Der Gesamtprozess der kapitalistischen Produktion
bestimmen. Diese beiden Formen sind: erstens, der Wucher durch Geldverleihen an verschwenderische Große, wesentlich Grundeigentümer; zweitens, Wucher durch Geldverleihen an den kleinen, im Besitz seiner eignen Arbeitsbedingungen befindlichen Produzenten, worin der Handwerker eingeschlossen ist, aber ganz spezifisch der Bauer, da überhaupt in vorkapitalistischen Zuständen, soweit sie kleine selbständige Einzelproduzenten zulassen, die Bauernklasse deren große Majorität bilden muß.
Beides, sowohl der Ruin der reichen Grundeigentümer durch den Wucher, wie die Aussaugung der kleinen Produzenten führt zur Bildung und Konzentration großer Geldkapitalien. Wieweit aber dieser Prozeß die alte Produktionsweise aufhebt, wie dies im modernen Europa der Fall war, und ob er an ihrer Stelle die kapitalistische Produktionsweise setzt, hängt ganz von der historischen Entwicklungsstufe und den damit gegebnen Umständen ab.
Das Wucherkapital als charakteristische Form des zinstragenden Kapitals entspricht dem Vorherrschen der kleinen Produktion, der selbstarbeitenden Bauern und kleinen Handwerksmeister. Wo dem Arbeiter, wie in der entwickelten kapitalistischen Produktionsweise, die Arbeitsbedingungen und das Produkt der Arbeit als Kapital gegenübertreten, hat er als Produzent kein Geld zu borgen. Wo er es borgt, geschieht es wie im Pfandhaus für persönliche Notdurft. Wo der Arbeiter dagegen Eigentümer, wirklicher oder nomineller, seiner Arbeitsbedingungen und seines Produkts ist, steht er als Produzent im Verhältnis zum Kapital des Geldverleihers, das ihm als Wucherkapital gegenübertritt. Newman drückt die Sache fad aus, wenn er sagt, daß der Bankier angesehn ist, während der Wucherer verhaßt und verachtet ist, weil jener den Reichen leiht, dieser den Armen. (F. W. Newman, »Lectures on Pol. Econ.«, London 1851, p. 44.) Er übersieht, daß hier der Unterschied zweier gesellschaftlicher Produktionsweisen und der ihnen entsprechenden gesellschaftlichen Ordnungen dazwischen liegt und die Sache nicht mit dem Gegensatz von arm und reich abgemacht ist. Vielmehr geht der Wucher, der den armen Kleinproduzenten aussaugt, Hand in Hand mit dem Wucher, der den reichen Großgrundbesitzer aussaugt. Sobald der Wucher der römischen Patrizier die römischen Plebejer, die Kleinbauern, völlig ruiniert hatte, hatte diese Form der Ausbeutung ein Ende, und trat die reine Sklavenwirtschaft an die Stelle der kleinbürgerlichen.
Unter der Form des Zinses kann hier vom Wucherer aller Überschuß über die notdürftigsten Subsistenzmittel (den Betrag des spätern Arbeitslohns) der Produzenten verschlungen werden (was später als Profit und Bodenrente erscheint), und es ist daher höchst abgeschmackt, die Höhe dieses Zinses da, wo er, mit Ausnahme dessen, was dem Staat zukommt, allen Mehrwert sich aneignet, zu vergleichen mit der Höhe des modernen Zinsfußes, wo der Zins, wenigstens der normale, nur einen Teil dieses Mehrwerts bildet. Es wird dabei vergessen, daß der Lohnarbeiter dem Kapitalisten, der ihn anwendet, Profit, Zins und Grundrente, kurz den gesamten Mehrwert produziert und abgibt. Carey macht diese abgeschmackte Vergleichung, um damit zu zeigen, wie vorteilhaft für die Arbeiter die Entwicklung des Kapitals und der sie begleitende Fall des Zinsfußes ist. Wenn der Wucherer ferner, nicht zufrieden damit, die Mehrarbeit seines Opfers auszupressen, nach und nach sich die Eigentumstitel auf seine Arbeitsbedingungen selbst, Land, Haus etc., erwirbt und beständig damit beschäftigt ist, ihn so zu expropriieren, so wird demgegenüber wieder vergessen, daß diese vollständige Expropriation des Arbeiters von seinen Arbeitsbedingungen nicht ein Resultat ist, dem die kapitalistische Produktionsweise zustrebt, sondern die fertige Voraussetzung, wovon sie ausgeht. Der Lohnsklave ist ebensogut wie der wirkliche Sklave durch seine Stellung davon aus geschlossen, Schuldsklave zu werden, wenigstens in seiner Qualität als Produzent; er kann es nur allenfalls werden in seiner Eigenschaft als Konsument. Das Wucherkapital, in dieser Form, worin es in der Tat alle Mehrarbeit der unmittelbaren Produzenten sich aneignet, ohne die Produktionsweise zu ändern; worin das Eigentum resp. der Besitz der Produzenten an den Arbeitsbedingungen – und die ihr entsprechende vereinzelte Kleinproduktion – wesentliche Voraussetzung ist; wo das Kapital also die Arbeit sich nicht direkt unterordnet und ihr daher nicht als industrielles Kapital
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