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Der gläserne Sarg

Der gläserne Sarg

Titel: Der gläserne Sarg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Nummer, die größte vielleicht, die dieses Theater je sah: der Salto Mortale mit verbundenen Augen vom Trapez auf ein Trampolin und von da wieder hinauf zu einem frei schwebenden zweiten Trapez. Ein Sprung in den sicheren Tod, wenn nur eine Zehntelsekunde zu spät gegriffen wird. Die Bühne selbst ist trotz ihrer riesigen Ausmaße zu klein für diese Darbietung. Um das Trampolin aufstellen zu können, wurden Stühle in der Mitte des Zuschauerraumes entfernt. Jim Dhiser wird mit seinem Trapez von einer gegenüber der Bühne angebrachten Plattform mitten in den Saal schwingen, hoch über den Köpfen der Besucher hinweg. Denn wie immer hat Jim Dhiser auch diesmal das schützende Netz abgelehnt. Lauter wirbeln die Trommeln. Zweitausendvierhundert Augen starren in die Lichtkegel unter der Kuppel. Jack Carter kaut an seinem Bleistift. Es ist das erstemal, daß er fast die Nerven verliert.
    Jim Dhiser grüßt noch einmal nach allen Seiten. Er grüßt auch hinab zum Orchesterpodest, auf dem im Hintergrund Inspector Jacklow steht. Dann legt er sich die Binde um die Augen und greift sich das Trapez. Wie spielerisch stößt er sich ab und schwebt in den Zuschauerraum hinein.
    Weit schwingt das Trapez aus. Die Trommeln verstummen plötzlich. Ein Raunen geht durch die Menschen. Der silberne Körper wirbelt durch die Luft, überschlägt dreimal im rasenden Salto – prallt auf das Trampolin – wird wie ein leuchtender metallischer Ball emporgeschleudert – fliegt dem von der Bühne aus heranschwebenden zweiten Trapez entgegen.
    Aber – nein … das kann doch nicht sein! Viele Zuschauer springen vor Erregung von ihren Sitzen. Keine Hände greifen blitzschnell das Trapez, um den Artisten in die Bahn des schwingenden Gerätes zu reißen. Der Körper saust über das Trapez hinaus, dreht sich silbern blitzend noch einmal um sich selbst und fällt dann senkrecht – mit dem Kopf voran – wie ein Stein der Bühne entgegen – zerschellt auf den Planken mit einem dumpfen Aufprall. Entsetzt schreien die Menschen auf.
    Inspector Jacklow rennt sofort auf die Bühne; dort hat Collin schon die ersten Anweisungen gegeben. Jack Carter gebärdet sich wie verrückt; er ist außer sich, er tobt und schreit. Das Orchester setzt lautstark mit einem Marsch ein. Der Vorhang fällt. Alle Künstler sind inzwischen aus ihren Garderoben geeilt und haben sich um die furchtbar entstellte Leiche Jim Dhisers versammelt.
    Jeder redet auf jeden ein. Bis endlich Sam auf Jacklows Geheiß eine Decke bringt und diese über den zerschmetterten Körper Jim Dhisers breitet.
    »Ich ahnte es«, sagte der Inspector eine Stunde später zu Collin, als beide das Theater verlassen. »Er wollte diesen Tod. Wollte in Ehre vor seinem Publikum sterben … als todesmutiger Akrobat. – Der Mensch Jim Dhiser war ein Schwächling. Der Mann Jim Dhiser ein Versager. Der Artist Jim Dhiser ein Held. Man muß ihm Gerechtigkeit widerfahren lassen. Er wurde zum Mörder, weil man ihm die Achtung vor sich selbst genommen hatte.«
    »Und wie kamen Sie letztendlich auf die Lösung, Chef?« will der Lieutenant wissen.
    »Ehrlich gesagt, Mike – ich war von Blondies Schuld nie so überzeugt, wie ich Ihnen vielleicht zu verstehen gab. Die einzelnen Verdachtsmomente lagen mir zu klar auf der Hand. Ich wehrte mich innerlich gegen eine so simple Erklärung der Morde. Aber erst Ihre Predigt, die sie mir heute abend hielten, hat dann meine kleinen grauen Zellen reaktiviert. – Ich ging noch einmal alle Einzelheiten durch und erinnerte mich natürlich in diesem Zusammenhang auch an den penetranten Gestank. So stieß ich auf das entscheidende Indiz. Eine schnelle Untersuchung der Reifen an den Autos von Dhiser und Blondie brachte dann die Bestätigung: Von diesen beiden war nur Dhiser in Portage gewesen! – Allerdings … wäre dieser zusammengebrochene Odelwagen nicht gewesen, ich glaube, wir hätten uns an Jim Dhiser noch eine Zeitlang die Zähne ausgebissen. – So aber hat er selbst ausgepackt und unsere Wissenslücke gestopft.«
    »Haben Sie schon Anweisung gegeben, Blondie freizulassen?«
    »Noch nicht. Aber ich fahre jetzt ins Präsidium zurück und erledige alles. Nein«, fährt er entschieden fort, als er sieht, daß Collin ihm diensteifrig folgen will. »Sie erhalten den Auftrag, Mrs. French aufzusuchen und sich bei ihr zu entschuldigen, daß sie fälschlicherweise in Verdacht geriet.« Und augenzwinkernd: »Falls sie trotzdem protestieren will, bin ich überzeugt davon, daß Ihnen die

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