Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika (German Edition)
dass ich jemals Hundescheiße geges sen habe, aber ihr wisst, was ich meine. Die Leute haben schon ver sucht, es zu schniefen, zu spritzen, zu kochen, es als Tee zu trinken – was auch immer es weniger unangenehm machen könnte. Aber es schmeckt trotzdem wie Scheiße. Auf der anderen Seite ist es eins der stärksten Halluzinogene, die der Menschheit bekannt sind.“
Melissa beäugte die Flasche mit Unbehagen. „Ihr beide könnt das psychedelische Zeug nehmen, aber ich nicht.“
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Vilcabamba
Wir machten einen halbherzigen Versuch, Mark von unserer Reise durch Kolumbien zu erzählen. Wie immer wartete Mark ungeduldig darauf, dass wir endlich fertig waren, damit er von etwas anfangen konnte, das ihn wirklich interessierte: Seinen Reiseerfahrungen.
Nachdem wir ihn am Billardtisch in Quito zurückgelassen hatten, war er nach Vilcabamba gereist, einem winzigen Dorf in einem fruchtbaren grünen Tal im Süden von Ecuador, das von ausgedörrten braunen Bergen umgeben war. Es hat diese ideale mittlere Höhenlage (in diesem Fall sind es rund 1500 Meter), die ein perfektes, warmes aber mildes Klima produziert. Das Tal ist berühmt für die vorgebliche Langlebigkeit seiner Einwohner, von denen viele angeblich über 120 Jahre alt werden. Das wurde mal dem Klima, mal dem Yoghurt und mal dem stressfreien Leben zugeschrieben. Es kam heraus, dass sie die Geburtsurkunden ih rer Großeltern benutzten.
Es ist nicht der Yoghurt oder auch nur das Versprechen, 120 Jah re alt zu werden, das die meisten Reisenden anlockt, sondern der San-Pedro-Kaktus, der in den Bergen in der Umgebung wächst. Wenn man ihn rund acht Stunden lang kocht, verwandelt er sich in den fauligen grünen Schleim, den Mark uns gezeigt hatte.
Melissa und ich hatten bereits von Campbell davon gehört – dem Kiwi, der damals in Quito im Gran Casino 2 umgekippt war. Er war mit Mark nach Vilcabamba hinunter und dann wieder hi nauf und durch fast ganz Kolumbien gereist. Aber er hatte Mark in Santa Marta verlassen und war eine Woche früher in Arrecifes angekommen. Zwei englische Mädchen, Sandra und Kim, waren ebenfalls mit Mark und Campbell in Vilcabamba gewesen und ebenfalls in Arrecifes aufgetaucht. Sie hatten alle ausgemacht, sich hier zu treffen, als sie von Vilcabamba aufgebrochen waren.
In Vilcabamba war es den Vieren gelungen, eine Wohnung mit Fernsehen, Stereoanlage, Küche und relativ gutem Komfort zu fin den. Genau wie zu Hause. Sie blieben einen Monat lang, sammelten San Pedro, kochten es und nahmen es, sahen fern, hörten Kasset ten, lasen, malten und erholten sich vom letzten Trip, damit sie wie der von vorn anfangen konnten. (Ebenfalls wie zu Hause, zumin dest für Mark.) Dort hatten sie auch Phillipe kennengelernt.
Mark schaffte es, ein paar zusätzliche San-Pedro-Trips dazwi schen zu schmuggeln, während die anderen sich Erholungstage gönnten. Er sagte, er hätte es in einem Monat fünfzehnmal ge nommen – ein ziemlich intensives Tempo, wenn man bedenkt, dass ein Trip 14 Stunden dauert. Mark mochte Vilcabamba.
„Es ist einer der energiereichsten Orte der Welt“, schwärmte er. „Ein Power-Ort. Verrückte Dinge geschehen dort. Eine Menge Schamanen leben dort. Es ist wahrscheinlich wie an einem dieser Orte in England, wo Bilder in die Felder gezeichnet werden oder so. Wisst ihr, ich hatte nie viel Zeit für dieses Zeug, solange ich in England war, aber jetzt denke ich, dass doch etwas dahinter stecken könnte. Da war ein Bach. Es regnete immer auf der einen Seite, aber nicht auf der anderen. Es war nur ein kleines Bächlein, sodass man mit einem Fuß auf der einen und dem anderen Fuß auf der anderen Seite stehen konnte. Auf der einen Seite wurde man nass, auf der anderen blieb man trocken. Jedes Mal. Dann gab es da einen Berg namens Mandango. Er sieht genau aus wie eine indianische Frau, die mit angewinkelten Knien auf dem Rü cken liegt, das Gesicht zum Himmel gerichtet. Wenn man San Pe dro nahm, sah es tatsächlich genau so aus. Die örtliche Legende erzählt, dass diese Frau die Welt geboren hat.“
Er hielt inne, um diese Information wirken zu lassen. Dann fuhr er fort: „Eine Sache an San Pedro ist, dass man sich richtig auf Tiere einstellt. Das wird einem jeder bestätigen, der es probiert hat. Zum Beispiel die Katze in unserer Wohnung. Man möchte sich nicht groß mit Menschen unterhalten, aber man kann stun denlang dasitzen und Spinnen oder Vögeln, sogar Fröschen zuse hen. Es ist, als würde
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