Der Hexer - NR21 - Krieg der Götter
Band 21
Krieg der Götter
Das Wesen bewegte sich träge in der Strömung. Sein Leib, aufgequollen und unförmig, erinnerte eher an ein von der Brandung zerschlagenes Stück Treibholz, eingewoben in ein Netz von Fäden und knotigen Anhängseln, die sich erst bei genauerem Hinsehen als Gliedmaßen erwiesen. Endlos lange hatte es wie tot dagelegen, nicht geatmet, sich nicht bewegt. Nur die Strömung hatte dann und wann mit einem seiner Glieder gespielt, die mächtigen, ledrigen Schwingen gepackt und entfaltet oder seinen gewaltigen Leib gegen den Felsen geschleudert. Und doch lebte es. Ein schreckliches, unheiliges Leben...
Die Welt des Hexers
Krakatau, die Insel, auf die es Robert Craven verschlagen hat, ist dem Tode geweiht. Der mächtige Vulkan, für die Eingeborenen ein Gott, für Dagon Mittel zum Zweck, die THUL SADUUN zu erwecken, steht kurz vor seinem Ausbruch. Eine Explosion, die fast die gesamte Insel vom Antlitz der Erde tilgen wird.
Howard Lovecraft und Kapitän Nemo, die Robert in die Vergangenheit gefolgt sind, wissen davon; sie kennen sogar den genauen Zeitpunkt der Katastrophe. Robert, der seinen »Freund« Shannon aus Dagons Händen befreien will, bleiben knapp 24 Stunden, um zur NAUTILUS zurückzukehren.
Hätte er geahnt, wie sehr seine Freundschaft zu Shannon enttäuscht würde – er hätte sich den Weg erspart. Denn in Shannons Körper wohnt ein anderer Geist; ein abgrundtief böser Geist, den Robert nur zu gut kennt: Necron, der Herr der Drachenburg. Er und Dagon haben sich verbündet, doch jeder von ihnen sieht nur den eigenen Nutzen in dieser Partnerschaft. Fast gelingt es Robert, die beiden gegeneinander auszuspielen. Fast...
Zur selben Stunde erwacht rund um die NAUTILUS das Grauen: untote Piraten tauchen auf und kapern das holländische Kriegsschiff ZUIDERMAAR, das neben Nemos Boot vor Anker liegt. Welche Rolle die lebenden Leichen in diesem Spiel der Götter innehaben, wird (noch) nicht klar; jedenfalls entern sie die ZUIDERMAAR, setzen deren Mannschaft auf Krakatau ab und segeln davon, ohne daß Nemo es verhindern kann.
Da bittet, besser zwingt Jennifer, Dagons ehemalige Braut, die Besatzung der NAUTILUS zu einem unerhörten Wagnis. Sie verlangt, daß Howard sie und das Boot weiter zurück in die Vergangenheit bringt – um 250 Millionen Jahre! Was sie damit bezweckt? Howard kann es nur vermuten. Mit ihrer Hilfe schafft er die furchtbare Anstrengung, die ihn fast das Leben kosten wird.
In den Lavahöhlen unter dem Krakatau muß Robert inzwischen hilflos mitverfolgen, wie Dagon und Necron beginnen, die THUL SADUUN zu erwecken, als plötzlich... Jennifer aus dem Lavapfuhl auftaucht. Dieselbe Jennifer, die noch Minuten und doch Jahrmillionen zuvor in den Krater des Vulkanes stieg. Aber es ist nicht die Jennifer, die Dagon zu seiner Braut machte und die Robert damals rettete. Es ist eine Hülle – eine neue Schachfigur im Krieg der Götter – eine weitere Gestalt des Wesens, das Robert schon an Bord des Weltenschiffes DAGON beistand.
Es vereitelt die Zeremonie, doch Necron entkommt durch ein hastig errichtetes Tor. Mit dem zweiten SIEGEL DER MACHT...
* * *
Jetzt, nach einer Ewigkeit, öffnete es träge ein Auge. Die Bewegung hätte auf jeden Beobachter harmlos gewirkte ein Reflex vielleicht auf den Schmerz, den ihm die scharfkantigen Felsen zufügten, gegen die es immer wieder geworfen wurde.
Aber das war es nicht.
Es war schlimmer. Tausendfach schlimmer. Wie der erste Stein, der noch harmlos zu Tal rollt und doch eine vernichtende Lawine auslösen kann, war dieser eine Lidschlag der erste Akt in einem Geschehen, das sehr wohl das Schicksal der ganzen Welt verändern mochte. Der erste Schritt, den es wenig später tat, war der erste Zug in einem Krieg, der hier, auf dieser unscheinbaren kleinen Insel in der Sundastraße, seinen Anfang nehmen sollte.
Noch ahnte niemand etwas davon. Noch spürten die Menschen, die hoch über der Höhle das Erwachen der Sonne beobachteten, allenfalls eine gewisse Beunruhigung, die sie sich nicht zu erklären vermochten – aber der Krieg der Götter hatte in diesem Augenblick begonnen.
* * *
Über der Insel brannte der Himmel. Tiefhängende, von glühender Vulkanasche blutigrot gefärbte Wolken brodelten wie kochender Nebel dicht über den Wipfeln der Urwaldriesen. In fast regelmäßigen Abständen erzitterte die Erde wie unter dem Tritt eines unsichtbaren Giganten, und manchmal zerrissen grelle Blitze die dräuenden Wolken.
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