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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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sie dem Namen nach, rief Albert; man sagt, sie sei ebenso geistreich als hübsch. Teufel! Wenn ich bedenke, daß ich mich ihr bei dem letzten Ball von Frau von Villefort hätte vorstellen lassen können, und daß ich Dummkopf dies versäumte!
    In diesem Augenblick gewahrte die Gräfin Franz und machte ihm mit der Hand ein anmutiges Zeichen, das er mit einer höflichen Verbeugung erwiderte.
    Ah! es scheint mir, Sie stehen sehr gut mit ihr? sagte Albert.
    Mein Lieber, was Sie hier täuscht und was uns Franzosen im Auslande tausend Albernheiten begehen läßt, ist, daß wir alles von unserm Pariser Gesichtspunkt betrachten. In Spanien und in Italien besonders dürfen Sie die Vertrautheit der Leute nie nach der Freiheit in ihren Umgangsformen beurteilen. Wir haben eine gewisse Sympathie zu einander gehegt, das ist alles.
    Endlich fiel der Vorhang zur großen Freude des Vicomte von Morcerf, der seinen Hut nahm und seinen Freund bat, ihn der Gräfin vorzustellen. Die beiden Freunde betraten die Loge der Gräfin, und Franz stellte Albert als einen durch gesellschaftliche Stellung und Geist ausgezeichneten Kavalier vor. Er fügte hinzu, in Verzweiflung darüber, daß er den Aufenthalt der Gräfin in Paris nicht benutzt, um sich ihr vorstellen zu lassen, habe er ihn beauftragt, diesen Fehler gutzumachen, und er entledige sich dieses Auftrags, indem er die Gräfin, bei der er selbst eines Fürsprechers bedurft hätte, bitte, seine Unbescheidenheit entschuldigen zu wollen. Die Gräfin antwortete, Albert anmutig begrüßend und Franz die Hand reichend. Von ihr eingeladen, nahm Albert den leeren Platz vorn ein, und Franz setzte sich in die zweite Reihe hinter die Gräfin.
    Albert fand einen vortrefflichen Gegenstand zur Unterhaltung: Paris; er sprach mit der Gräfin von ihren gemeinschaftlichen Bekannten. Franz seinerseits ließ sich von seinem Freunde dessen Riesenlorgnette geben und fing ebenfalls an, sich im Saal umzusehen. Allein, auf dem Vordersitze einer Loge, im dritten Rang ihnen gegenüber, saß eine bewunderungswürdig hübsche Frau in griechischem Kostüm, das sie mit so viel Anmut trug, daß es offenbar ihre Landestracht sein mußte. Hinter ihr saß ein Mann, dessen Gesicht sich jedoch nicht erkennen ließ. Franz unterbrach das Gespräch Alberts mit der Gräfin, um diese zu fragen, ob sie die schöne Albanesin kenne, die wohl würdig wäre, nicht nur die Aufmerksamkeit der Männer, sondern auch die der Frauen zu erregen.
    Nein, sagte sie, ich weiß nur, daß sie seit dem Anfange der Saison in Rom ist, denn bei Eröffnung des Theaters habe ich sie da gesehen, wo sie jetzt sitzt, und seit einem Monat versäumt sie keine Vorstellung; bald begleitet sie der Mann, der in diesem Augenblick bei ihr ist, bald folgt ihr nur ein schwarzer Diener.
    Franz und die Gräfin tauschten ein Lächeln aus, dann setzte die Gräfin ihr Gespräch mit Albert fort, während Franz wieder seine Albanesin betrachtete. Die Ouverture des zweiten Aktes begann. Bei den ersten Bogenstrichen sah Franz den Herrn aufstehen und sich der Griechin nähern, die sich umwandte, um einige Worte an ihn zu richten, und sich abermals mit dem Ellenbogen auf die Brüstung der Loge stützte. Das Gesicht ihres Begleiters war immer noch im Schatten, und Franz vermochte seine Züge nicht zu unterscheiden.
    Der Vorhang ging auf, Franzens Aufmerksamkeit richtete sich nun selbstverständlich auf die Schauspieler, und seine Augen verließen für kurze Zeit die Loge der schönen Griechin, um sich nach der Szene zu richten.
    Als der zweite Akt zu Ende war, wollte er eben Beifall spenden, als das Bravo, das seinem Munde entschlüpfen wollte, auf seinen Lippen erstarb.
    Der Mann in der Loge war völlig aufgestanden, und Franz erkannte nun in ihm, da sein Kopf vom Licht getroffen wurde, den geheimnisvollen Bewohner von Monte Christo, den Mann, dessen Stimme er am Abend zuvor in den Ruinen des Kolosseums wiederzuhören geglaubt hatte. Es unterlag keinem Zweifel, der fremde Reisende wohnte in Rom. Wahrscheinlich drückte sich auf Franzens Gesicht die Unruhe aus, die diese Erscheinung in seinem Innern hervorrief, denn die Gräfin schaute ihn an und fragte ihn, was er hätte.
    Frau Gräfin, antwortete Franz, wenn ich Sie vorhin fragte, ob Sie jene albanesische Frau kennen, so frage ich Sie nun, ob Sie ihren Gatten kennen.
    Ebensowenig als sie. Jedenfalls, sagte sie, mit Alberts Glas nach der Loge sehend, muß es aber ein Abgeschiedener sein, der mit Erlaubnis des Totengräbers aus

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