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Der gleiche Weg an jedem Tag

Der gleiche Weg an jedem Tag

Titel: Der gleiche Weg an jedem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Adamesteanu
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Und plötzlich bekomme ich solche Angst, dass ich irgendwo unterkrieche, wohl unter den Tisch. Dort hocke ich, reglos, obwohl die Tür zugeknallt worden ist, ich höre, wie mein Herz gegen meine Knie pocht, und Mutter weint immer noch.
    Dann fiel mir, es mag wenige Jahre später gewesen sein, wieder das Schlangestehen vor der Gasabfüllanlage ein, wo ich für den Onkel die Stellung hielt. All die vielen Stunden kamen mir plötzlich im Licht der Nachmittagssonne in den Sinn. In die festgetretene, mit Ölflecken übersäte Erde waren die Kästchen des Hüpfspiels mit einem Nagel eingeritzt, in Grüppchen saßen strickende Frauen, die über ihre Kinder und viel seltener über ihre Männer redeten. Wenn unverhofft Bewegung in die Schlange kam, ging es rasch und mit großem Geschrei und Geschiebe voran, wobei der eine oder andere schmächtige Junge auf seiner rußgeschwärzten, mit einer Zeitung abgedeckten Gasflasche aufschrak, den verstörten Blick vom Buch hob und wie blind mit den Händen zu fuchteln begann. Erst spät gingen ein paar Straßenlaternen und der rote Stern auf dem höchsten Gebäude der Stadt an. Ich trat aus der Schlange und zählte sie durch. Noch sechsundzwanzig, flüsterte ich, und dann, wenn nur etwa zehn übrig waren, konnte ich endlich zwischen ihnen hindurch die zerbeulten, gelb gepinselten Blechwände des Schuppens sehen. Ich wandte meinen Blick nicht von den beiden Glaszylindern, in denen die Flüssigkeit mit unerhörtem Sirren und winzigen Blasen aufstieg. Je näher ich kam, desto atemberaubender war der Gestank von Gas und Benzin. Die Ärmel hochgekrempelt, betätigte der Gasmann unablässig den Pumpenhebel.
    Â»He, wie viel willst du? Schläfst du denn im Stehen?«, herrschte er mich an.
    Darauf streckte ich die feuchte Hand mit den zerknüllten Scheinen aus und sah mich verzweifelt nach Onkel Ion um, mit dem ich die Gasflasche zu schleppen hatte, die zwischen uns am Wäscheknüppel baumelte.
    Da waren dann noch die drei Häuser, an denen sich die Schlange vor dem Brotgeschäft entlangzog. Dort ertastete ich mit geschlossenen Augen die ungleichen Abstände zwischen den drei vierkantigen, rostfleckigen Regenrohren und den bräunlichen Flecken im alten Mauerputz, an denen man ermessen konnte, wie es vorwärtsging. Irgendwann war ich bis zu der Schalterstange vorgedrungen, stützte mein Kinn darauf und starrte in das pergamenten gegerbte Gesicht der Verkäuferin, in dem aus Warzen und Kinn vereinzelte Haare hervorstachen. Unter dem blaugetupften Kopftuch, das sie im Nacken verknotet hatte, hingen fettglänzende und schuppengepuderte Haarsträhnen. Ein olivbrauner untersetzter Mann mit vor Aufregung wehendem Mantel wachte am Rande des Gehsteigs und verscheuchte jeden, der sich vordrängen wollte.
    Â»Schneller!«, keifte die Frau, wenn die Leute in den Taschen nach den orangefarbenen Brotmarken kramten. Und schmiss die runden schwarzen Brote auf das Brett in der Durchreiche. »Warum hast du sie nicht zu Hause herausgeschnitten?«, fragte sie und wischte die mehlige Hand am Kittel ab, während sie mit der anderen nach der abgegriffenen und zerschnipselten Brotkarte grapschte.
    Nachmittags, wenn ich in der Schule war, bereitete Onkel Ion seinen Unterricht oder das Politseminar vor, und Mutter kochte in der Sommerküche. Diese hatte uns der junge, von Staats wegen eingesetzte Vermieter überlassen. Eine Zeitlang hatte Mutter im Flur zwischen unserem und deren Zimmer gekocht, dann hatte er gesagt, das sei ihr Durchgangszimmer, und die Eingangstür gegenüber zugemauert. Wenn sie ins Zimmer gingen, zogen sie die Schuhe aus und ließen sie auf dem Flur, später dann auch die Strümpfe, die gewaschen werden mussten. Wenn ihre Tür offen stand, schlug einem warme Luft entgegen, die nach billigem Parfüm Marke Velu roch, nach Kleinkind und nach den Windeln, die ungewaschen über dem Herd hingen. Wenn der kleine Sorin hineingepinkelt hatte, wuschen sie die nicht, sondern ließen sie einfach trocknen. Mutter kam herein und sagte: »Das machen die absichtlich – ich halte es dort nicht mehr aus.« Sie hatte ein Leberleiden und bekam gleich Anfälle von Übelkeit.
    Â»Und was willst du tun?«, sagte Onkel Ion, nahm die Brille ab und rieb sich mit dem Handrücken die Augen. »Das ist nun mal so. Meinst du, du hast etwas davon, wenn du sie gegen dich

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