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Der Herr der Tränen

Der Herr der Tränen

Titel: Der Herr der Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Bowring
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hinter jeder Ecke konnten Fadenwirker warten. Er brauchte noch mehr Kraft, um wirklich wieder der Alte zu sein, und die wollte er sich beschaffen.
    In seiner Zeit als Herr von Tallaho war er oft genug hier entlanggegangen. Jetzt war er froh, immer noch den Weg zu kennen. Das Lazarett lag im unteren Geschoss der Burg, glücklicherweise recht nah am Verlies, und bald darauf hatte er den Bogengang erreicht, der zu dem langen, hell erleuchteten Raum führte.
    Dort hielten sich natürlich Fadenwirker auf, die von Bett zu Bett gingen und die Kranken und Verletzten behandelten. Die bereiteten ihm jedoch wenig Sorge, denn es waren bloß Heiler, deren Fähigkeiten meist auf dem Gebiet der Wiederherstellung und nicht auf dem der Zerstörung lagen. Einen Augenblick dachte er an Hanry, aber sein Freund würde nicht hier sein. An diesem Ort wurden Soldaten, Diener, Adlige und andere Bewohner der Burg behandelt. Er ließ den Blick umherschweifen und zählte drei Heiler. Allerdings konnten in anderen, privaten Zimmern und Behandlungsräumen weitere Fadenwirker sein.
    Er ließ seine Kräfte in Richtung der Heilerin strömen, die ihm am nächsten war, und tastete in ihren Strukturen herum. Sie hielt in ihrem Tun inne und runzelte die Stirn, da sie wohl die fremde Anwesenheit bemerkt hatte. Rasch sammelte er einige Fäden in ihrem Fuß und drehte sie. Es gab ein Knacken und ein saugendes Geräusch, als ihr Knöchel wie eine blutige, missgebildete Pflaume hervortrat. Sie kreischte und stürzte. In den Betten richteten sich Kranke auf und schauten nach, was passiert war. Die anderen zwei Fadenwirker kamen herbeigeeilt, knieten sich neben sie und sahen sich die Verletzung an. Die verletzte Fadenwirkerin umklammerte ihren Fuß und blickte sich mit Tränen in den Augen um, weil sie wissen wollte, von wo der Angriff gekommen war. Ihr Blick blieb auf Forger haften, und er zwinkerte ihr zu. Dann ergriff er das Bett, vor dem sie alle hockten, und warf es mitsamt dem Kranken darin über sie. Er ballte sie zu einer Kugel aus Fleisch und gebrochenen Knochen zusammen und ließ sie gegen die Wand gegenüber krachen.
    Schnell machte er sich an die Arbeit. Es war leichter, so hatte er überlegt, Menschen Qualen zu bereiten, die schon Schmerzen litten. Man konnte auf die richtigen Stellen drücken, die richtigen Knochen brechen, den richtigen Druck ausüben und auf diese Weise starkes Unbehagen in Schmerzen verwandeln. Außerdem waren die Anwesenden hier nicht in der Lage, viel Widerstand zu leisten.
    Er lief von Bett zu Bett und setzte seine Hände ein, um Schmerzen zu bereiten, während er gleichzeitig Gegenstände fliegen ließ – Skalpelle und Scheren flogen so wild durch die Luft, dass er einige Male selbst davon getroffen wurde. Vor allem erreichten sie jedoch diejenigen, auf die er gezielt hatte. Die Gegenstände zerschlitzten Gesichter oder bohrten sich in Augäpfel.
    Ein Soldat, der offensichtlich außer einer verbundenen Verletzung am Arm unverwundet war, rannte auf ihn zu, und als er an einem Spiegel vorbeikam, machte Forger eine Geste in die Richtung und riss ihn von der Wand, sodass der Mann von Glassplittern getroffen wurde. Danach wandte er sich wieder dem jungen Kerl zu, der sich unter ihm wand, und grub seine Daumen tiefer hinein. Der Tod trat einen Moment später ein, aber es hatte sich gelohnt. Trotz der Kürze hatte der Junge in seinen letzten Augenblicken einen klaren, tiefen Schmerz verspürt. Forger ging weiter und deutete auf einen Kranken, der fast am ganzen Körper verbunden war. Er zog die Verbände straff, bis neue Blutflecken auftauchten. Beim nächsten Bett fummelte eine alte Frau an der Ecke ihres Lakens herum, als wäre es das Einzige, was ihre Flucht verhinderte.
    Bemitleidenswert.
    Sie war höchstens für ein paar anständige Schläge gut, deshalb trommelte er auf ihre Gliedmaßen ein. Die Kraft durchflutete ihn und drängte von innen gegen seine Haut, weil die Muskeln zu groß wurden.
    Er durchquerte den Raum, so schnell er konnte, und hinterließ bespritzte Wände und rutschigen Boden hinter sich. Jeder Versuch von Gegenwehr war lächerlicher als der vorangegangene. Zwei weitere Fadenwirker kamen aus anderen Räumen, und diese brachte er sofort um. Dabei befriedigte es ihn sehr, dass er ihre Zaubersprüche, die sie ihm entgegenschleuderten, so schnell entschärfen konnte.
    »Kaum ein Kribbeln«, knurrte er, als einer davon den Blutfluss in seinen Adern verlangsamen wollte. Im Gegenzug ließ er ihr Blut aus allen

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