Der Heiratsspezialist
brüllte es von draußen zurück. »Ich bin Pfarrer McDolland.«
Bob seufzte, schloß die Tür auf und ließ McDolland herein. Er sah kaum wie ein Priester aus, trug einen Rohseidenanzug, weiße Lederschuhe und ein blauweiß gestreiftes Hemd, das auch aus Seide war. Die weißen Haare auf dem runden Schädel waren zerzaust; draußen wehte ein heißer Wind, jener Wind, der plötzlich aus der Wüste kommt und Las Vegas mit einer Staubschicht bedeckt.
McDolland setzte sich an einen der runden Tische, weil Bob keine Anstalten machte, ihn in die hinter der Theke liegenden Privaträume zu führen. Dort gab es ein Wohnzimmer mit geschmacklos geschnitzten Möbeln und einer Ledercouch, ein Schlafzimmer mit einem Riesenbett, das an die Pionierzeit in Nevada erinnerte, und einen Baderaum mit Wanne, Dusche, Bidet und zwei WCs. Darüber hatte sich Bob schon als Kind immer sehr gewundert; auch Onkel Steve hatte doch nur einen Hintern.
»Ich beglückwünsche Sie!« sagte McDolland. »Der Whisky ist an der Theke, ganz links, hinter der Tür, auf der ›Putzmittel‹ steht. Die Gläser sehen Sie ja.«
Bob war nicht im mindesten überrascht. Er holte die Flasche, goß McDolland und sich ein und trank einen guten Zug. McDolland schnalzte mit der Zunge und rieb sich die Hände.
»Es war Steves letzter Wille, daß Sie den Saloon übernehmen«, sagte er dann. »Bei Richter de Trajano liegt das Testament – ich habe es als Zeuge mitunterzeichnet. Steve hat immer von Ihnen gesprochen … was sage ich – er hat von Ihnen geschwärmt. Der Bursche, hat er immer gesagt, der hat das Zeug dazu, meinen Ice-Saloon zum besten von Las Vegas zu machen! Er sprüht nur so von Phantasie.«
»Wurde Onkel Steve in den letzten Monaten kindisch?«
»Aber nein! Aufrecht wie ein Mann starb er an Leberzirrhose. Mein lieber Bob … er hat gesoffen wie ein Eimer ohne Boden! Aber immer klar bei Verstand. Mit seinen 69 Jahren war er voll da! Haben Sie am Grab Jenny gesehen, Bob? Muß Ihnen eigentlich aufgefallen sein, die ist nicht zu übersehen! Weißblonde Haare bis auf den halben Hintern, ein Gesicht wie ›Eia, Püppchen, schlaf ein …‹ und eine Oberweite, bei der jeder Filmproduzent Herzflimmern bekommt. Aber in diese Richtung marschierte Jenny nicht. Sie blieb treu bei Steve.«
»O Gott! Sagen Sie bloß, daß Onkel Steve noch mit Hormonen jonglierte!«
»Und wie, und wie!« McDolland lachte dröhnend. »Das nur als Beispiel, wie sinnenklar Steve war, nur die Leber scherte aus! Übrigens – Sie erben Jenny mit!«
»Das darf nicht wahr sein!« Bob Brook trank noch einen Schluck.
»Sind Sie verheiratet?« fragte McDolland.
»Nein.«
»Verlobt? Verliebt?«
»Weder – noch!«
»Warum wehren Sie sich dann dagegen?«
»Das fragen Sie, ein Pfarrer?«
»Sie müssen da gut unterscheiden lernen, junger Mann«, sagte McDolland gewichtig. »Da die Kirche – dort ein verständnisvoller Freund.«
Bob Brook nickte und blickte McDolland scharf an. »Diese Philosophie scheint Ihnen nicht übel zu bekommen. Ein in Seide glänzender Apostel. Ich bin aus Atlanta andere Pfarrer gewöhnt.«
»Atlanta!« McDolland goß wieder Whisky in sein Glas. »Hier in Las Vegas ist alles anders. Hauptsächlich bin ich mit Trauungen beschäftigt. Meine Kirche ›Der flammende Rosenkranz‹ ist allzeit bereit – für jeden. Auch nachts, wenn's pressiert. William McDolland vereint die Menschen vor Gott, wann immer sie wollen.«
»Ein gutes Geschäft.«
»Meine Pauschale ist guter Durchschnitt. Reverend Stanley von der Kirche ›Der blühende Dornbusch‹ ist der teuerste – er kann aber auch eine riesige elektronische Orgel brausen lassen.« McDolland streckte die Beine aus und betrachtete Bob mit väterlicher Güte.
»Sie haben wenig Lust, den Ice-Saloon zu übernehmen?«
»Gar keine!« sagte Bob laut. »Wissen Sie jemanden, der ihn kaufen will?«
»Nach Las Vegas kommen Leute, die ihr Geld schnell verlieren wollen!«
»Wie hat Onkel Steve eigentlich überlebt?«
»Oh, das war ein ganz raffinierter Hund! Der schickte Jenny mit einem Eiskasten vor dem Bauch in drei Spielhallen. Das gab natürlich Krach, jedesmal … aber Jenny hatte, bevor sie auffiel, schon soviel umgesetzt, daß es bis zur nächsten Runde reichte. Sie sehen, Bob, auf Jenny kann man nicht verzichten. Seien Sie lieb zu ihr, wenn sie morgen früh hier steht. Sie hat natürlich einen Schlüssel.« McDolland trank sein Glas aus und erhob sich. »Kann ich Ihnen irgendwie helfen, Bob? Wollen wir
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