Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Heiratsspezialist

Der Heiratsspezialist

Titel: Der Heiratsspezialist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
jubeln nicht, daß Ihnen das Erbe endlich einen vernünftigen Job verschafft hat?«
    »Onkel Steves Hinterlist hat mir die Sprache verschlagen. Ich habe das noch nicht verkraftet. Lassen Sie mir Zeit, Allen. Ein paar Tage nur.«
    Brass erhob sich und schlug Bob auf die Schulter. Es war ein freundschaftlicher Klaps, aber selbst ein Stier wäre dabei in die Knie gegangen. Bob stützte sich mühsam auf die Tischplatte.
    »Wenn Sie mich brauchen – ich bin immer für Sie da!« sagte Brass. »Kopf hoch, Bob! Sie sind jetzt ein freier Mann. Denken Sie daran.«
    »Bis auf Galezzano.«
    »Die Steuer knöpft Ihnen mehr ab!« Brass lachte dröhnend. »Leben will gelernt sein …«
    »Wem sagen Sie das, Allen!« Er brachte den Sheriff zur Tür und schloß dann wieder ab.
    In der Kühltheke fand er eine Flasche Orangensaft.
    Er nahm sie mit ins Hinterzimmer und legte sich auf die Couch. Irgendwann schlief er ein und träumte Fürchterliches. Er war in Atlanta, in seiner Kirche, und spielte wie immer die Orgel, doch als er im Spiegel die Gemeinde betrachtete, hatten alle große Hörner in den Händen und schleckten Onkel Steves Sahneeis, sogar der zweite Bürgermeister. Seine fette Zunge glänzte im Licht.
    Stöhnend beugte sich Bob über das Manual und zog das Register für die Posaunenpfeifen.
    Irgend jemand sagte: »Muß das 'ne Leidenschaft sein! So was sollte man nicht verschenken.«
    Es war eine weibliche Stimme, die Bobs Orgelspiel unterbrach. Er zuckte zusammen, Atlanta löste sich in einen grauen Fleck auf, und die barocke Einrichtung von Onkel Steve nahm Konturen an. Noch benommen von der schnellen Rückkehr nach Las Vegas richtete Bob sich auf und stierte gegen die Wand.
    »Hier bin ich!« sagte die weibliche Stimme.
    Bob fuhr herum. In Onkel Steves Schaukelstuhl wippte ein Wesen, das von den weißblonden Haaren bis zu den zierlichen Füßen wie eine fleischgewordene amerikanische Puppe aussah. Soviel Formen und Kosmetik auf einem Körper hatte Bob bisher nur in Magazinen gesehen, und sich dabei jedes Mal gefragt, wieviel Stunden man wohl dazu brauchte, um sich derartig in Schale zu werfen. Und da schaukelte nun so ein Wesen vor seinen Augen hin und her und lächelte ihn an. Daß trotz der Schwingungen und der wie zu einem Striptease geöffneten Bluse der Busen nicht herausfederte, wunderte Bob. Das unirdische Wesen trug enge Satinhosen vom gleichen Himbeerrot wie die Außenverkleidung des Saloons. Das war vermutlich die Lieblingsfarbe des Verblichenen.
    »Sieh an«, sagte Bob und gähnte. »Ein lieber Gast.«
    »War's schön?« fragte Jenny. Niemand anderes konnte es sein. Pfarrer McDolland hatte sie sehr gut beschrieben.
    »Was?« fragte Bob zurück.
    »Was Sie im Traum angestellt haben. Junge, haben Sie gestöhnt. Verrückt sexy!«
    »Ich habe Orgel gespielt.«
    »So kann man's auch nennen!« Jenny stellte das Schaukeln ein und beugte sich vor. Achtung, wollte Bob rufen. Gleich bricht der Damm! Aber irgendwie stimmte die Statik. Gott war ein bewundernswerter Baumeister. »Ich bin Jenny Marlow. Ihr Onkel …«
    »Ich weiß.« Bob setzte sich. »Ich weiß alles.« Mein lieber Onkel Steve, dachte er dabei. Wie hast du das alles geschafft? Obwohl du mir den Saloon vererbt hast. Meine Hochachtung! Du hast dich redlich durchgeboxt, bist 69 Jahre alt geworden, hast dich mit Bravour zu Tode gesoffen, bist mit Luigi Galezzano ausgekommen und hast auch noch die Kraft besessen, ein Wunderding wie Jenny Marlow zu halten. Onkelchen, du gehörtest zur Generation der Windgegerbten!
    »Was heißt alles?« fragte Jenny und blickte verführerisch naiv. Sie hatte wirklich schöne Augen, hellbraun mit einem Goldpunkt. »Was hat Steve von mir erzählt?«
    »Gar nichts. McDolland, der Pfarrer.«
    »Er ist ein Pharisäer!« sagte sie mit empörter Stimme. »War hinter mir her … um meine Seele zu retten, sagte er! War Allen auch schon hier?«
    »Der Sheriff? Natürlich.«
    »Auch so ein lieber Freund von Steve. Überall lauert er mir auf. Wartet wie ein Hund, nur das Bein hebt er noch nicht …«
    »Wundert Sie das, Jenny? Gibt es nicht regelmäßig Saalschlachten, wenn Sie irgendwo auftauchen?«
    »Ich habe Steve nie betrogen. Er hätte zwar mein Vater sein können …«
    »Großvater!«
    »… aber ich mochte ihn. Warum? Fragen Sie mich nicht. Das kann man nicht erklären. Er war keine Schönheit. Er soff gotterbärmlich. Er hatte oft nur ein paar Dollar in der Kasse, und dann ging ich mit dem Bauchladen in den Hallen anschaffen –

Weitere Kostenlose Bücher