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Der Herr der Ringe

Der Herr der Ringe

Titel: Der Herr der Ringe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
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der schwarzen Spitze des näher gelegenen Turms zurückgelegt. Ein schwacher Rauch kräuselte sich über ihm, als ob in dem Berg darunter Feuer schwelte.
    Der Tag kam, und die fahle Sonne schien matt über die leblosen Grate des Ered Lithui. Dann hörte man plötzlich den Klang ehern schmetternder Trompeten: Von den Wachtürmen erschallten sie, und in der Ferne antworteten Fanfaren aus verborgenen Festungen und Vorposten in den Bergen; und aus noch größerer Ferne, aber tief und unheilvoll, hallten in dem leeren Land dahinter die mächtigen Hörner und Trommeln von Barad-dûr wider. Ein neuer schrecklicher Tag der Angst und des Kampfes war für Mordor angebrochen; die Nachtwachen wurden in ihre Verliese und tiefen Hallen geschickt, und die Tagwachen bezogen bösäugig und grausam ihre Posten. Stahl schimmerte undeutlich auf den Zinnen.
    »Nun, hier sind wir!«, sagte Sam. »Hier ist das Tor, und für mich sieht es so aus, als ob das ungefähr so weit ist, wie wir je kommen werden. Mein Wort, der Ohm würde einiges zu sagen haben, wenn er mich jetzt sähe. Hat oft gesagt, mit mir würde es ein böses Ende nehmen, wenn ich nicht aufpasse. Aber jetzt glaube ich nicht, dass ich den Alten je wiedersehen werde. Die Gelegenheit für sein Ich hab dir’s ja gesagt, Sam wird er nicht kriegen, und das ist eine rechte Schande. Von mir aus könnte er es mir so lange sagen, wie ihm die Puste reicht, wenn ich nur sein altes Gesicht wiedersehen könnte. Aber ich müsste mich wohl erst waschen, sonst würde er mich nicht erkennen. Ich nehme an, es hat keinen Zweck zu fragen: ›Welchen Weg nehmen wir jetzt?‹ Wir können nicht weitergehen – es sei denn, wir wollen die Orks um Hilfe bitten.«
    »Nein, nein«, sagte Gollum. »Keinen Zweck. Wir können nicht weitergehen. Sméagol hat es gesagt. Er sagte: Wir werden zum Tor gehen, und dann werden wir sehen. Und wir sehen es. O ja, mein Schatz, wir sehen es. Sméagol wusste, dass die Hobbits nicht diesen Weg gehen können. O ja, Sméagol wusste es.«
    »Warum zum Henker hast du uns dann hierher gebracht?«, fragte Sam, der nicht in der Stimmung war, gerecht oder vernünftig zu sein.
    »Der Herr hat’s gesagt. Der Herr sagt: Bring uns zum Tor. Also gut, Sméagol tut es. Der Herr hat’s gesagt, der kluge Herr.«
    »Das habe ich getan«, sagte Frodo. Sein Gesicht war finster und starr, aber entschlossen. Er war schmutzig, hager und von Müdigkeit verzehrt, aber er duckte sich nicht länger, und seine Augen waren klar. »Ich habe das gesagt,weil ich beabsichtige, nach Mordor zu gehen, und keinen anderen Weg weiß. Daher werde ich diesen Weg nehmen. Ich bitte niemanden, mit mir zu gehen.«
    »Nein, nein, Herr!«, jammerte Gollum, tätschelte ihn und schien sehr bekümmert zu sein. »Keinen Zweck, dieser Weg! Keinen Zweck! Bring den Schatz nicht zu Ihm! Wenn Er ihn bekommt, wird er uns alle vernichten, die ganze Welt vernichten. Behalte ihn, netter Herr, und sei freundlich zu Sméagol. Lass nicht zu, dass Er ihn bekommt. Oder geh weg, geh weg zu netten Orten, und gib ihn dem kleinen Sméagol zurück. Ja, ja, Herr; gib ihn zurück, wie? Sméagol wird ihn gut aufheben; er wird viel Gutes tun, besonders den netten Hobbits. Hobbits gehen nach Hause. Geht nicht zum Tor!«
    »Mir ist befohlen worden, in das Land Mordor zu gehen, und deshalb werde ich gehen«, sagte Frodo. »Wenn es nur einen einzigen Weg gibt, dann muss ich ihn nehmen. Was dann geschieht, muss eben geschehen.«
    Sam sagte nichts. Der Ausdruck von Frodos Gesicht war genug für ihn; er wusste, dass jedes weitere Wort nutzlos war. Und schließlich hatte er die Sache von Anfang an nicht wirklich hoffnungsvoll betrachtet; doch da er ein fröhlicher Hobbit war, brauchte er keine Hoffnung, solange die Verzweiflung hinausgeschoben werden konnte. Nun waren sie zum bitteren Ende gekommen. Aber er hatte die ganze Zeit treu zu seinem Herrn gehalten; darum war er ja hauptsächlich mitgekommen, und er würde weiter zu ihm halten. Sein Herr würde nicht allein nach Mordor gehen. Sam würde mit ihm gehen – und jedenfalls würden sie Gollum loswerden.
    Gollum ließ sich indes nicht abschütteln. Er kniete vor Frodo, rang die Hände und greinte. »Nicht diesen Weg, Herr!«, bettelte er. »Es gibt einen anderen Weg. O ja, wirklich. Einen anderen Weg, dunkler, schwieriger zu finden, geheimer. Aber Sméagol kennt ihn. Lass Sméagol ihn dir zeigen!«
    »Einen anderen Weg?«, fragte Frodo zweifelnd und blickte forschend auf Gollum hinab.
    »Ja!

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