Der Herr der Ringe
Hobbit, den hässlichen, misstrauischen Hobbit, lass ihn kriechen, ja, gollum! «
»Aber nicht den netten Hobbit?«
»Ach nein, nicht, wenn es uns nicht gefällt. Immerhin ist er ein Beutlin, mein Schatz, ja, ein Beutlin. Ein Beutlin hat ihn gestohlen. Er fand ihn und hat nichts gesagt, nichts. Wir hassen Beutlins.«
»Nein, nicht diesen Beutlin.«
»Doch, jeden Beutlin. Alle Leute, die den Schatz behalten. Wir müssen ihn haben!«
»Aber Er wird es sehen, Er wird es wissen. Er wird ihn uns wegnehmen!«
»Er sieht. Er weiß. Er hat gehört, wie wir das alberne Versprechen abgaben – gegen Seinen Befehl, ja. Müssen ihn nehmen. Die Geister suchen. Müssen ihn nehmen.«
»Nicht für Ihn!«
»Nein, Süßer. Schau, mein Schatz: Wenn wir ihn haben, dann können wir entfliehen, selbst vor Ihm, nicht wahr? Vielleicht werden wir sehr stark, stärker als die Geister. Herr Sméagol? Gollum der Große? Der Gollum! Jeden Tag Fisch essen, dreimal am Tag, frisch aus dem Meer. Allerhöchster Gollum! Müssen ihn haben. Wir wollen ihn, wir wollen ihn, wir wollen ihn!«
»Aber sie sind zwei. Sie werden zu schnell aufwachen und uns töten«, wimmerte Sméagol mit letzter Anstrengung. »Nicht jetzt. Noch nicht.«
»Wir wollen ihn! Aber …«, und hier trat eine Pause ein, als ob ein neuer Gedanke erwacht sei. »Noch nicht, wie? Vielleicht nicht. Sie könnte helfen. Ja, Sie.«
»Nein, nein! So nicht!«, jammerte Sméagol.
»Ja! Wir wollen ihn! Wir wollen ihn!«
Jedes Mal, wenn der zweite Gedanke sprach, schob sich Gollums lange Hand vor und tatschte nach Frodo, und dann wurde sie mit einem Ruck zurückgezogen, wenn Sméagol wieder sprach. Schließlich schlossen sich seine beiden Arme mit den langen gebogenen und zuckenden Fingern um Frodos Hals.
Sam hatte ganz still gelegen, gefesselt von dieser Auseinandersetzung, aber jede Bewegung, die Gollum machte, unter seinen halb geschlossenen Lidern beobachtet. Seinem einfachen Gemüt war gewöhnlicher Hunger, das Verlangen, Hobbits zu essen, als die Hauptgefahr erschienen, die von Gollum ausging. Jetzt erkannte er, dass dem nicht so war: Gollum verspürte die entsetzliche Anziehung des Ringes. Der Dunkle Herrscher war natürlich Er ; aber Sam zerbrach sich den Kopf, wer Sie wohl sei. Irgendjemand, mit dem sich das arme Wurm auf seinen Wanderungen angefreundet hatte, vermutete er. Dann vergaß er diesen Punkt, denn die Dinge waren deutlich zu weit gegangen und wurden gefährlich. Alle seine Glieder waren mächtig schwer, aber er rappelte sich mühsam auf und setzte sich hin. Etwas warnte ihn, vorsichtig zu sein und nicht zu zeigen, dass er die Auseinandersetzung mit angehört hatte. Er stieß einen lauten Seufzer aus und gähnte herzhaft.
»Wie spät ist es?«, fragte er verschlafen.
Gollum stieß einen langen Zischlaut durch die Zähne. Er stand einen Augenblick auf, gespannt und drohend; und dann brach er zusammen, fiel nach vorn auf alle viere und kroch die Böschung der Senke hinauf. »Nette Hobbits! Netter Sam!«, sagte er. »Schlafmützen, ja Schlafmützen! Lasst den guten Sméagol wachen! Aber es ist Abend. Dämmerung kriecht heran. Zeit, zu gehen.«
»Höchste Zeit«, dachte Sam. »Und auch Zeit, dass wir uns trennen.« Dennoch kam ihm der Gedanke, ob es jetzt nicht ebenso gefährlich wäre, Gollum frei laufen zu lassen, wie ihn bei sich zu behalten. »Verflucht soll er sein! Ich wünschte, er würde erwürgt!«, murmelte er. Er stolperte die Böschung hinunter und weckte seinen Herrn.
Es war seltsam, aber Frodo fühlte sich erfrischt. Er hatte geträumt. Der dunkle Schatten war vorübergezogen, und eine schöne Vision hatte ihn in diesem Land der Krankheit heimgesucht. Nichts blieb davon in seiner Erinnerung, dennoch war er dieses Traums wegen froh, und ihm war leichter ums Herz. Seine Bürde lastete weniger auf ihm. Gollum begrüßte ihn mit hundeähnlicher Freundlichkeit. Er kicherte und schwatzte, ließ seine langen Finger knacken und tätschelte Frodos Knie. Frodo lächelte ihn an.
»Komm!«, sagte er. »Du hast uns gut und treu geführt. Dies ist der letzte Abschnitt. Bring uns zum Tor, und dann werde ich nicht von dir verlangen weiterzugehen. Bring uns zum Tor, und du magst gehen, wohin du willst – nur nicht zu unseren Feinden.«
»Zum Tor, wie?«, quietschte Gollum, offenbar überrascht und erschreckt. »Zum Tor, sagt der Herr! Ja, so sagt er. Und der gute Sméagol tut, um was er bittet, o ja. Aber wenn wir näher kommen, werden wir vielleicht sehen,
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