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Der Glaspavillon

Titel: Der Glaspavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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möglich.
    Plötzlich bekam ich weiche Knie, und mir wurde flau im Magen. Robert schloß die Hände um den Mund und begann wie durch ein Megaphon zu sprechen. Seine Stimme klang zornig.
    »Hallo, hallo, ist jemand dort draußen? Hier spricht Rob Martello, ein Besucher aus der realen Welt. Ich möchte Sie davon in Kenntnis setzen, daß auf dem Grundstück Knochen gefunden worden sind. Die einzige Tochter von Mr. und Mrs. Martello lag fünfundzwanzig Jahre lang zirka einen Meter von der Haustür entfernt und fünf Zentimeter unter der Erdoberfläche begraben. Die Veranstalter bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen, daß aufgrund dieses Funds das Abendessen erst ein wenig später serviert werden kann. Wir hoffen, Ihnen damit keine Unannehmlichkeiten zu bereiten.«
    Unwillkürlich mußte ich lachen, aber es klang matt.
    »Robert!«
    Es war Claud, der hinter Robert hereingekommen war.
    »Ich weiß, das ist alles sehr unangenehm …«, begann er, wurde jedoch sofort von Robert unterbrochen.
    »Was? Unangenehm? Man hat die Leiche deiner Schwester im Garten ausgebuddelt! Was soll daran unangenehm sein? Außerdem liegt es doch bereits mehrere Stunden zurück, oder etwa nicht? Und die Polizei hat die Knochen beseitigt. Vielleicht hätte Alan die Beamten bitten sollen, vor ihrem Wegfahren das Loch wieder zuzuschütten. Im jetzigen Zustand besteht die Gefahr, daß jemand morgen früh auf dem Weg zur nächsten gottverdammten Pilzsuche reinfällt und sich an die Sache erinnert.«
    Claud bemühte sich vergebens, ein strenges Gesicht zu machen. Er lächelte resigniert.
    »Du hast recht, Rob, wir werden nicht besonders gut damit fertig, aber …«
    »Aber der Schein muß gewahrt werden. Ein paar Knochen dürfen den Martellos schließlich nicht ein tolles Wochenende vermasseln. Sonst geht womöglich noch was Wichtiges schief. Zum Beispiel könnte der falsche Wein zum falschen Pilz serviert werden.«
    Claud wurde ernst. »Robert, hör auf damit. Natalie war bereits vor deiner Geburt verschwunden. Daher ist es für dich schwierig, das zu verstehen. Wir haben uns mit der Zeit an den Gedanken gewöhnt, daß Natalie wohl tot ist.
    Aber deine Großmutter, meine Mutter, wollte es sich nie eingestehen. Sie hat immer versucht, sich einzureden, daß Natalie nur weggelaufen ist und eines Tages wieder auftaucht.« Claud legte den Arm um Robert, was ihm dank seiner Körpergröße auch gelang. »Der heutige Tag ist schrecklich für sie. Er ist für uns alle furchtbar, aber ganz besonders für sie. Wir müssen stark sein und sie unterstützen. Glück im Unglück, daß es passiert ist, während wir alle hier versammelt sind. So können wir uns gegenseitig trösten. Aber vor allem müssen wir Martha zur Seite stehen. Es gibt viel zu bereden, Robert, nicht nur in bezug auf Natalie. Und das werden wir auch tun, ich verspreche es. Aber heute sollten wir vielleicht einfach nur Zusammensein. Vergiß nicht, daß die Überreste offiziell noch nicht identifiziert worden sind.«
    »Und ist es da nicht das beste, einfach nur gemeinsam zu essen?« fügte ich hinzu. »Komm her, mein Liebling.« Ich zog Robert an mich. »Ich komme mir albern vor, weil ich dir nur bis ans Kinn reiche.«
    »Also, hilfst du mir, Rob?« fragte Claud.
    »Ja, ja, Dad, in Ordnung«, sagte Robert. »Wir können uns alle wie erwachsene Menschen benehmen. Vielleicht ließe sich aus dem Loch da draußen eine Attraktion machen. Mum, könntest du nicht vielleicht einen neuen Entwurf von deinem Pavillon machen, so daß er das Loch umschließt?«
    »Wirst du uns nun helfen oder nicht?« fragte Claud mit einer für ihn typischen plötzlichen Schärfe.
    Robert hob übertrieben unterwürfig die Hände. »Ja. Ich werde mich benehmen«, versicherte er und verließ die Küche.
    Hilflos zuckten Claud und ich die Achseln. Seitdem wir über die Trennung gesprochen hatten, kamen wir besser miteinander zurecht, und ich spürte, daß ich mich vor gefährlicher Nostalgie hüten mußte.
    »Danke«, sagte ich. »Gut gemacht.«
    Claud beugte sich über eine Kasserolle. »Das duftet herrlich«, sagte er. »Wie du gesagt hast: Wir sind immer noch gute Freunde, nicht wahr?«
    »Hör auf.«
    »Ich meine ja nur.« Er machte eine Pause. »Ich denke, wir essen um neun. In Ordnung?«
    Er musterte mich. Ich trug eine Trainingshose und ein Herrenhemd, das früher einmal Jerome gehört hatte. Ich hatte das erstbeste übergezogen, das mir nach der heißen Dusche in die Hände gefallen war. Alles hatte ich wegwaschen wollen:

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