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Der große Bio-Schmaeh

Titel: Der große Bio-Schmaeh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens G Arvay
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landwirtschaftlich nutzbares Ökosystem zu errichten, das sich an den Naturprinzipien des Waldes anlehnt. Auch traditionelles Wissen oder handwerkliches Können gehören zum Schatz der biokulturellen Vielfalt, wobei diese Traditionen nicht als geografisch gebunden zu verstehen sind. Vielmehr herrscht ein reger und fruchtbarer Austausch zwischen den Kulturen. Wir lernen voneinander und profitieren vom biokulturellen Wissen anderer Völker. Auch das Wissen um wilde Pflanzen und Tiere, die Kenntnis von Heilkräutern, oder etwa deren Anwendung, sind Beispiele der biokulturellen Diversität. Hofindividualität, spezifisch regionale Vermarktung, Vielfalt an Betriebsformen und Betriebsgrößen, kleinstrukturierte und über Jahrhunderte gewachsene Kulturlandschaftsräume lassen sich ebenfalls unter »biokulturelle Diversität« einordnen.
Die Anti-EHEC-Strategie: Von der Monokultur zum Agrarökosystem
    »Die Monokultur kommt das ganze Jahr über einer Wüste gleich: Im Sommer die Monotonie einer einzigen Pflanzenart wohin das Auge reicht. Über den Winter die endlose nackte Erde.«
    (Ing. Helmut Pelzmann, Regierungsrat des Landes Steiermark, Buchautor und führender Gemüsebauexperte in Österreich)
    Streuobstwiesen zählen zu den ökologischen Ballungszentren der Natur-Kultur-Vielfalt im landwirtschaftlichen Sinne. Eine Streuobstwiese heißt deswegen so, weil dort einzelne hochstämmige Obstbäume auf der Wiese verstreut stehen. Beim Apfel beispielsweise sind die Bäume meistens im Abstand von zehn mal zehn Meter angeordnet. Das bietet einen gänzlich anderen Anblick als die in Reih und Glied gepflanzten und durch regelmäßiges Zurückschneiden niedrig gehaltenen Spindelbäume der Obstplantagen. Obwohl Letztere, die Monokulturen, die übliche Produktionsweise für Tafelobst sind, ganz egal, ob für den konventionellen oder den Bio-Massenmarkt, werden in der Bio-Werbung anstelle der Obstmonokulturen mit besonderer Vorliebe Streuobstwiesen dargestellt, auf denen alte Bäume mit ausladenden Kronen wachsen. Das Schlagwort des »Bauernobstgartens« taucht ebenfalls immer wieder auf. Es vermarktet sich wahrscheinlich besser als der industrielle Obstbau. Der Begriff steckt voller Konnotationen des mentalen Designs und weckt Vorstellungen von traditionellem Bio-Bauerntum. Doch wer legt eigentlich die Bedeutung des Wortes »bäuerlich« fest?
    Eine Obstmonokultur beliebiger Größe kann als »bäuerlich« bezeichnet werden, solange sie von einem Bauern bewirtschaftet wird, und sei es auch unter Vertrag für einen Obstkonzern. Und auch der Begriff »Garten« ist dehnbar genug, um sogar ausgedehnte Plantagen noch als »Gärten« zu bezeichnen.
    »Wir müssen im Ökolandbau wieder von diesen industriellen Monokulturen wegkommen«, forderte Rupert Matzer, der steirische Bioladen-Älteste, der von der rosaroten Brille der Werbung nicht viel hält: »In einen alten Hochstammbaum kann man ein richtiges Baumhaus hineinbauen, groß genug, um darin zu wohnen.« Er lächelte verschmitzt und schickte im nächsten Moment in originalem Steirisch nach: »In die Spindelbäume der Monokulturen kann ich nicht einmal ein ordentliches Vogelhäusl bauen!« Ich griff nach meiner Teetasse und schmunzelte. Dann fiel Herrn Matzer noch ein Argument gegen die Bio-Obstmonokultur ein: »Ein einziger hochstämmiger Apfelbaum kann dreihundert Kilogramm Äpfel pro Jahr hervorbringen. Und auf einer Streuobstwiese gibt es ein gesundes ökologisches Potenzial. Sie ist voller Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Aber derzeit ist es fast unmöglich, etwa an Bio-Äpfel von Hochstammbäumen zu kommen – leider.« Er hatte recht. Lediglich in Bauernläden, auf Wochenmärkten oder im Ab-Hof-Verkauf kommt man noch an Tafelobst von Streuobstwiesen. Diese Früchte sind übrigens qualitativ keineswegs nur fürs Pressen, also als sogenanntes »Wirtschaftsobst«, geeignet. »Die Sorte ›Schöner aus Boskoop‹ gibt einen wunderbaren Speiseapfel ab«, fand Dr. Andreas Spornberger, Professor am Institut für Obstbau der Universität für Bodenkultur in Wien. »Auch die Sorten ›Berlepsch‹ und ›Kronprinz Rudolf‹ eignen sich hervorragend als Tafelobst«, fügte der Obstbauexperte hinzu. Solche Sorten sind in den Obstregalen der Bio TM -Branche nicht zu finden, da sie sich nicht für den Intensivanbau eignen. Ihre ökologische Bedeutung hingegen ist nicht zu unterschätzen. So sind diese und ähnliche alte Apfelsorten wesentlich resistenter gegenüber Schorf und anderen

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