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Der Gang vor die Hunde (German Edition)

Der Gang vor die Hunde (German Edition)

Titel: Der Gang vor die Hunde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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waren getäfelt und mit ornamentalen Intarsien und nackten Frauen geschmückt, und zu beiden Seiten zogen sich niedrige Polster hin. Die Beiden setzten sich.
    »Anscheinend schlechter Geschäftsgang«, sagte Fabian.
    »Kein Mensch hat Geld«, erklärte Wenzkat. »Außerdem hat sich die Branche überlebt.«
    Dann traten drei junge Frauen ins Zimmer und begrüßten den Stammgast. Fabian saß in einer Ecke und betrachtete die Szene. Die Haushälterin brachte einen Kübel, goß Sekt ein, rief »Prost!«, und man trank.
    »Lotte«, sagte Wenzkat, »spielt uns euer Stück vor!«
    Lotte war eine dicke Person mit lustigen Augen. »Gut«, erklärte sie und verschwand mit einer der zwei Anderen. »Zieh dich aus!« sagte Wenzkat zu der Dritten, die zurückgeblieben war. Sie stand auf, ging aus dem Zimmer, kam, eine Minute später, nackt zurück und setzte sich zwischen die Gäste. Sie war groß, hatte überall blonde Haare und schlug die Beine übereinander. Wenzkat ergriff ihre Brüste, kniff hinein und trank ihr zu. »Prost!« sagte sie, trank auch und dehnte sich.
    Da erschien Lotte. Sie trug Männerkleidung und behauptete kichernd: »Ich komme von einer langen Reise. Wo ist denn meine Frau?« Dann kam ihre Kollegin, in einen Spitzenschal gehüllt durch die Tür und rief: »Endlich, geliebter Gatte! Ich bin vor Sehnsucht zerflossen.«
    Und nun wurden sie handgemein, wie sich das für Eheleute, die einander endlich wiedersehen, schickt. Es fielen harte Worte, die gesamte erotische Terminologie wurde abgewickelt, Lotte zog die Männerhose aus, man sah, sie hatte sich ein Gummiglied umgebunden. Wenzkat lachte und schlug der nackten Nachbarin auf die Schenkel. Die zwei Frauen exekutierten dies und jenes, allmählich wurde aus dem albernen Spiel Ernst.
    »Das könnte euch so passen!« rief Wenzkat, sprang auf und schlug mit der flachen Hand auf Lottes Hinterteil. Sie kreischte, kletterte von ihrer Kollegin herunter, küßte Wenzkat und drängte ihn, Beschwörungen murmelnd, aus dem Zimmer. Die Zwei verschwanden. Die andere Darstellerin, ein schmales, dunkelhaariges Ding, erhob sich und setzte sich neben Fabian.
    Nun saß er mit der Haushälterin und zwei nackten Frauen am Tisch, trank Sekt und unterhielt sich. »Ist hier immer so wenig los?« fragte er.
    »Neulich, zum Sängerfest, waren wir gut besucht«, sagte die Blondine und spielte nachdenklich mit ihren Brustwarzen. »Da hatte ich an einem Tag achtzehn Männer. Aber sonst ist es zum Sterben langweilig.«
    »Wie im Kloster«, meinte die kleine Dunkle verloren und schob sich näher.
    »Noch eine Flasche?« fragte die Haushälterin.
    »Ich glaube nicht«, sagte er. »Ich habe nur ein paar Mark einstecken.«
    »Ach Quatsch!« rief die Blondine. »Gustav hat Geld genug. Außerdem hat er hier Kredit.« Die Haushälterin entfernte sich, um die zweite Flasche zu holen.
    »Kommst du zu mir rauf?« fragte die Blondine.
    »Ich bemerkte schon ganz richtig, daß ich kein Geld habe«, erklärte er und war froh, daß er nicht zu lügen brauchte.
    »Es ist zum Verzweifeln«, rief die Blondine. »Bin ich dazu in den Puff gegangen, daß ich wieder zuwachse? Komm, und bring das Geld in den nächsten Tagen vorbei!« Fabian lehnte ab.
    Da kam Wenzkat wieder ins Zimmer und plazierte sich neben die Blondine.
    »Jetzt brauchst du dich auch nicht zu mir zu setzen«, sagte sie beleidigt.
    Nun erschien auch Lotte. Sie war nackt und hielt, mit beiden Händen, ihre Sitzfläche. »So ein Schwein!« jammerte sie. »Immer diese Prügelei! Nun kann ich wieder drei Tage nicht sitzen.«
    »Da hast du noch zehn Mark«, sagte Wenzkat. Sie steckte das Geld in den Halbschuh, und er schlug ihr, während sie sich bückte, wieder hintendrauf. Sie machte böse Augen und wollte auf ihn losgehen.
    »Setz dich hin!« befahl er. Dann legte er den Arm um die Hüfte der Blondine und fragte: »Na, wollen wir?«
    Sie betrachtete ihn prüfend und sagte: »Aber geprügelt wird bei mir nicht. Ich bin für die richtige Machart.«
    Er nickte. Sie erhob sich und ging, die Anatomie schwenkend, voran.
    »Ich sollte auf dich Obacht geben«, meinte Fabian.
    »Ach, Mensch«, sagte der Andere, »wer Sorgen hat, hat auch Likör.« Dann folgte er der Frau.
    Die Haushälterin brachte die zweite Flasche und schenkte ein. Lotte schimpfte auf Wenzkat und zeigte die Striemen. Die kleine Dunkelhaarige zupfte Fabian an der Jacke und flüsterte: »Komm mal mit in mein Zimmer.« Er sah sie an, ihre Augen waren groß und ernst auf ihn gerichtet.

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