Der Geschmack der Liebe
einen Strich unter das Gespräch. „Du schaffst es ja noch nicht mal, mit deinem Gehalt auszukommen – das übrigens mehr als großzügig bemessen ist, wenn man bedenkt, wie wenig ernst du zum Beispiel das Thema Pünktlichkeit nimmst. Von deinem sonstigen Lebenswandel ganz zu schweigen.“
In diesem Moment war von draußen das Zuschlagen von Autotüren zu hören. Daniel warf seinem Vater einen abschätzigen Blick zu. „Du wirst mich noch brauchen, alter Mann“, knurrte er wütend. „Spätestens, wenn dir das Wasser bis zum Hals steht! Lange kann das nicht mehr dauern.“
Maximilian antwortete darauf nicht mehr. Durch die Fenster hörte er Stimmen näher kommen, er erkannte das Lachen seiner Frau.
Sie war direkt ein wenig aufgekratzt gewesen heute Nachmittag. Hatte sich in ihrem Kleid vor ihm gedreht wie ein junges Mädchen, bevor sie ihm in die Arme gesunken war.
„Das wird sicher nett heute Abend“, hatte sie geflüstert und sich an ihn geschmiegt. „Tu mir nur einen Gefallen, sei nicht so hart mit Daniel. Der Junge gibt sich alle Mühe.“
Aber genau das war das Problem – Maximilian empfand es nicht so, dass sein Sohn sich bemühte, zumindest nicht genug. Daniel hatte keine Leidenschaft für Kaffee, ihm bedeutete die Firma ebenso wenig wie der Name und die Tradition. Viel mehr schienen ihn seine zahlreichen Affären zu beschäftigen. All die teuren Restaurantbesuche, der Schmuck, die gemeinsamen Kurztrips, die nicht selten auf der Firmenabrechnung auftauchten! Sein Sohn hatte weder Ehrgeiz noch Pflichtgefühl; ihn interessierten allein die angenehmen Seiten des Lebens.
„Liebling?“
Christine stand vor ihm. Müde streckte sich Maximilian und stand auf.
„Alles in Ordnung? Du wirkst ein bisschen blass.“
„Das wird sich sicher geben, sobald er mit all den Leuten auf diese unglaublichen 150 Jahre und die lange, lange Tradition anstoßen kann.“ Daniel hielt bereits ein Glas Champagner in der Hand, mit dem er seinen Eltern zuprostete. „Auf 150 Jahre Hansen Kaffee. Mal sehen, wie viele noch folgen werden.“ Christine lächelte ihren Sohn an. Den Sarkasmus in seiner Stimme überhörte sie vollständig. Aber der war ja auch einzig für seinen Vater bestimmt.
Das Fest war in vollem Gange, und überraschenderweise fühlte sich Luisa pudelwohl. Das Kleid stand ihr ausgezeichnet, Molly hatte ihr passende Schuhe geliehen. Schicke Pumps, zum Glück nicht zu hoch. Zugegebenermaßen ein klein wenig zu groß, aber Molly hatte Taschentücher vorne in die Spitzen gesteckt.
„Das einzige Problem ist nur“, hatte Luisa gegrinst, als sie die ersten Schritte damit gelaufen war, „dass wir den armen Prinzen, den ich ja durchaus auf dem Fest treffen könnte, jetzt total irreführen, sollte ich heute Abend deine Schuhe verlieren!“
Molly hatte ihr mit dem Finger gedroht. „Unterstehe dich! Ich will meine Schuhe zurück!“
„Auch wenn du für sie einen stattlichen Prinzen bekämst? Samt Schimmel? Und Schloss?“
„Hmmm, kommt vielleicht drauf an, wie die Schwiegermutter ist!“
„Die musst du doch nicht heiraten.“
Luisa und Nicole nippten an ihren Champagnergläsern und sahen sich um. Inzwischen waren alle Reden gehalten worden, und die Sitzordnung lockerte sich. Die Ersten tummelten sich bereits auf der Tanzfläche.
„Die spielen genau die richtige Musik zu deinem irren Kleid“, fand Nicole und trank ihr Glas in einem Zug leer. Das war beileibe nicht ihr erster Champagner gewesen. „Herr Braun hat recht, du bist echt kaum wiederzuerkennen.“
„Vielen Dank für dieses unglaubliche Kompliment“, gab Luisa ironisch zurück, während Nicole sich das nächste Glas vom Tablett eines vorbeilaufenden Kellners schnappte und nickte.
„Sogar der Chef hat dich angestaunt, als wärst du ein Geist.“
Ja, das war Luisa auch aufgefallen. Als sie sich persönlich bei ihm für die Einladung bedankt und ihm zum Firmenjubiläum gratuliert hatte, sah er einen Moment lang erschrocken aus. Fast so, als würde er sie nicht erkennen. Aber womöglich lag das an den vielen Menschen und dem Trubel auf dem Fest. Viel Zeit, um sich über seine Reaktion zu wundern, hatte Luisa nicht gehabt, denn schnell war sie von einer schlanken, sehr attraktiven Dame zur Seite geschoben worden. „Maximilian!!!“, hatte die geflötet und seine Hand in ihre genommen. „Das hätten wir alle nicht gedacht, damals, was? Dass wir nach so vielen Jahren noch zusammen feiern. Schön, dass ihr uns eingeladen habt“, lächelte sie
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