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Der Hund kommt - Roman

Der Hund kommt - Roman

Titel: Der Hund kommt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Noestlinger
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systematisch vor. Ich fange bei Hausnummer eins an. Pro Haus werde ich garantiert fünfzehn Minuten brauchen!« Der Polizist zwinkerte dem Wirt und der Wirtin zu und verließ die Wirtsstube.
    »Da wir Hausnummer 24 haben ...«, sagte der Wirt zu seiner Frau, »... kann der Hund noch lange schlafen«, sagte die Wirtin zu ihrem Mann.
    Am späten Nachmittag fuhr ein Traktor aus dem Hof vom Wirtshaus. Auf dem Traktor saß der Wirt. Auf dem Anhänger, oben auf einem riesigen Heuhaufen, saßen die Carmen-Anna und die Lolita-Eva. Gerade als der Polizist durch die Vordertür das Wirtshaus betrat, fuhr der Traktor zum hinteren Tor hinaus.
    Bis weit vor das Dorf fuhr der Traktor. Bei einem Güterweg machte er Halt. Der Hund – samt Borsalino, Reisetasche, Koffer, Wanderniere und Schal – kroch aus dem Heu. Er rief dem Wirt »besten Dank« zu, warf den Wirtstöchtern eine Kusshand zu und bog in den Güterweg ein. Der Traktor machte kehrt, die Carmen-Anna und Lolita-Eva, oben auf dem Heuhaufen, weinten bitterlich hinter dem Hund her.
    Der Hund marschierte den Güterweg entlang. Ihm war auch nach Tränen zumute. Ganz einsam und verlassen kam er sich vor. Er versuchte ein Lied zu pfeifen, um sich ein wenig aufzuheitern, aber jeder Pfiff wurde ein Schluchzer.
    Plötzlich war hinter dem Hund Motorenlärm. Ein Auto kam gefahren. Der Hund drehte sich nicht um. Er war sich ganz sicher: Das ist der Polizist! Jetzt werde ich verhaftet!
    Der Hund versuchte gar nicht, sich im Gebüsch am Wegrand zu verstecken. Er stellte sein Gepäck ab, hob die Vorderpfoten und wartete auf die Verhaftung.
    Das Auto hupte, brauste auf den Hund zu und blieb neben dem Hund stehen.
    »Steigen Sie ein«, rief der Bär zum Wagenfenster hinaus.
    Der Hund tat sein Gepäck in den Kofferraum und setzte sich neben den Bären. Der Bär gab Gas und fuhr weiter. Der Hund dachte, der Bär wolle bloß eine geeignete Stelle zum Wenden suchen. Als sie aber bereits an einem Dutzend Stellen vorbeigefahren waren, die zum Wagenwenden tadellos geeignet gewesen wären, dämmerte dem Hund, dass ihn der Bär gar nicht ins Dorf, zur Polizei, zurückbringen wollte. Aber zu fragen, wohin der Bär mit ihm fuhr, wagte er nicht.
    Der Bär fuhr drauflos, bis der Güterweg bei einer kleinen Waldlichtung aufhörte. Er stieg aus dem Wagen und holte ein riesiges Bündel aus dem Kofferraum. Das Bündel war ein Zelt. Der Bär begann das Zelt aufzustellen. Er sagte vergnügt: »Hier bleiben wir, bis Gras über die Sache gewachsen ist! Dann ziehen wir weiter. Sind Sie einverstanden, werter Hund?«
    »Wir?«, fragte der Hund.
    »Natürlich nur, wenn Sie nichts gegen meine Begleitung einzuwenden haben«, sagte der Bär.
    »Aber Sie müssen doch in die Schule zurück«, sagte der Hund.
    Der Bär schüttelte den Schädel. »Man hat mich vorübergehend vom Dienst suspendiert«, sagte er. »Wegen Kurzsichtigkeit. Weil ich einen Widder nicht von einem Hund unterscheiden kann. Und wegen Schlampigkeit. Weil ich nicht weiß, wohin der Klassenschrank gekommen ist. Das muss alles erst geklärt werden. Und die Behörden klären langsam. Und in einem halben Jahr wär ich ohnehin in Pension gegangen. Und das Leben ist zu schade, um es im Lehnstuhl zu versitzen, bis ein paar Halbaffen irgendeinen Unfug geklärt haben!«
    »Ganz meine Ansicht«, sagte der Hund und half dem Bären beim Zeltaufstellen. Der Bär stimmte ein fröhliches Lied an, und der Hund pfiff dazu die zweite Stimme, ohne einen einzigen Schluchzer pfiff er.

4. Kapitel
Der Hund im Krankenhaus
    Über eine Woche blieben der Hund und der Bär im Wald. Dem Bären gefiel das Waldleben. Dem Hund machte es weit weniger Spaß. Er mochte den Bären zwar sehr gern und hatte auch nichts gegen die Waldeseinsamkeit, aber er hatte den Durchfall bekommen, weil es nun einmal nicht Hundsart ist, von Beeren, Pilzen, wildem Honig und Kräutern zu leben. Außerdem wurde es in den Nächten im Zelt immer sehr kalt, und der Hund hatte von der Kälte ein steifes Kreuz bekommen.
    Der Hund jammerte nicht über seine Beschwerden, doch der Bär merkte, dass es seinem Freund schlecht ging. So sprach er eines Morgens: »Lieber Hund, wir brechen die Zelte ab. Du brauchst ein warmes Bett und Fleisch auf den Teller!«
    Der Hund seufzte tief. »Lieber Bär«, sagte er, »besser Dünnpfiff mit Hexenschuss in Freiheit als Gulaschsuppe mit warmer Pritsche im Gefängnis. Vergiss nicht, dass ich von der Polizei gesucht werde!«
    »Hab ich nicht vergessen«, sprach der Bär. »Wir

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