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Der Herr der Ringe

Der Herr der Ringe

Titel: Der Herr der Ringe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
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Augenblick leuchtete eine Flamme auf wie ein Blitzstrahl. Große Schatten sprangen auf und flohen, und für eine Sekunde sahen sie ein riesiges Dach hoch über ihren Köpfen, getragen von vielen mächtigen Säulen aus Stein. Vor ihnen und zu beiden Seiten erstreckte sich eine gewaltige, leere Halle; ihre schwarzen Wände, blank und glatt wie Glas, glänzten und schimmerten. Drei andere Eingänge sahen sie, dunkle schwarze Bogen: einen direkt vor ihnen, der nach Osten ging, und je einen auf beiden Seiten. Dann ging das Licht aus.
    »Mehr will ich jetzt nicht wagen«, sagte Gandalf. »Früher gab es große Fenster an der Bergseite und Schächte, die hinaufreichten zum Licht in den oberen Bereichen der Minen. Ich glaube, wir haben sie jetzt erreicht, aber es ist Nacht draußen, und vor dem Morgen werden wir es nicht feststellen können. Wenn ich recht habe, werden wir morgen vielleicht das Tageslicht hereinschauen sehen. Aber einstweilen ist es wohl besser, nicht weiterzugehen. Lasst uns ruhen, wenn wir können. Bisher ist alles gutgegangen, und den größten Teil des dunklen Weges haben wir hinter uns. Doch sind wir noch nicht hindurch, und es ist noch weit bis hinunter zu den Toren, die in die Welt hinausführen.«
    Die Gemeinschaft verbrachte die Nacht in der großen, höhlenartigen Halle; eng zusammengedrängt in einer Ecke, um dem Durchzug zu entgehen: Durch den östlichen Torbogen strömte ständig kalte Luft herein. Als sie dort lagen, ringsum von hohler und unermesslicher Dunkelheit umgeben, fühlten sie sich bedrückt von der Einsamkeit und Riesigkeit der unterirdischen Hallen und der sich endlos verzweigenden Treppen und Gänge. Auch die wildesten Vorstellungen, die sich die Hobbits nach dunklen Gerüchten gemacht hatten, blieben weit hinter der tatsächlichen Furchtbarkeit und Großartigkeit von Moria zurück.
    »Da muss aber einstmals eine gewaltige Schar von Zwergen hier gewesen sein«, sagte Sam. »Und jeder von ihnen muss fünfhundert Jahre lang eifriger geschafft haben als Dachse, um all das zu bauen, und das meiste noch dazu in hartem Fels! Wofür haben sie das alles gemacht? Gewiss haben sie doch in diesen dunklen Höhlen nicht gewohnt?«
    »Das sind keine Höhlen«, antwortete Gimli. »Dies ist das große Reich und die Stadt Zwergenbinge. Und einstmals war es hier nicht dunkel, sondern voller Licht und Glanz, wie es noch in unseren Liedern überliefert wird.«
    Er stand auf und begann im Dunkeln mit tiefer Stimme zu singen, und das Echo drang hinauf bis zum Dach.
    Die Welt war jung, die Berge grün,
    Als fleckenlos der Mond noch schien,
    Nicht Berg noch Tal, nicht Strom noch Land
    War da, zu Durins Zeit, benannt.
    Er gab den Dingen Nam und Stand,
    Trank ersten Trunk vom Quellenrand
    Und sah im Spiegel Widerschein
    Von Sternen, Gold und Edelstein,
    Sah sich zu Häupten eine Kron
    Aufblinken und verschatten schon.
    Die Welt war jung, die Gipfel frei
    Zu jener Zeit, die längst vorbei.
    Die mächtigen Herrn von Nargothrond
    Und Gondolin sind längst entthront
    Und leben westlich, fern und weit,
    Die Welt war schön zu Durins Zeit.
    Die Felsengründe waren sein,
    Mit Gold verziert und Edelstein
    Und silbern köstlich ausgelegt,
    Das Tor von Runenkraft geprägt,
    Und tausend Lampen aus Kristall
    Verströmten Licht allüberall,
    Ein helleres fließt nicht in die Welt
    Von Sonne, Mond und Sternenzelt.
    Der Hammer auf den Amboss hieb,
    Der Stichel grub, der Meißel trieb,
    Geschärfte Schwerterklinge sang,
    Der Reichtum wuchs bei jedem Gang.
    Von Amethyst, Beryll, Opal,
    Metall, geschuppt, war voll der Saal,
    Von Panzerhemden, Schild und Speer
    Die Borde in den Kammern schwer.
    Froh lebte damals Durins Volk,
    Die Harfe klang, der Sänger sang,
    Und vor den Toren stieß ins Horn
    Der Wächter zu der Stunden Gang.
    Die Welt ist grau, der Berg ist alt,
    Die Essen leer, die Aschen kalt,
    Kein Harfner singt, kein Hammer fällt;
    Das Dunkel herrscht in Durins Welt,
    Sein Grab liegt unter Schatten da
    In Khazad-dûm, in Moria.
    Die Sterne glitzern wunderlich
    Im Spiegelsee, die Krone blich,
    Tief ist der See, der sie begräbt,
    Bis Durin sich vom Schlaf erhebt.
    »Das gefällt mir!«, sagte Sam. »Das möchte ich gerne lernen. In Khazad-dûm, in Moria! Aber es macht die Dunkelheit noch bedrückender, wenn man an all die Lampen denkt. Liegen hier immer noch Haufen von Edelsteinen und Gold herum?«
    Gimli antwortete nicht. Er hatte gesungen und wollte nichts mehr sagen.
    »Haufen von Edelsteinen?«, sagte Gandalf.

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