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Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Zweite Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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diese zu zerstören, oder das Wasser bannen oder den Rauch aus den Schornsteinen in beliebiger Richtung aufsteigen und possierliche Figuren bilden zu lassen verstanden, gehörte nur zu den unschuldigen Scherzen. Aber greulich war es, wenn sie ihre Feinde langsam töteten, indem sie für dieselben drei Nägel in einen Weidenbaum schlugen unter den gehörigen Sprüchen (Margrets Vater siechte lange Zeit infolge dieser freundschaftlichen Manipulation, bis sie entdeckt und er durch Kapuziner gerettet wurde), oder wenn sie den armen Leuten das Korn in der Ähre verbrannten, um sie nachher zu verhöhnen, wenn sie hungerten und Not litten. Man hatte zwar die Genugtuung, daß der Teufel den einen oder andern mit großem Aufwand abholte, wenn er reif war; allein das geriet den gerechten Leuten selbst wieder zum Schrecken, und es war eben nicht angenehm, den blutigen Schnee und die gelassenen Haare auf dem Platze zu sehen, wie es der Erzählerin selbst begegnet war. Solche Bauern hatten Geld genug und maßen es bei Hochzeiten und Leichenfeiern einander in Scheffeln und Wannen zu.
    Die Hochzeiten waren dazumal noch sehr großartig. Sie hatte selbst noch eine solche gesehen, wo sämtliche Gäste, Männer und Weiber, beritten waren und nahe an hundert Pferde beisammen. Die Weiber trugen Kronen von Flittergold und seidene Kleider mit drei bis vierfach umgewundenen Ketten von zusammengerollten Dukaten; aber der Teufel ritt unsichtbar mit, und es ging nach dem Nachtessen nicht am ehrbarsten zu. Diese Bauern hatten während einer großen Hungersnot in den siebziger Jahren ihren Hauptspaß daran, mit zwölf Dreschern in weitgeöffneten Scheunen zu dreschen, dazu einen blinden Geiger aufspielen zu lassen, welcher auf einem großen Brote sitzen mußte, und nachher, wenn genug hungrige Bettler vor der Scheune versammelt waren, die grimmigen Hunde in den wehrlosen Haufen zu hetzen. Bemerkenswert war es, daß der Volksglaube diese reichen Dorftyrannen vielfach die verbauerten Nachkommen der alten Zwingherren sein ließ, unter welchen man alle ehemaligen Bewohner der vielen Burgen und Türme verstand, die im Lande zerstreut waren.
    Ein anderes ergiebiges Feld für abenteuerliche Kunden war der Katholizismus mit seinen hinterlassenen leeren Klosterräumen und den noch lebendigen Klöstern, welche etwa in der katholisch gebliebenen Nachbarschaft sich befanden. Dazu trugen die Ordensgeistlichen der letztern vieles bei, besonders die Kapuziner, welche sich heute noch mit den Scharfrichtern freundschaftlich in die Arbeit teilen, bei den abergläubischen reformierten Bauern Teufelsbannerei und Sympathiekünste zu treiben. In einigen abgelegenen Landesgegenden herrschte damals ein bewußtloser verkommener Protestantismus; die Landleute standen nicht etwa über den katholischen, als hinwegsehend über verdummte Menschen, sondern sie glaubten alle Märchen derselben getreulich mit, nur hielten sie den Inhalt für übel und verwerflich, und sie lachten nicht über den Katholizismus, sondern sie fürchteten sich vor demselben als vor einer unheimlichen heidnischen Sache. Ebensowenig als es ihnen möglich war, sich unter einem Freigeiste einen Menschen vorzustellen, welcher wirklich in seinem Innern nichts glaube, sowenig waren sie imstande, von jemandem anzunehmen, daß er zu vieles glaube; ihr Maß bestand einzig darin, sich nur zu denjenigen geglaubten Dingen zu bekennen, welche vom Guten und nicht vom Bösen seien.
    Der Mann der Frau Margret, Vater Jakoblein genannt, von ihr schlechthin Vater, war funfzehn Jahre älter als sie und näherte sich den Achtzigen. Er besaß eine fast ebenso lebhafte Einbildungskraft wie seine Frau, dabei reichten seine Erinnerungen noch tiefer in die Sagenwelt der Vergangenheit zurück; doch faßte er alles von einer spaßhaften Seite auf, da er von jeher ein spaßhaftes und ziemlich unnützes Männlein gewesen war, und so wußte er ebensoviel lächerlichen Spuk und verdrehte Menschengeschichten zu erzählen als seine Frau ernsthafte und schreckliche. In seine frühste Jugend waren noch die letzten Hexenprozesse gefallen, und er beschrieb mit Humor aus der mündlichen Überlieferung geschöpfte Hexensabbate und Bankette ganz genauso, wie man sie noch in den aktenmäßigen Geschichten jener Prozesse, in den weitläufigen Anklagen und erzwungenen Geständnissen liest. Dieses Gebiet sagte ihm besonders zu, und er versicherte feierlich von einigen seltsamen Personen, daß sie sehr wohl auf dem Besenstiele zu reiten

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