Susannah 4 - Auch Geister lieben süße Rache
KAPITEL 1
S ommer. Die Zeit der langen, trägen Tage und kurzen, heißen Nächte.
In Brooklyn, wo ich die ersten fünfzehn Sommer meines Lebens verbrachte, hatte ich im Sommer immer - sofern ich nicht ins Ferienlager musste - mit meiner besten Freundin Gina und ihren Brüdern abgehangen und darauf gewartet, dass der Eiswagen kam. Wenn es nicht ganz so heiß war, spielten wir Krieg mit den anderen Nachbarskindern, teilten uns in zwei Lager auf und beschossen uns mit nicht vorhandenen Gewehren.
Als wir älter wurden, hörten wir natürlich auf mit dem Kriegspielen. Gina und ich hörten auch auf mit dem Eisessen.
Nicht dass das irgendeine Rolle gespielt hätte. Von den Nachbarsjungs, mit denen wir immer gespielt hatten, wollte jetzt keiner mehr was mit uns zu tun haben. Oder genauer gesagt, mit mir zumindest. Bestimmt hätten sie nichts dagegen gehabt, ihre Beziehung zu Gina auf eine neue Ebene zu stellen, aber als sie endlich kapierten, in was für eine Sahneschnitte sie sich verwandelt
hatte, hatte sie sich längst auf Jungs aus einer höheren Kaste als unsere Nachbarschaft umorientiert.
Keine Ahnung, was ich mir von meinem sechzehnten Sommer erwartete, dem ersten seit meinem Umzug nach Kalifornien, zu Moms neuem Ehemann … ach ja, und zu seinen Söhnen. Wahrscheinlich dachte ich, hier würden die Tage genauso lang und träge werden. Nur mit dem Unterschied, dass ich sie am Strand verbringen würde statt auf der Treppe vor unserem Wohnblock.
Und für die kurzen, heißen Nächte hatte ich auch schon so meine Pläne. Ich brauchte nur noch einen Freund, um sie in die Tat umzusetzen.
Aber weder der Strand noch der Freund wurden Wirklichkeit. Letzteres weil der Typ, auf den ich stand … na ja, er interessierte sich nicht für mich, jedenfalls soweit ich das beurteilen konnte. Und Ersteres weil …
Tja, weil ich gezwungen war, mir einen Job zu suchen.
Ja, ganz recht: einen JOB!
Zu meinem Entsetzen hatte mein Stiefvater Andy nämlich irgendwann Anfang Mai beim Abendessen gefragt, ob ich mich schon irgendwo um einen Ferienjob beworben hätte. Das Einzige, was ich herausbrachte, war ein »Wovon redest du da eigentlich??«
Aber schon bald wurde deutlich, dass mein Traum von einem Sommer mit Freunden am Strand tatsächlich ein Traum bleiben würde. Er war nur eins der vielen Opfer, die ich hatte bringen müssen, seit meine Mutter Andy Ackerman - seines Zeichens Moderator einer beliebten Heimwerkersendung im Kabelfernsehen, gebürtiger
Kalifornier und dreifacher Vater - kennen und lieben gelernt und schließlich geheiratet hatte.
Im Ackerman’schen Haushalt gab es, wie sich herausstellte, nur zwei Möglichkeiten, wie man seine Sommerferien verbringen konnte: mit einem Job oder mit Nachhilfe. Nur Schweinchen Schlau, mein jüngster Stiefbruder - von allen außer mir David genannt -, brauchte keins von beiden zu machen. Zum Arbeiten war er noch zu jung und für Nachhilfe zu schlau. Seine Noten waren sogar so gut, dass er einen der begehrten Plätze in einem monatelangen Computer-Sommercamp erhalten hatte, das den nächsten Bill Gates aus ihm machen würde - nur hoffentlich ohne die üble Frisur und die Supermarkt-Sweatshirts.
Mein zweitjüngster Stiefbruder Hatschi (alias Brad) hatte nicht so viel Glück, denn er hatte es geschafft, sowohl in Englisch als auch in Spanisch zu versagen - was zumindest in Sachen Englisch meiner Meinung nach echt eine Leistung war, schließlich war das seine Muttersprache. Nun wurde er von seinem Vater gezwungen, fünfmal die Woche in die Sommerschule zu gehen … wenn er nicht gerade als unbezahlter Sklave missbraucht wurde. Er sollte seinem Vater nämlich helfen, einen Großteil unserer hinteren Veranda abzureißen, damit dort ein Whirlpool installiert werden konnte - das hatte sich Andy für die Zeit vorgenommen, in der seine Handwerkersendung Sommerpause machte.
Angesichts dieser beiden Alternativen - Jobben oder Sommerschule - entschied ich mich fürs Jobben.
Ich bekam einen Job bei derselben Firma, für die mein
ältester Stiefbruder Schlafmütz jeden Sommer arbeitete. Um genau zu sein, er empfahl mich sogar dafür, was mich gleichermaßen verblüffte und rührte. Erst später erfuhr ich, dass er für jeden, den er anwarb und der dann auch tatsächlich eingestellt wurde, eine kleine Prämie erhielt.
Aber egal. Unterm Strich hieß das jetzt: Schlafmütz - oder Jake, wie seine Freunde und Angehörigen ihn nannten - und ich waren nun stolze Mitarbeiter des Pebble Beach Hotel und
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