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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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in Bezug auf seine Person zu befriedigen.
    Franz brachte einen Teil der Nacht damit zu, daß er von dem zweimaligen Auftauchen des Grafen träumte und den andern Tag herbeiwünschte. Der andere Tag sollte wirklich alles aufklären, und diesmal – besäße sein Wirt von Monte Christo nicht den Ring des Gyges und damit die Fähigkeit, sich unsichtbar zu machen – würde er ihm sicherlich nicht entgehen. Er erwachte vor acht Uhr und ließ sogleich den Wirt rufen.
    Herr Wirt, sagte er zu ihm, soll nicht heute eine Hinrichtung stattfinden?
    Ja, aber wenn Sie mich fragen, um einen Platz dazu zu bekommen, so wird es zu spät sein.
    Wahrscheinlich werde ich nicht hingehen; doch möchte ich gern die Anzahl der Verurteilten, ihre Namen und die Art der Hinrichtung wissen.
    Das trifft sich gut, Exzellenz, man hat mir soeben die Tavolette gebracht.
    Was ist das: Tavolette?
    Die Tavolette sind hölzerne Täfelchen, die man am Tage vor einer Hinrichtung an allen Straßenecken anhängt, und worauf die Namen der Verurteilten, der Grund ihrer Verurteilung und die Art ihrer Hinrichtung angegeben sind. Damit werden die Gläubigen aufgefordert, zu Gott zu beten, er möge den Schuldigen eine aufrichtige Reue verleihen. Ich will sie Ihnen gleich holen.
    Einen Augenblick später brachte er Franz die Tafel. Auf dieser stand wörtlich:
    Es wird hiermit männiglich zu wissen getan, daß Dienstag den 22. Februar am ersten Tage des Karnevals durch Spruch des Tribunals der Rota auf der Piazza del popolo Andrea Rondolo, schuldig des Mordes an der Person des hochwürdigen und hochverehrten Don Cäsar Torlini, Kanonikus der Kirche St. Giovanni in Laterano, und Peppino, genannt Rocca Priori, überwiesen der Genossenschaft mit dem verabscheuungswürdigen Banditen Luigi Vampa und den Leuten seiner Bande, hingerichtet werden sollen. Der erste wird mazzolato (totgeschlagen) und der zweite decapitato (enthauptet). Mitleidige Seelen wollen Gott um aufrichtige Reue für diese unglücklichen Verurteilten bitten.
    Das war genau dasselbe, was Franz zwei Tage vorher in den Ruinen des Kolosseums gehört hatte. Somit war aller Wahrscheinlichkeit nach der Trasteveriner kein anderer, als der Bandit Luigi Vampa, und der Mann im Mantel Simbad der Seefahrer, der in Rom, wie in Porto Vecchio und Tunis als Menschenfreund in den Gang der Gerichte eingriff.
    Indessen war es neun Uhr geworden, und Franz schickte sich an, Albert zu wecken, als dieser zu seinem großen Erstaunen ganz angekleidet aus seinem Zimmer trat. Der Karneval ließ ihn nicht länger schlafen und hatte ihn früher auf die Beine gebracht, als sein Freund dies hoffte.
    Franz und Albert hatten, um zum Grafen von Monte Christo zu gelangen, dem sie ihre Aufwartung machen wollten, nur den Flur zu durchschreiten. Der Wirt ging voran und klingelte für sie; ein Diener öffnete, verbeugte sich und bedeutete durch ein Zeichen, sie möchten eintreten. Sie durchschritten zwei Zimmer, die mit einem Luxus ausgestattet waren, den sie in Pastrinis Gasthofe nicht vermutet hätten, und gelangten endlich in einen Salon von vollkommener Eleganz. Ein türkischer Teppich war auf dem Boden ausgebreitet, und die behaglichsten Möbel mit schwellenden Kissen und zurückgebogenen Lehnen luden zum Sitzen ein. Herrliche Gemälde hingen neben kunstvollen Waffen an den Wänden, und große gestickte Vorhänge wogten von allen Fenstern und Türen.
    Wollen sich Eure Exzellenzen setzen, sagte der Diener, ich werde den Herrn benachrichtigen. Und er verschwand durch eine der Türen.
    Nun, fragte Franz seinen Freund, was sagen Sie zu all diesen Herrlichkeiten?
    Meiner Treu, mein Lieber, unser Nachbar muß ein Wechselagent sein, der auf das Fallen der spanischen Papiere spekuliert hat, oder ein Fürst, der inkognito reist.
    Still! Wir werden es bald erfahren, denn hier kommt er. Eine Tür öffnete sich, der Vorhang hob sich, und der Besitzer dieser Reichtümer erschien. Albert ging ihm entgegen, Franz aber blieb wie an seinen Platz genagelt.
    Der Eintretende war kein andrer, als der Mann mit dem Mantel im Kolosseum, der Unbekannte der Loge, der geheimnisvolle Wirt von Monte Christo.

Mazzolalo
     
    Meine Herren, sagte der Graf von Monte Christo eintretend, ich bitte Sie tausendmal um Entschuldigung, daß ich mir zuvorkommen ließ, aber ich fürchtete, wenn ich früher bei Ihnen erschiene, unbescheiden zu sein.
    Franz und ich sind Ihnen den größten Dank schuldig, Herr Graf, erwiderte Albert; Sie entziehen uns in der Tat einer großen

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