Der Graf von Monte Christo
Felice. Vampa nahm Cucumettos Leiche in seine Arme und trug ihn in die Grotte, während Teresa außen blieb.
Es war ein sonderbarer Anblick: eine Schäferin, die ihre Lämmer im Kaschmirkleide, mit Ohrringen und Halsband von Perlen, mit Diamantnadeln und Knöpfen von Saphiren, Smaragden und Rubinen hütete. Nach einer Viertelstunde kam Vampa ebenfalls aus der Grotte heraus. Seine Tracht war in ihrer Art nicht minder zierlich, als die Teresas. Er hatte ein Wams von granatfarbigem Samt mit ziselierten goldenen Knöpfen, eine mit Stickereien bedeckte seidene Weste, eine um den Hals geknüpfte römische Schärpe, eine mir Gold und roter und grünen Seide gesteppte Patronentasche, Hosen von himmelblauem Samt, die über dem Knie mit Diamantschnallen befestigt waren, bunte Gamaschen von Damhirschleder und einen Hut, woran Bänder von allen Farben flatterten; zwei Uhren hingen an seinem Gürtel, und ein prachtvoller Dolch stak in seinem Patronenleder.
Teresa stieß einen Schrei aus; Vampa hatte Cucumettos Kleidung angelegt. Der junge Mann bemerkte die Wirkung, die er auf seine Braut hervorbrachte; ein Lächeln des Stolzes umspielte seinen Mund, und er sagte zu Teresa: Bist du nun bereit, mein Schicksal zu teilen, wie es auch sein mag?
Oh ja! rief das Mädchen voll Begeisterung.
So nimm meinen Arm und vorwärts, denn wir haben keine Zeit zu verlieren.
Teresa schlang ihren Arm durch den ihres Geliebten, ohne ihn nur zu fragen, wohin er sie führte; denn in diesem Augenblick kam er ihr schön, stolz und mächtig vor, wie ein Gott. Und beide schritten dem Walde zu, dessen Saum sie nach ein paar Minuten hinter sich hatten. Vampa kannte alle Pfade des Gebirges; er wanderte daher, ohne zu zögern, im Walde fort. Nach ungefähr anderthalb Stunden erreichten sie eine tiefe Schlucht. Plötzlich erschien, zehn Schritte vor ihnen, ein Mann, der auf Vampa zielte und rief: Keinen Schritt weiter, oder du bist tot!
Ruhig, sagte Vampa, die Hand mit einer verächtlichen Gebärde aufhebend, während Teresa sich schreckhaft an ihn drängte; zerreißen sich die Wölfe untereinander?
Wer bist du? fragte die Wache.
Ich bin Luigi Vampa, der Hirte von dem Gute San Felice, und will mit deinen Genossen sprechen, die auf der Lichtung von Rocca Bianca versammelt sind.
So folge mir, sagte die Wache, oder geh vielmehr voraus, da du weißt, wo es ist.
Vampa lächelte über diese Vorsichtsmaßregel und ging mit gleichmäßig festen, ruhigen Schritten, von Teresa begleitet, voran. Nach fünf Minuten hieß sie der Bandit durch ein Zeichen stille stehen; die jungen Leute gehorchten. Der Bandit ahmte dreimal das Krächzen des Raben nach, und ein ähnliches Geschrei beantwortete diesen Ruf.
Gut, sagte der Bandit. Du kannst nun weiter gehen. Luigi und Teresa machten sich wieder auf den Weg, doch je mehr sie vorrückten, desto fester preßte sich die zitternde Teresa an ihren Geliebten an, denn man sah nun durch die Bäume Menschen erscheinen und Flintenläufe funkeln. Die Lichtung von Rocea Bianca lag oben auf einem kleinen Berge. Teresa und Luigi erreichten die Anhöhe und befanden sich in demselben Augenblick zwanzig Banditen gegenüber.
Dieser junge Mann sucht euch und will euch sprechen, sagte die Wache.
Und was will er uns sagen?
Ich will euch sagen, daß ich es satt habe, die Schafe zu hüten, antwortete Vampa.
Ah! ich begreife, sagte ein anderer, und du kommst, uns um Aufnahme in unsere Reihen zu bitten?
Er sei willkommen! riefen mehrere Banditen von Ferrusino, Pampinara und Anagni, die Luigi Vampa erkannten.
Ja, nur will ich euch um etwas anderes bitten, als um die Gunst, euer Gefährte zu sein.
Was verlangst du von uns? fragten die Banditen erstaunt.
Ich will euer Kapitän werden.
Die Banditen brachen in ein Gelächter aus.
Was berechtigt dich, auf diese Ehre Anspruch zu machen? fragte der Leutnant.
Ich habe euren Anführer Cucumetto getötet, dessen Nachlaß ihr an mir seht, und Feuer an die Villa San Felice gelegt, um meiner Braut ein Hochzeitskleid zu schenken.
Eine Stunde nachher war Luigi Vampa an Cucumettos Stelle zum Kapitän erwählt. –
Nun, mein lieber Albert, sagte Franz, sich an seinen Freund wendend, was denken Sie von Luigi Vampa?
Ich sage, es ist eine Mythe, und er hat gar nie existiert.
Was ist das, eine Mythe? fragte Pastrini.
Es wäre zu lang, Ihnen dies zu erklären, mein lieber Wirt, antwortete Franz. Und Sie sagen, Herr Vampa treibe sein Gewerbe in diesem Augenblick in der Gegend von Rom?
Ja, und zwar mit
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