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Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Zweite Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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verständen, versprach auch von einem Tage zum andern, solange er lebte, von einem Hexenmeister seiner Bekanntschaft die Salbe herbeizuschaffen, mit welcher die Besen bestrichen würden, um darauf aus dem Schornsteine fahren zu können. Dieses gedieh mir immer zum größten Jubel, besonders wenn er mir die projektierte Fahrt bei schönem Wetter, wo ich dann vorn auf dem Stiele sitzen sollte, von ihm festgehalten, mit lustigen Aussichten ausmalte. Er nannte mir manchen schönen Kirschbaum auf einer Höhe oder einen trefflichen Pflaumenbaum aus seiner Bekanntschaft, bei welchem haltgemacht und genascht, oder einen delikaten Erdbeerschlag in diesem oder jenem Walde, wo tapfer geschmaust werden solle, indessen der Besen an eine Tanne gebunden würde. Auch benachbarte Jahrmärkte wollten wir besuchen und in die verschiedenen Schaubuden, ohne Eintrittsgeld, durch das Dach eindringen Bei einem befreundeten Pfarrherrn auf einem Dorfe müßten wir freilich, wenn wir anders von seinen berühmten Würsten etwas zu beißen bekommen wollten, den Besen im Holze verstecken und vorgeben, wir seien zu Fuß gekommen, um bei dem herrlichen Wetter den Herrn Pfarrer ein bißchen heimzusuchen; hingegen bei einer reichen Hexenwirtin in einem andern Dorfe müßten wir keck zum Schornstein hineinfahren, damit sie, in der törichten Meinung, ein Paar angehender hoffnungsvoller Hexer bei sich zu sehen, uns mit ihren vortrefflichen Pfannkuchen mit Speck und mit frischem Honig ohne Rückhalt bewirte. Daß unterwegs auf hohen Bäumen und Felsen Einsicht in die seltensten Vogelnester genommen und das Tauglichste von jungen Vögeln ausgesucht würde, verstand sich von selbst. Wie alles ohne Schaden zu unternehmen sei, dafür hatte er bereits eine Auskunft und kannte die Formel, mit welcher der Teufel, nach beendigtem Vergnügen, um seinen Teil gebracht würde.
    Auch in dem Gespensterwesen war er sehr erfahren; doch auch hier verdrehte sich ihm alles zum Lustigen. Die Angst, welche er bei seinen Abenteuern empfunden, war immer eine höchst komische und endete öfter mit einem pfiffigen Streiche, welchen er den Quälgeistern gespielt haben wollte.
    Auf diese Weise ergänzte er trefflich das phantastische Wesen seiner Frau, und ich hatte so die Gelegenheit, unmittelbar aus der Quelle zu schöpfen, was man sonst den Kindern der Gebildeten in eigenen Märchenbüchern zurechtmacht. Wenn der Stoff auch nicht so unverfänglich war wie in diesen und nicht für eine so unschuldige kindliche Moral berechnet, so enthielt er nichtsdestoweniger immer eine menschliche Wahrheit und machte, besonders da in dem vielfältigen Sammelkrame der Frau Margret eine reiche Fundgrube die sinnliche Anschauung vervollständigte, meine Einbildungskraft freilich etwas frühreif und für starke Eindrücke empfänglich, etwa wie die Kinder des Volkes früh an die kräftigen Getränke der Erwachsenen gewöhnt werden.
    Denn was ich hörte, beschränkte sich nicht allein auf diese übersinnliche Fabelwelt; sondern die Leute besprachen auch auf die leidenschaftlichste Weise ihre eigenen und fremde Schicksale, und hauptsächlich das lange Leben der Frau Margret und ihres Mannes war reich an ernsten und heitern Geschichten, an Beispielen der Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, der Gefahr, Not, Verwicklung und Befreiung; Hunger, Krieg und Aufruhr hatten sie gesehen; jedoch ihr eigenes Verhältnis zueinander war so sonderbar von Leidenschaften bewegt, und es traten so ursprünglich dämonische Gewalten der Menschennatur darin zutage, daß ich mit kindlich erstauntem Auge in die wilde Flamme sah und schon tiefe Eindrücke empfing.
    Während nämlich die Frau Margret die bewegende und erhaltende Kraft in ihrem Haushalte war, den Grund zum jetzigen Wohlstand gelegt hatte und jederzeit das Heft in den Händen hielt, war ihr Mann einer von denjenigen, welche nichts Eigenes gelernt haben noch tun können und daher darauf angewiesen sind, mehr den Handlanger einer tatkräftigen Frau zu machen und auf eine müßige Weise unter dem Schilde ihres Regimentes ein ruhmloses Dasein zu führen. Als die Frau, besonders in frühern Jahren, durch kecke Benutzung der Zeitläufe und originelle Handstreiche in wörtlichem Sinne Gold zusammenhäufte, spielte er nur die Rolle eines dienstbaren Hauskoboldes, welcher, wenn er seine Handleistungen getan hatte, mit dem, was ihm die Frau gab, sich gütlich tat und dazu allerhand Späße trieb, welche männiglich ergötzten. Sein unmännlicher Mangel an Rat und

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