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Der Fundamentalist, der keiner sein wollte

Der Fundamentalist, der keiner sein wollte

Titel: Der Fundamentalist, der keiner sein wollte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohsin Hamed
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einer Gruppe Princetonier, die zusammen in Griechenland Urlaub machen wollten. Sie und die anderen waren Mitglied im renommiertesten Essclub der Universität, dem Ivy, und sie reisten mit freundlicher Unterstützung ihrer Eltern oder der Dividenden aus ihren Treuhandvermögen, zu denen sie nun aufgrund ihres Alters Zugang hatten; ich hatte mir mein Essen immer in der Souterrainküche meines Wohnheims zubereitet und konnte nur dank meiner Einstellungsprämie von Underwood Samson mitfahren. Ich war mit einem der Ivy-Leute, Chuck hieß er, aus meiner Fußballzeit befreundet, und einige andere, die ich durch ihn kennengelernt hatte, mochten mich als exotische Bekanntschaft ganz gern.
    Wir trafen uns in Athen, wo wir mit verschiedenen Flügen gelandet waren, und als ich Erica sah, konnte ich nicht anders, als ihr anzubieten, ihren Rucksack zu tragen – so atemberaubend hoheitsvoll war sie. Ihr Haar war wie eine Tiara aufgetürmt, und ihr Nabel – ah, welch ein Nabel: seine Festigkeit hatte er, wie ich später erfuhr, durch jahrelanges Taekwondo – lugte unter einem kurzen T-Shirt hervor, auf dem ein Bild des Vorsitzenden Mao prangte. Wir wurden einander vorgestellt, sie lächelte, als sie mir die Hand gab – ob sie mich unwiderstehlich kultiviert oder seltsam anachronistisch fand, wusste ich nicht –, dann zogen wir alle nach Piräus los.
    Es zeigte sich sogleich, dass ich bei meiner Werbung um Erica das Feld nicht für mich haben würde. Ja, kaum hatte unsere Fähre zu den Inseln abgelegt, begann ein junger Mann auf der anderen Deckseite – vor seiner nackten, aber nicht sehr muskulösen Brust hing ein Zahn an einer Lederschnur –, auf seiner Gitarre zu klampfen und ihr ein Ständchen zu bringen. »Was ist denn das für eine Sprache?«, fragte sie mich und beugte sich so weit zu mir, dass ihr Atem mich am Ohr kitzelte. »Englisch, glaube ich«, antwortete ich nach konzentriertem Hinhören. »Genauer gesagt, Bryan Adams, Summer of ‘69 .« Sie lachte. »Du hast recht«, sagte sie, senkte dann höflich die Stimme, um hinzuzufügen: »Mann, ist der schlecht!« Ich wollte ihr eigentlich zustimmen, aber da ich nun wusste, dass der Troubadour keine Gefahr darstellte, zog ich es vor, in großmütigem Schweigen zu verharren.
    Eine ernstere Herausforderung stellte dann Chucks guter und gleichfalls einsilbig benamster Freund Mike dar, der am nächsten Tag, als wir in einem Restaurant über dem Rand des zerschmetterten Vulkans saßen, aus dem die Insel Santorini besteht, beiläufig den Arm über die Rückenlehne von Ericas Stuhl legte und ihn fast eine Stunde in dieser Position ließ, die ihm bestimmt unbequem wurde. Erica gab ihm kein Zeichen, den Arm wegzunehmen, allerdings tröstete ich mich damit, dass sie das ganze Essen hindurch sehr aufmerksam zuhörte, wenn ich etwas sagte, von Zeit zu Zeit lächelte und ihre grünen Augen auf mich richtete. Danach jedoch, auf dem Rückweg zu unserer Pension, ließen sie und Mike sich zurückfallen, und in jener Nacht fand ich kaum Schlaf.
    Am Morgen sah ich zu meiner Erleichterung, dass sie vor Mike zum Frühstück herunterkam – nicht mit ihm –, ebenso freute ich mich darüber, dass wir beide anscheinend als Erste unserer Gruppe wach waren. Sie strich Marmelade auf ein Croissant, gab mir die Hälfte und sagte: »Weißt du, was ich gern tun würde?« Ich fragte sie, was es sei. »Ich würde gern allein hier sein«, sagte sie, »mir auf einer dieser Inseln ein Zimmer mieten und einfach bloß schreiben.« Dann solle sie das doch tun, sagte ich, sie aber schüttelte den Kopf. »Das würde keine Woche gutgehen. Ich kann schlecht allein sein. Aber du«, und hier neigte sie den Kopf und verschränkte die Arme, »ich glaube, du könntest das.«
    Soweit ich weiß, hatte ich nie Angst vorm Alleinsein, also zuckte ich beipflichtend die Achseln und fügte erklärend hinzu: »Als ich ein Kind war, waren wir zu acht, acht Cousins und Cousinen, alle auf einem Hof – eine Grenzmauer umgab nämlich das Grundstück, das mein Großvater seinen Söhnen hinterließ –, und wir hatten gemeinsam drei Hunde, eine Zeitlang auch eine Ente.« Sie lachte und sagte dann: »Da war Alleinsein wohl eher ein Luxus, was?« Ich nickte. »Du verströmst so ein starkes Heimatgefühl«, sagte sie, »weißt du das? So ich-komme-aus-einer-großen-Familie-mäßig. Das ist schön. Das gibt einem so was Stabiles.« Darüber freute ich mich – auch wenn ich nicht so recht wusste, ob ich es ganz verstanden hatte –

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