Idiot. Er gab den Sklaven gerade so viel zu essen, dass sie nicht zugrunde gingen - aber so wenig, dass sie nicht die Kraft zur Flucht hatten.
    Noch niemals hatte Matt wirklichen Hass auf einen Menschen verspürt. Als er nun jedoch über den morastigen Boden torkelte, ausgehungert und der Erschöpfung nahe, als er von einem der Wärter angebrüllt wurde und die Flammpeitsche knallte, da war es fast so weit.
    Ihn erfüllte die Vorstellung, dass ein Mensch einen anderen besitzen oder gar verkaufen könne, mit Abscheu. Und doch musste er sich mit dem Gedanken abfinden, dass er, Matthew Drax, im Begriff war, auf dem Sklavenmarkt von Plymeth meistbietend verschachert zu werden…
    ***
    Aruula ging vor ihm. Auch ihre Schritte waren schwer geworden, ihre Züge wirkten eingefallen und ausgezehrt. Ihre Schulter und ihr Rücken waren blutig und von Striemen überzogen - Folgen ihres Widerstands.
    Immer wieder warfen ihr die Wächter lüsterne Blicke zu, weideten sich am Anblick ihres üppigen nackten Busens - doch bislang hatten sie darauf verzichtet, sich Aruula zu nähern, wie sie es bei anderen Sklavinnen getan hatten. Noch hielt sie das ungestüme Wesen der Barbarin davon ab, über sie herzufallen - aber Matt machte sich keine Illusionen darüber, dass sich dies bald ändern würde.
    Am Beginn ihrer langen Wanderung hatte Aruula den Wächtern noch lauernde Blicke zugeworfen und geschworen, ihnen bei der kleinsten Gelegenheit die Augen auszukratzen - doch das Feuer in der Barbarin war im Begriff zu erlöschen. Wie die meisten im Zug wollte nie nur noch eines: Überleben.
    Anfangs hatten Matt und Aruula noch an Flucht gedacht. Mittlerweile verschwendeten sie keinen Gedanken mehr daran. Selbst wenn es ihnen gelingen würde, ihre Fesseln abzustreifen und sieh ins Dickicht abzusetzen - gegen Emrocs Wächter und ihre Andronen hatten sie keine Chance. Binnen kürzester Zeit würden sie sie eingeholt und zurückgebracht haben - und Matt und Aruula hatten mit eigenen Augen gesehen, was denen blühte, die zu entkommen suchten.
    Vor zwei Tagen war es einer Taratze gelungen, ihre Fesseln durchzunagen und sich seitwärts in die Büsche zu schlagen. Keine zwei Stunden später hatten die Sklaventreiber sie wieder gefasst. Sie banden die arme Kreatur bäuchlings an einen Baumstamm und schlugen mit ihren Flammpeitschen auf sie ein. Die Peitschen waren aus den Häuten einer giftigen Schlangenart gefertigt, die mit winzigen Giftstacheln besetzt war. Jeder Hieb bohrte sich tief ins Fleisch, brannte wie Feuer und verursachte lähmende, unerträgliche Schmerzen.
    Matt hatte die grellen Schreie der Taratze noch immer im Ohr. Die Rattenkreatur hatte gebrüllt wie am Spieß, während das brennend heiße Leder wieder und wieder auf sie niedergefahren war, ihr Fell versengt und sich tief in ihr Fleisch geschnitten hatte.
    Schließlich war der Rücken der Taratze völlig nackt gewesen. Nur noch Brandspuren, Fetzen von Haut und dunkles Blut waren zu sehen gewesen. Emroc hatte darauf verzichtet, die Taratze zu töten - auf dem Sklavenmarkt von Plymeth brachte sie ihm bares Geld. Aber er hatte ihr einen Denkzettel verpasst, den weder sie noch ihre Mitgefangenen vergessen würden - die ganze Nacht über hatte die geschundene Kreatur gewinselt und dafür gesorgt, dass Matt und die anderen kein Auge zugetan hatten.
    In engen Windungen zog sich der Pfad dahin. Er war breit und ausgetreten. Matt nahm an, dass schon unzählige Sklaven vor ihnen

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