Der grosse eBook-Raetselkrimi
Bemerkung in dem Sportladen in Garmisch. Ich könnt mir manchmal die Zunge abbeißen.«
»Na ja, war ja nicht gerade geflüstert. Und irgendwann wirst du mir auch die ganze Wahrheit über diesen Marsch der Verdammten verraten müssen. Sonst streike ich nämlich.«
»Du hast doch schon festgestellt, dass sie mir die Spindler-Jagd als Abschiedsgeschenk gestatten.«
»Und die Erde ist flach und Schweine können fliegen. Ihr Männer meint auch, nur weil eine blond ist, könnt ihr ihr jeden Mist erzählen. Allerdings glaube ich dir, dass du nicht alles weißt. Aber mehr als ich weißt du. Zum Beispiel wolltest du gestern Abend auch noch mehr über dieses Nibelungen-Buch herausbekommen, erinnerst du dich? Dann mach mal. Bei wem auch immer du deine Geheiminformationen bekommst.«
»Ich bin echt ein geschwätziger alter Depp geworden«, motzte Plank über sich selbst und steckte den Hüttenschlafsack und die Wechselwäsche, die ihm Stephanie Gärtner reichte, in seinen Rucksack.
»Ist zwar nicht viel Gewicht, das ich dir damit abnehme, aber bei der Hitze hilft dir wohl jedes Gramm weniger.«
»Du kannst auch noch meine Regenjacke tragen. Aber dann ist mein Rucksack ja fast leer. Außerdem: Wenn ich dich verliere, stehe ich ohne Jacke da.«
»Warum solltest du mich denn verlieren?«
»In den Bergen kann man nicht vorsichtig genug sein, habe ich im Alpenvereinsmagazin gestern Abend auf der Falkenhütte gelesen.«
»Womit der Alpenverein recht hat. Sind schon im Hochsommer Leute dreihundert Meter von der Hütte entfernt im Nebel erfroren.«
»So, und nun genug vom Thema abgelenkt, Anselm. Was, verdammte Hacke, was machen wir hier? Gib mir noch einen Müsliriegel und dann raus mit der Sprache.«
Anselm Plank wusste, dass es an der Zeit war. Länger konnte er seine Partnerin nicht hinhalten, wenn er wollte, dass sie mit ihm weiter über Berg und Tal marschierte. »Also, es hat was mit diesem Buch zu tun. Sie haben mir es auch nicht gesagt. Ich habe meine Vermutungen. Aber die muss ich erst verifizieren. Dazu bräuchte ich aber erst einmal ein Mobilfunknetz!« Er schaute sein Handy an und schüttelte es, als ob das helfen würde.
»Also mehr Buch als Spindler?«
»Ja, das kann man so sagen.«
»Und deine Vermutungen, würdest du wenigstens die bitte mit mir teilen?«
»Na ja, die Nibelungensage. Du weißt ja, wer die ganz besonders toll fand.«
»Der Richard Wagner, der auf der Hochkopfhütte daran rumkomponiert hat? Und euer durchgeknallter König?«
»Die zwei auch. Aber der König war nicht der einzige Irre, der die gut fand. Und im Vergleich zu dem Irren, den ich meine, war der Ludwig ein wirklich ganz normaler Mensch.«
Es ratterte in Stephanie Gärtners Gehirn. »Ach, du meinst den Gröfaz?«
»Genau. Wobei ich den mit einem v in der Mitte schreibe. Wie: Größter Verrückter aller Zeiten. Der hat das Nibelungenlied nicht nur als schöne mittelhochdeutsche Sage und Nationalepos gesehen, sondern ganz konkret Leitlinien für seine Politik daraus abgeleitet. Von Imperialismus bis Rassismus. Und als es bergab ging mit ihm und seinem zwölf Jahre alten tausendjährigem Reich, da hat es ihm als Symbol des Durchhaltewillens bis zum letzten Blutstropfen gedient.«
»Und du meinst, dass der Spindler deshalb die Handschrift geklaut hat?«
»Hm. Nur deshalb sicher nicht. Mir wäre neu, dass der Benno Spindler ein Neonazi oder so was wäre. Und in seiner Wohnung war ja davon auch nichts zu sehen. Gut, Literatur über das Mittelalter und auch über den Zweiten Weltkrieg. Aber das haben ja viele historisch Interessierte bei sich zu Hause rumstehen. Das Dritte Reich ist ja in den Medien noch nicht zu Ende. Schau mal nach elf Uhr nachts Arte. Da folgt die Seekriegs-Doku direkt auf die große Story der Vertreibung. Oder diese ZDF-History-Schinken. Wie heißt der Kerl gleich noch mal, der die so schön inszeniert? Udo Knopf?«
»Knoop. Guido Knoop«, wusste Stephanie Gärtner. »Ich habe mal gelesen, dass der Spiegel die höchsten Auflagen erzielt, wenn sie den Adolf vorne auf den Titel nehmen.«
»Hollywood lebt seit sechzig Jahren auch nicht schlecht davon. Jedenfalls: Der Spindler ist kein Nazi. Da müsste ich mich schwer in ihm täuschen. Ich habe eine ganz andere Vermutung: Ich glaube, dass er in der Handschrift etwas entdeckt hat.«
»Aber was?«
»Genau das will ich von meinem Auftraggeber wissen.«
»Und wer ist das, bitte schön?«
Plank stand von dem Felsen auf, auf dem sie zur Pause Platz genommen hatten.
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