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Der Hochwald

Der Hochwald

Titel: Der Hochwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Felsenstock entdecken können, der der Blockenstein heißt - oder wäre es nicht gar noch schöner, ehe der Winter kommt, geradewegs selber einen Spaziergang in jene anmuthigen Wildnisse zu machen?«
    Ein zu Tode erschrockener Blick schlug aus den Augen Johanna's gegen den Vater empor, und traf auf das freundlich fragende Vaterauge. Er stand auf, und ging einige Male unruhig im Zimmer auf und nieder, dann vor sie tretend, die mit Angst jede seiner Bewegungen hütete, sagte er ernst und liebreich: »Johanna, liebes furchtsames Reh - - und dennoch muß es sein, wir werden alle zusammen jene Wälder besuchen - - - - antworte noch nicht; - - es thut Noth, Kinder, daß ich euch eröffne, was wir diesen Sommer fürgesorgt haben. Dieser Brief ist aus Rosenberg - hier einer aus Goldenkron - dieser von Prag - dieser aus Meißen und endlich einer aus Baiern. Ich habe euch stets mit Nachrichten aus den Kriegsfeldern verschont, daß euer Herz nicht mit Dingen beleidiget werde, die ihr lieber nicht wisset; aber ich habe ein Netz über alle Kriegsplätze gesponnen, daß ich stets Kenntniß der schwebenden Sache behielt und Voraussicht der künftigen - es geschah zu Frommen des Vaterlandes, und zu eurem Schutze, wie es ja Gott zu meiner lieben väterlichen Pflicht gemacht. Man bereitet noch vor Winter eine Unternehmung gegen die obern Donauländer vor, deren rechter Flügel bestimmt ist, über unsre Berge zu gehen - diese Schweden kennen meinen Namen gar wohl - und auch, wenn sie ihn nicht kennten, so ist aller Grund zu glauben, daß sie unser Haus mitfegen werden und die ersten Schneeflocken des künftigen Winters werden wahrscheinlich auf seine schwarzgebrannten Mauertrümmer fallen - mag es - das Haus werden wir wieder aufbauen, und für euch habe ich nach bester Meinung gesorgt. Wie ich es mit Geld und Geldeswerth veranstaltet, werde ich später darlegen - jetzt, was wichtiger -
von euch
. Es liegt ein Platz im Hochwalde, ich kenne ihn längst, so einsam, so abseit alles menschlichen Verkehrs, daß kein Pfad, kein Fußtritt, keine Spur davon erspählich ist, überdem unzugänglich an allen Seiten, außer einer, die zu verwahren ist - sonst aber wundersam lieblich und anmuthsreich, gleichsam ein freundliches Lächeln der Wildniß, ein beruhigender Schutz- und Willkommensbrief. Auf diesem Platze steht ein Haus, das ich diesen Sommer zimmern ließ, allbereits schön und wohnlich für euch eingerichtet; denn dort werdet ihr wohnen, bis es hier wieder hergestellt und gefahrlos ist. Kein Mensch kennt dessen Dasein; denn die es zimmerten, sind mir dreifach verbunden: vorerst weil ich sie in Eid und Pflicht nahm, dann weil sie mir als Unterthanen seit Jahren mit Liebe zugethan gewesen, und endlich, weil ich nur solche Leute wählte, die mir zufällig vor längerer Zeit schon ihre ganze Baarschaft eingehändigt, daß ich sie als Aufbewahrtes neben meinem Eigenthume schütze, bis die Kriegsgefahr vorüber. Diese werden sich wohl hüten, durch Verletzung ihres Eides mir Schaden zuzuwenden. Sie wurden alle über einen sehr steilen Felsenweg dahingeführt, der aber nun durch gesprengte Steine unzugänglich ist. Wir werden einen weitern Weg durch bisher unbetretenen Wald einschlagen, wo ich es viel bequemer vermuthe, da der Boden eben ist, und der Ritter meint, der Wald müsse dort sehr dünne sein, daß man sogar vielleicht reiten könne. Wo es sodann beschwerlicher wird, dort werden wir von einem Führer, der eines andern Weges von seiner Heimath herüberkommen wird, erwartet werden, und für euch wird eine Sänfte bereitet sein. Der Wald, wenn auch Urwald, ist so schön und traulich, wie bei uns, und Menschen werdet ihr die ganze Zeit eures Aufenthaltes daselbst nicht sehen, außer die zu euch gehören. So habe ich gesorgt, und ich glaube, daß es gut sei. - - - Und nun, Kinder, redet.«
    Beide, todtenstill, sahen ihn an.
    »Nun, Johanna,« sagte er lächelnd, »thut es dir so leid um deine Stube hier? Sieh, die dortige ist gerade so gebaut, und so eingerichtet wie die - - Nun?«
    Mit ordentlicher Mühe preßte sie schüchtern die Worte heraus: »Aber ein Mörder und Wildschütze ist dort.«
    Der Vater zuckte unwillig auf bei diesen Worten, sagte aber dann sehr gelassen und fest: »Es ist keiner dort. Leid ist es mir aber sehr, äußerst unangenehm ist es mir, daß das widersinnige Gerücht auch in
eure
Stube Eingang gefunden. Es ist keiner dort, glaubt es mir; denn die drei ganzen Monate, die der Ritter abwesend war, hat er mit Felix den

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