Der Herr der Ringel: Die Bewährten (German Edition)
Weidenholz.
Die Morgenwärme wich der Nachmittagshitze. Einschläfernde Hitze. Wobbits sind jederzeit und allerorten zu einem Nickerchen bereit, vor allem, wenn sie auf den Beinen waren.
»Muss mich ausruhen«, sagte Madi. »Kann die Augen nicht mehr offen halten. Stürze zu Boden.« Er fiel hin und kroch zu einer uralten, gigantischen, knorrigen Weide. In einem Wald aus furchterregenden Bäumen war diese Weide eindeutig der furchterregendste Baum, doch Madi war alles egal. Zwischen zwei dicken Wurzeln legte er sich hin und rollte sich auf die Seite. Im Rollen zog er die Wurzel heraus und wickelte sie um sich wie eine hässliche Decke.
»Muss mich ausruhen«, sagte er. »Zu heiß.«
»Nein, Madi, tu’s nicht!«, sagte Promo. Ihm gefiel die Sache ganz und gar nicht. »Es ist nicht die Hitze, es ist die Feuchtigkeit. Wir können uns jetzt nicht ausruhen. Wir müssen aus dem Wald raus!« Aber Madi und die anderen waren nicht mehr in der Lage, sich darum zu scheren. Der Baum schien eine Musicalnummer zu summen. Das Lied und das sanfte Fallen der Blätter reichten, um Pipi einzuschläfern. Er plumpste in ein Baumloch, das aussah wie ein Weidenmaul oder wie der Rachen einer gigantischen Venusfliegenfalle. Pipi und Madi hatten sich dem Zauber ergeben und schliefen fest. Spam stand gähnend da.
Promo schien es fast so, als singe der Baum ihm etwas vor. Er glaubte den Liedtext hören zu können: »Füttre mich, Wobbit, füttre mich die ganze Nacht!« Er setzte sich ans Flussufer, um die heißen, müden Füße im Schokoladenwasser zu baden. Bald schlief auch er.
Spam machte sich Sorgen. Der Nachmittag rückte immer weiter vor, und diese plötzliche Müdigkeit erschien ihm seltsam, wenn auch nicht schräg, wie es Madi ausgedrückt hätte. »Hier ist mehr am Werk als nur fallende Blätter und Feuchtigkeit. Ich mag diesen großen Baum nicht. Hör dir doch bloß mal an, wie er von seinem grünen Spleen singt. Das kann doch nicht angehen!«
Er stolperte davon, um nach den Ponys zu sehen, und als er sie einfing, hörte er einen dumpfen Schlag, gefolgt von einem Platschen. Er eilte zurück und sah, dass Promo im Wasser lag, auf seiner Brust einen stiefelförmigen Ast, der ihn nach unten drückte. Spam packte Promos kastanienbraune Windjacke und hievte ihn heraus. Promo erwachte und stotterte etwas.
»Weißt du, Spam«, sagte er schließlich. »Dieser fiese Baum hat mich reingekickt! Ich hab’s gespürt. Dieser stiefelförmige Ast hat mich gekickt!«
»Wenn die Bäume in der Gegend sich tagsüber schon so benehmen, will ich nachts nicht hier sein. Wo sind Herr Tucke und Herr Dandyschmock?«
Sie stellten fest, dass Pipi hinter einem Gitter aus riesigen grünen Zähnen gefangen war, und Madi war so sehr von Wurzeln eingewickelt, dass nur noch Kopf und Füße herausschauten. Panisch versuchten Promo und Spam, die beiden zu befreien. Doch es hatte keinen Zweck. Promo kickte so kräftig er konnte gegen den Baum. Barfuß, wie er war, konnte er von Glück sagen, dass er sich keinen Zeh brach. Der Baum reagierte darauf mit einem tiefen rüpelhaften Lachen.
»Was für eine abscheuliche Geschichte«, sagte Promo aufgebracht. »Werde ich meine Freunde jemals wiedersehen?«
»Dafür haben wir keine Zeit«, sagte Spam und hielt nicht einmal für ein Augenrollen inne. »Darf ich fragen, Herr, welche Art von Waffen wir im Gepäck haben?«
»Waffen?«
»Ja, Herr. Etwas, mit dem wir den Baum dazu bringen könnten, unsere Kameraden freizulassen. Vielleicht eine Streitaxt? Oder eine Hellebarde? Eine Glefe oder Guisarme? Oder vielleicht gar ein Schwert?«
»Nein, nein, nichts dergleichen.«
»Gehe ich richtig in der Annahme, Herr, dass Herr Ranndarf dir eine Packliste für diese Reise gegeben hat und du dieser getreulich gefolgt bist?«
»Ja.«
»Das würde den Mangel an Waffen erklären, Herr. Dasselbe ist deinem Onkel Milbo passiert. Ich schlage vor, dass wir um Hilfe rufen.«
»Im Ernst?«
»In der Tat, Herr.«
Promo fing an, im Kreis zu laufen und »Hilfe! Hilfe! Hilfe!« zu schreien. Er fühlte sich verzweifelt, verloren und kopflos, und dazu hatte er auch alle Veranlassung.
Plötzlich blieb er stehen. Er hörte Gesang, allerdings nicht vom Baum, sondern von jemand anderem. Es kam aus den Tiefen des Waldes. Eine zierliche Tenorstimme, fröhlich und sorglos.
Komm eben heim aus Schmockenland und hab die Klinke in der Hand,
Muss ein paar Leute retten, das sind Wobbits oder so.
Dann setzen wir uns an den Tisch auf unsern
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