Der Gesamtprozess der kapitalistischen Produktion
machen.« (C. Pecqueur, »Théorie Nouvelle d'Économie Soc. et Pol.«, Paris 1842, p. 433, 434.)
Wir haben gesehn, daß das Kaufmannskapital und das zinstragende Kapital die ältesten Formen des Kapitals sind. Es liegt aber in der Natur der Sache, daß das zinstragende Kapital in der Volksvorstellung sich als die Form des Kapitals par excellence darstellt. Im Kaufmannskapital findet eine vermittelnde Tätigkeit statt, möge sie nun als Prellerei, Arbeit oder wie immer ausgelegt werden. Dagegen stellt sich im zinstragenden Kapital der selbstreproduzierende Charakter des Kapitals, der sich verwertende Wert, die Produktion des Mehrwerts, als okkulte Qualität rein dar. Daher kommt es denn auch, daß selbst ein Teil der politischen Ökonomen, besonders in Ländern, wo das industrielle Kapital noch nicht vollständig entwickelt ist, wie in Frankreich, daran als an der Grundform des Kapitals festhalten und z.B. die Grundrente nur als andre Form davon fassen, indem auch hier die Form des Verleihens vorherrscht. Es wird dadurch die innere Gliederung der kapitalistischen Produktionsweise völlig verkannt und ganz übersehn, daß der Boden, ebenso wie das Kapital, nur an Kapitalisten verliehen wird. Statt Geld können natürlich Produktionsmittel in natura, wie Maschinen, Geschäftsgebäude usw., verliehen werden. Sie stellen dann aber eine bestimmte Geldsumme dar, und daß außer dem Zins ein Teil für Verschleiß gezahlt wird, geht aus dem Gebrauchswert, aus der spezifischen Naturalform dieser Kapitalelemente hervor. Das Entscheidende ist hier wieder, ob sie an den unmittelbaren Produzenten verliehen werden, was Nichtexistenz der kapitalistischen Produktionsweise voraussetzt, wenigstens in der Sphäre, worin dies stattfindet; oder ob sie an den industriellen Kapitalisten verliehen werden, was eben die Voraussetzung auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise ist. Noch ungehöriger und begriffsloser ist es, das Verleihen von Häusern etc. für den individuellen Konsum hierherzuziehn. Daß die Arbeiterklasse auch in dieser Form beschwindelt wird, und zwar himmelschreiend, ist klare Tatsache; aber dies geschieht ebenso von dem Kleinhändler, der ihr die Lebensmittel liefert. Es ist dies eine sekundäre Ausbeutung, die neben der ursprünglichen herläuft, die im Produktionsprozeß selbst unmittelbar vor sich geht. Der Unterschied zwischen Verkaufen und Verleihen ist hier ein durchaus gleichgültiger und formeller, der, wie schon gezeigt, nur der völligen Unkenntnis des wirklichen Zusammenhangs als wesentlich erscheint.
Der Wucher wie der Handel exploitieren eine gegebne Produktionsweise, schaffen sie nicht, verhalten sich äußerlich zu ihr. Der Wucher sucht sie direkt zu erhalten, um sie stets von neuem ausbeuten zu können, ist konservativ, macht sie nur miserabler. Je weniger die Produktionselemente als Waren in den Produktionsprozeß eintreten und als Waren aus ihm herauskommen, um so mehr erscheint ihre Herstellung aus Geld als ein besondrer Akt. Je unbedeutender die Rolle ist, die die Zirkulation in der gesellschaftlichen Reproduktion spielt, desto blühender der Wucher.
Daß das Geldvermögen als besondres Vermögen sich entwickelt, heißt mit Bezug auf das Wucherkapi tal, daß es alle seine Forderungen in der Form von Geldforderungen besitzt. Es entwickelt sich um so mehr in einem Lande, je mehr die Masse der Produktion auf Naturalleistungen etc., also auf Gebrauchswert beschränkt.
Insofern der Wucher das Doppelte bewirkt: erstens überhaupt, neben dem Kaufmannsstand, ein selbständiges Geldvermögen zu bilden, zweitens die Arbeitsbedingungen sich anzueignen, d.h. die Besitzer der alten Arbeitsbedingungen zu ruinieren, ist er ein mächtiger Hebel zur Bildung der Voraussetzungen für das industrielle Kapital.
Zins im Mittelalter
»Im Mittelalter war die Bevölkerung rein ackerbauend. Und da, wie unter der feudalen Regierung, kann nur wenig Verkehr und daher auch nur wenig Profit sein. Daher waren die Wuchergesetze im Mittelalter gerechtfertigt. Zudem kommt in einem ackerbauenden Land jemand selten in die Lage, Geld zu borgen, außer wenn er zu Armut und Elend heruntergekommen ist... Heinrich VIII. beschränkt den Zins auf 10%, Jakob I. auf 8, Karl II. auf 6, Anna auf 5%... In jenen Zeiten waren die Geldverleiher, wenn nicht rechtliche, so doch tatsächliche Monopolisten, und daher war es nötig, sie wie andre Monopolisten unter Beschränkung zu setzen... In unsern Zeiten reguliert die Rate des Profits die Rate
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