Der Geschmack der Liebe
1. KAPITEL
Der Kuchen, ein knuspriger Traum aus Krokant mit Kaffeebohnensplittern, sah schon himmlisch aus, bevor sich die dunkle Schokolade in schmalen Streifen darüber ergoss und ein zartes Gitter zeichnete. Nur noch eine Hand voll roséfarbener runder Körner – und das Wunderwerk war komplett. Die dreiundzwanzigjährige Luisa Vogt seufzte zufrieden auf. Rosa Pfeffer als Abrundung, das war die genialste Idee seit … na, eben seit Urzeiten. Noch mit geschlossenen Augen tastete sie nach Papier und Stift, zwei Dingen, die immer neben ihrem Bett bereitlagen. Nur diesmal nicht. Komisch. Luisa öffnete die Augen, um sie sofort wieder zu schließen, denn ein scharfer Schmerz schoss ihr durch den Kopf. Wie entsetzlich hell es hier war! O weh, den letzten Cocktail hätte sie sich gestern wohl besser verkniffen. Welcher war das eigentlich gewesen? Black Russian? Nein, das war der erste. Sheridans auf Eis? Coffeemintkiss? Luisa stöhnte auf und legte sich eine Hand auf die Stirn. Doch zu spät. Katze, ihr brauner Labrador, hatte seine Chance gewittert. Erfreut hechelte er ihr sein Guten Morgen ins Ohr und platzierte einen ebenso liebevollen wie feuchten Kuss auf ihre Nase.
„Brrr, Katze, wie oft soll ich dir das denn noch sagen, erst Zähneputzen, dann Knutschen!“
Doch Luisas Lieblingsvierbeiner – überglücklich, dass sein Frauchen endlich wach war – hüpfte voller Begeisterung mit seinen dreißig Kilo Lebendgewicht auf das Bett. Offenbar hatte er den gestrigen Kneipenbummel hervorragend überstanden.
„Macht, dass ihr von mir runterkommt!“, kam da eine verschlafene Stimme unter dem zweiten Kissen hervor. „Alle beide!“ Jetzt öffnete Luisa doch die Augen. Sie war definitiv nicht zu Hause. Und neben ihr lag Molly, ihre beste Freundin. Durch einen Wust an mehrfarbigen Haarsträhnen blinzelte diese etwas derangiert in den neuen Tag.
„Ich hatte gerade so schön geträumt!“, seufzte Molly enttäuscht und kuschelte sich wieder unter ihre Decke.
„Ich auch!! Stell dir vor: endlich wieder ein Rezept! Warte, Krokant und Kaffeebohnensplitter und …“ Plötzlich sprang Luisa aus dem Bett und rannte zu Mollys Schreibtisch. Hier kritzelte sie in Windeseile auf die Rückseite eines Flyers das Rezept für den Kuchen, den sie eben noch im Halbschlaf fast hatte riechen können.
„Kaffeebohnen, ich hätte es wissen müssen!“ Nun setzte sich auch Molly auf. „Langsam wirst du mir echt unheimlich. Wenn du wenigstens zwischendurch mal von einem knackigen Typen träumen würdest!“
Luisa klemmte sich ein paar ihrer widerspenstigen blonden Locken hinters Ohr.
„Knackige Typen kann ich nicht backen“, erklärte sie abwinkend, als sie ihre Aufzeichnungen höchst zufrieden in ihre Handtasche steckte. Darin befanden sich neben dem Schlüsselbund, dem Portemonnaie und einem Labello mit Schokogeschmack ihre ständigen Begleiter – die Tarotkarten, die Molly ihr zu Weihnachten geschenkt hatte. Nachher musste sie unbedingt mal nachgucken, was die Karten über die Zukunft des eben erfundenen Rezepts zu sagen wussten!
„Schade eigentlich, denn wenn jemand das Zeug dafür hätte, dann wohl du. Wäre eine absolute Marktlücke!“ Molly gähnte herzhaft. Dann musterte sie Katze und deutete anklagend auf den aufgedrehten Labrador.
„Ich glaube, irgendwo in der Küche sind noch ein paar Dosen Hundefutter. Oder willst du warten, bis sich Katze meinen armen Herrn Paul gänzlich einverleibt hat?“ Schmollend betrachtete Molly ihren Stoffpapagei, auf dem Katze just in diesem Moment mit dem unschuldigsten Blick der Welt herumkaute. Mit Herrn Paul teilte Molly sich bereits seit vielen Jahren das Bett, auch wenn sie mit ihren vierundzwanzig Jahren schon längst aus diesem Alter war. Aber das war ihr egal, sie hing eben an Herrn Paul. Nun ja, zugegeben, wenn sie Männerbesuch bekam, wurde der Schmusevogel natürlich in den Kleiderschrank verbannt.
Mit einem schnellen Griff rettete Luisa Herrn Paul und verschwand mit Katze in der Küche. Vielleicht hätte sie ihm damals doch einen anderen Namen geben sollen? Einen, der ein bisschen mehr nach Hund klang? Luisa hatte sich nun mal so sehr einen Stubentiger gewünscht, war aber ausgerechnet gegen Katzen allergisch.
Tatendurstig marschierte Luisa anschließend zurück ins Schlafzimmer. Hangover oder nicht, sie war ein ausgesprochener Morgenmensch. Molly dagegen lehnte müde in den Kissen, ihr heiß geliebter Plüschvogel saß mittlerweile neben ihr auf dem Nachttisch.
„Das
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