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Der Hobbnix - Die große Tolkien-Parodie: Roman (German Edition)

Der Hobbnix - Die große Tolkien-Parodie: Roman (German Edition)

Titel: Der Hobbnix - Die große Tolkien-Parodie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.R.R.R. Roberts
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und hüllten alles im Zuge eines ausgefeilten Aprilscherzes in hauchdünne Spinnweben ein. Oder eine Spinne wurde gerufen, wenn eine Frau von ihrem leichtfertigen Bräutigam im Stich gelassen wurde. Die Spinne bedeckte dann das Brautgemach sowie die Braut mit Spinnweben, auf dass sie angemessen und stilecht unglücklich sein konnte.
    Doch trotz dieser Handelsbeziehungen waren die Spinnen bei den Völkern im Flachland jenseits des Waldes nicht sonderlich beliebt. Ganz im Gegenteil: Die Leute hassten sie. Nicht alle Leute, aber die meisten. Schlimmer noch, diejenigen Leute, die Spinnen mochten, waren – es muss einmal gesagt werden – Freaks. 39 Alle vernünftigen oder zumindest halbwegs normalen Leute hassten die Spinnen aus einer instinktiven, scheinbar angeborenen Abneigung heraus. Sie schreckten zurück, sie kreischten, sie rannten weg oder riefen Dinge wie, »Iiiiiii! Igittigittigittigitt! Helga! Helga! Kannst du mal rüberkommen und mir helfen, Schatz? Da ist ein riesiges Monster von einer Spinne im Wohnzimmer …« Selbstverständlich trieben die Leute Handel mit den Spinnen, denn Leute treiben mit jedem Handel, der etwas hat, was sie haben wollen. Trotzdem hielten die Leute sie eigentlich für absolut eklige Scheusale.
    Was sie ja auch waren. Selbst die Nettesten unter ihnen.
    Das ungünstige Klima, was die öffentliche Meinung betraf, hatte seinen Niederschlag im Seelenleben der Spinnen gefunden. Die Spinnen des Dunkelwaldes waren mit der Zeit immer verbitterter geworden. Jahrelang waren sie unspezifisch verbittert gewesen, bis eine der ihren eines Tages ein paar sozialistische Traktate und kommunistische Schlüsseltexte 40 von einer Reise mitgebracht und die gesamte Kommune politisiert hatte. Von dieser Stunde an waren die Spinnen nicht mehr länger nur verbittert gewesen, sondern hatten sich zu neidvollen, komplexbehafteten 41 Linken entwickelt. Auf einmal wurden ihnen aufs Empfindlichste die in der Gesellschaft vorherrschenden Vorurteile gegen Spinnen bewusst. Sie erkannten die repressive ideologische Positionierung der Spinnen im kulturellen System von Obermittelerde und dass die ›Spinne‹ darin die Position des gesellschaftlichen Sündenbocks einnahm, das ›Andere‹ darstellte, mit dessen Hilfe der faschistische Staat seine eigene soziale Identität definierte. Und warum? Warum?! Ich will es euch sagen, Genossinnen und Genossen, einzig und allein aus dem Grund, dass Spinnen die archetypischen proletarischen Individuen sind: unermüdliche Arbeiter, von deren ausgebeuteter Arbeitskraft die anderen profitieren; nicht zuletzt die Schädlingsbekämpfungs- und die Textilindustrie. Genossinnen und Genossen, macht euch nichts vor, wir haben es hier mit ungezügeltem imperialistischen Vorurteilsdenken gegen proletarische Vielbeinigkeit und natürliche Körperbehaarung zu tun. Genossinnen und Genossen, es ist höchste Zeit, dass Spinnen gemeinsam kämpfen, dass sie eine Gewerkschaft gründen und mit ihrem Protest auf die Straße gehen! Spinnen aller Länder, vereinigt euch! Wir haben nichts zu verlieren außer unseren klebrigen Fäden.
    Als Bingo erkannte, in welch ernsthaften Schwierigkeiten er und seine Begleiter steckten, war er zunächst heilfroh darum, dass sein Arm nicht mehr festgebunden war. Mit der Zeit musste er jedoch feststellen, dass die Schnur zu stark und zu klebrig war, um sie mit der freien Hand zu lösen. Das Einzige, was seine langen, mühsamen Befreiungsversuche ihm einbrachten, waren abgebrochene Fingernägel. Er blickte Hilfe suchend um sich, doch alles, was er mit seinem freien Arm erreichen konnte, war eine Hand voll Blätter.
    Der Hobbnix kam zu dem Schluss, dass der Weg aus der Gefangenschaft für sie nur durch diplomatische Verhandlungen zu bewerkstelligen sei.
    »Hey!«, rief er. »Hallo! Entschuldigung!«
    Eine der dickeren Spinnen löste sich aus dem allgemeinen Spinnengewühl und kam mit ihrer glänzenden Spinnenvisage ganz nah an Bingos Gesicht heran. »Ja?«
    »Werter Herr, o mächtiges Spinnenwesen, ich habe mich gefragt«, setzte Bingo mit leicht zitternder Stimme an, »ob ich eventuell kurz mit eurem ehrfurchtgebietenden und weithin gefürchteten Monarchen sprechen dürfte – König oder Königin, ich weiß es nicht. Eben der gewaltige Herrscher, der euer erhabenes Volk regiert. Natürlich nur, wenn Ihr es mir gestattet, Sir.«
    Dies war genau die falsche Art, mit Spinnen zu sprechen.
    Lange Zeit betrachtete die Spinne Bingo nur mit ihren mannigfachen roten Augen. Der

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