Der Heiratsspezialist
etwas machen kann. Das war bis gestern.«
»Und heute ist es anders?«
»Ganz anders.« Sie legte den Kopf gegen seine Schulter und blickte hinauf in den unendlichen Sternenhimmel. Es war eine geradezu kitschige Situation – ein verliebtes Paar in der Wüste unter Sternen. Aber das Leben schafft sich oft eine Postkartenkulisse, die zu beschreiben nahe der Lächerlichkeit steht. Ein Sonnenuntergang auf Teneriffa … jeder Maler, der ein solches Bild naturgetreu malt, weiß von vornherein, daß man ihn einen Trivialen nennen wird. Oder die zurückkehrenden Fischerboote von Nazare an der portugiesischen Atlantikküste – wer kann das beschreiben, ohne sich dem Vorwurf auszusetzen, er dramatisiere den Kitsch?
»Warum ist aus dir nie etwas Vernünftiges geworden, Bob?« fragte Sandra. »Warum hat keiner erkannt, was in dir steckt? Wer kann so vollendet Trompete blasen wie du? Wer spielt das Mozartkonzert besser als du?«
»Genug!« Bob blickte auf das im Mondschein schimmernde Instrument. »Ich habe so oft vorgespielt – immer war es eine Pleite. Bei den Bands hieß es, Boy, du bist doch keiner für uns – du bist'n Klassiker. Und bei den Sinfonie-Orchestern sagte man: Ganz gut, was Sie bieten, aber wir meinen, daß Sie bei einer Band besser aufgehoben sind. Da stehe ich nun, zwischen den Musikwelten. Keine will mich haben.«
»Weil du zu gut bist!«
»Das ist die merkwürdigste Begründung für Erfolglosigkeit. Dabei kann ich alle Konzerte, habe sie einstudiert … Biber, Bach und Torelli, das schwere Konzert C-Dur von Tommaso Albinoni, das Trompetenkonzert Es-Dur von Hummel und das wunderbare As-Dur-Konzert von Vivaldi – ich spiele sie dir sofort aus dem Stand! Ich habe selbst zwei Trompetenkonzerte komponiert, dazu eine Anzahl Sonaten und auch Tanzmusik. Überall Absagen. Wer ist Bob Brook? Was, ein Organist aus Atlanta?! Junge, muß das ein Spinner sein. Und damit ist alles erledigt!«
»Das wird sich ändern, Bob!« sagte Sandra ernst.
»Ich wüßte nicht, wie.«
»Wir werden die Welt auf dich aufmerksam machen. Wir werden sie von dir überzeugen, so wie du mich von dir überzeugt hast.« Sie sah ihn mit tatendurstigem Blick an. »Wenn wir zurückkommen nach Las Vegas, werde ich dafür sorgen, daß man in einer Fernsehsendung über dich auch ein Orchester mit hineinnimmt. Und mit dem wirst du dann ein Trompetenkonzert geben!«
»Du bist verrückt, Sandra!«
»Ohne das Konzert sperre ich alle Interviews mit dir! Wer dich vor die Kamera haben will, muß dir ein Orchester zur Verfügung stellen. Und sie werden es tun! Sie werden es schon deshalb tun, weil es wieder eine Verrücktheit ist, die den amerikanischen Nerv trifft! Und dann, Bob, kannst du zeigen, daß du einer der besten Trompeter der Welt bist!«
»Ich werde das Trompetenkonzert in D-Dur von Telemann spielen.« Bob starrte in die kahlen, bleichen Felsen. »Mein Gott, wie schön ist es, wie Kinder zu phantasieren …«
»Wir werden es wahrmachen, Bob.«
»Bleiben wir bei der Illusion, sie ist so beruhigend.«
Bob erhob sich und zog Sandra an sich. »Ich spendiere noch eine Flasche Wein. Es wird kalt, du mußt deine Decke umhängen. Morgen wird der gute Allen Brass wieder über uns kreisen und mir fromme Sprüche zubrüllen.«
»Wir rühren uns nicht.« Sandra legte den Arm um Bobs Schulter. »Jetzt bin ich auch dafür, drei Wochen hier zu bleiben. Um so größer wird das Echo sein, wenn du im Fernsehen dein erstes Konzert gibst. Ein Kidnapper aus Liebe, der verlangt, Telemann zu spielen … so etwas hat es auch in Amerika noch nicht gegeben!«
So schön das Trompetenkonzert D-Dur auch ist, wer einen kleinen Spielsalon überfallen und dabei 30.000 Dollar erbeutet hat, hat wenig Sinn für Mozarts Tonzauber.
Der Überfall geschah am späten Nachmittag in Las Vegas, als Sheriff Brass glaubte, sich ausruhen zu können. Es geschah in einer Nebenstraße, die von Tausenden von Menschen bevölkert war. Zwei harmlos aussehende Spieler betraten ›Wintermanns Casino‹, setzten drei einarmige Banditen in Bewegung und gewannen an einem, wodurch ein lautes Klingeln einsetzte, damit jeder im Kasino wußte, daß Automaten nicht nur Geld kassierten, sondern bisweilen auch was ausspucken konnten. Außerdem animierte das Siegesklingeln andere Spieler zu erhöhten Einsätzen. Die beiden Gewinner schlenderten freundlich zu Mrs. Anna Rambler hinunter, die hinter einer Theke saß, Geld wechselte und Roulette-Chips verkaufte.
Der eine Besucher zog eine
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