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DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde

DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde

Titel: DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Neumeier
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Möglichkeit dazu erblickte. Sie dachte, dass es ihm vermutlich gelingen würde. Onkel Talenes erhielt fast immer, was er wollte.
    Und es schien wahrscheinlich, dass Onkel Talenes auch diesmal seinen Willen bekam. Nur wenige Tage nach seiner Rückkehr ins Delta schrieb Fürst Bertaud, er werde Talenes’ Einladung zum Essen annehmen, und er brachte voller Hoffnung zum Ausdruck, dass ihm ein Termin in zwei Tagen sehr zupass käme, wenn er diesen Vorschlag machen durfte.
    Tante Eren überwachte die Dienstboten, während sie die Mosaikböden schrubbten, sämtliche Zimmer mit Blumen ausstatteten und den Kies der Einfahrt harkten. Onkel Talenes sorgte dafür, dass sich seine Söhne und Maianthe im besten Staat zeigten und Tante Eren ihren teuersten Schmuck trug. Darüber hinaus setzte er dem gesamten Haushalt mehrere Male und in zunehmend anschaulicheren Begriffen auseinander, wie wichtig es war, Fürst Bertaud zu beeindrucken.
    Exakt zur Mittagszeit des vereinbarten Tages traf Fürst Bertaud ein.
    Die Familienähnlichkeit war augenfällig. Bertaud war dunkel wie alle Onkel, Vettern und Cousinen Maianthes auch; er war groß, wie sie es alle waren; und er wies den wuchtigen Knochenbau auf, der ihm eine eher kräftige als schöne Erscheinung verlieh. Weder redete er schnell, noch lachte er häufig; darin ähnelte er Onkel Talenes. Er trat vielmehr so beherrscht auf, dass er ernst wirkte. Maianthe fand, dass er angespannt und strengschien, und sie glaubte zu erkennen, dass in seinen Augen eine seltsame Tiefe schlummerte – eine Tiefe, die ihr irgendwie vertraut erschien, obwohl sie dieses Phänomen nicht richtig ausdrücken konnte.
    Auf Onkel Talenes’ überschwängliche Glückwünsche zu seiner Rückkehr reagierte Fürst Bertaud, indem er zerstreut nickte. Erneut nickte er, als Onkel Talenes ihm seine Gemahlin und Söhne vorstellte. Er schien nicht sehr aufmerksam, aber er runzelte die Stirn, als Onkel Talenes ihm Maianthe vorstellte.
    »Beraods Tochter?«, fragte er. »Warum ist sie hier bei Euch?«
    Talenes blickte mit besitzergreifendem Lächeln zu Maianthe hinab und erzählte von dem Sturm und wie er dem armen Kind ein Zuhause gegeben hatte. Er führte sie nach vorn, damit sie ihren fürstlichen Vetter begrüßte. Aber Fürst Bertauds Strenge erschreckte sie, und so flüsterte sie nur eine angemessene Begrüßungsformel und wusste dann nicht mehr weiter.
    »Deine Manieren, Maianthe!«, seufzte Tante Eren tadelnd, und Onkel Talenes vertraute Fürst Bertaud an, dass Maianthe vielleicht nicht besonders klug war. Ihre Söhne Teres und Kaeres verdrehten die Augen und stießen sich gegenseitig an. Maianthe verspürte den Wunsch, auf den Hof hinaus zu fliehen. Sie wurde rot und blickte gebannt auf die Mosaiken des Fußbodens.
    Fürst Bertaud blickte finster.
    Das Mahl war grauenvoll. Das Essen war gut, aber Tante Eren blaffte die Hausmädchen an und schickte einen Gang in die Küche zurück, weil er ihrer Ansicht nach zu stark gewürzt war und sie überzeugt war, wie sie etliche Male wiederholte, dass Fürst Bertaud den Geschmack an stark gewürzten Speisen im Norden verloren haben musste. Onkel Talenes baute aalglatte Bemerkungen ins Gespräch ein – etwas darüber, wie brillant Bertaud die jüngsten Schwierigkeiten mit Casmantium gelöst hatte. Und mit den Greifen! Also musste etwas mit den Greifen vorgefallen sein, dachte Maianthe. Soweit sie verstand, hatte Farabiand Krieg gegen die Greifen geführt oder möglicherweise gegen Casmantium. Oder vielleicht gegen beide zugleich oder auch erst gegen den einen und gleich anschließend gegen den anderen. Und dann war erneut etwas geschehen, das mit den Greifen und mit einem Wall zu tun hatte.
    Es war alles sehr verwirrend. Maianthe wusste nichts über Greifen und konnten sich nicht vorstellen, was ein Wall mit all dem zu tun hatte. Doch sie fragte sich, warum ihr Onkel, der gewöhnlich so schlau war, nicht erkannte, dass Fürst Bertaud gar nicht über die jüngsten Schwierigkeiten zu reden wünschte, worum auch immer es dabei im Einzelnen gegangen war. Fürst Bertaud gab sich im Verlauf der Unterhaltung immer distanzierter. Maianthe blickte derweil unverwandt auf ihren Teller und schob die Speisen darauf herum, damit es vielleicht so aussah, als hätte sie etwas davon verzehrt.
    Fürst Bertaud sagte selbst kaum etwas. Onkel Talenes gab komplizierte, selbstbewusste Erklärungen darüber ab, warum die Zölle zwischen dem Delta und Linularinum erhöht werden sollten. Tante Eren

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