Belials Braut
Ja, verrückt nach ihr. Sie würde sich melden und ihre E-Mail schicken. Das hatte sie ihm versprochen. Das hatte sie auch getan. Abend für Abend. Manchmal sogar am Tag, wenn er nicht damit gerechnet hatte. Für heute hatte sie ihm eine Botschaft versprochen. Verbunden mit einer Nachricht, die alles verändern sollte.
Hart trommelten die Regentropfen gegen die Scheibe. Das war ihm alles egal. Das Wetter spielte überhaupt keine Rolle. Ob die Sonne schien oder der Regen fiel, dem Computer machte das nichts aus, ihm ebenfalls nicht. Wenn er mit Angelina Kontakt bekam, waren die äußeren Umstände zweitrangig.
Wilson kannte sie nicht. Sie ihn schon, denn er hatte ihr auf die Homepage ein Foto von sich gescannt. Das war schon ein verfluchter Augenblick gewesen. Voller Spannung hatte er gewartet, gezittert und gebebt, aber sie hatte ihn nicht fallen lassen, obwohl er – das gestand er sich selbst ein – alles andere als eine Schönheit war und bestimmt nicht zu den attraktivsten Männern zählte.
Wie sah sie aus?
Genau diese Frage beschäftigte ihn. Und sie hatte versprochen, ihm die Antwort zu schicken. Am frühen Abend sollte sie ihn erreichen. Endlich ein Bild von ihr.
Craig hatte sich schon die tollsten Vorstellungen gemacht. Attraktiv zu sein ist keine Schande. Er liebte die Schönheit der Frauen. Er war ein Mensch, der oft ins Kino ging oder vor der Glotze die entsprechenden Videofilme sah. Schöne Frauen spielten immer die Hauptrollen. Seine Ideale vom Aussehen einer Frau hatte er sich von der Leinwand geholt. Es wäre ein Traum gewesen, wenn sie tatsächlich dem nahe kommen würde. Er konnte sich nicht vorstellen, was er dann tun würde.
Craig musste warten. Eine Zeit hatten sie nicht abgemacht. Je mehr Minuten vergingen, umso nervöser wurde er. Am frühen Abend hatte sie sich immer gemeldet, der war jetzt angebrochen. Aber sie hatte sich nie auf eine Uhrzeit festlegen lassen. Sie wollte ihre Selbstständigkeit behalten.
Wenn er sich im Spiegel anschaute, dann musste er oft genug tief durchatmen. Es war schlimm. Er war schon zum Lachen. Von einem attraktiven Menschen konnte nicht die Rede sein. Er sah wild aus, auch älter. Das lag an seinem Haar, das sich an der vorderen Seite bereits stark verflüchtigt hatte. So etwas nannte man eine Stirnglatze. Dazu gehörte das runde Gesicht mit den zu dicken Lippen und den ständig geröteten Wangen, als wäre er immer aufgeregt.
Er schnaufte. Der Schweiß von seinen Händen wollte nicht weichen. Wilson wartete auf das leise Klingeln, das ihm die E-Mail ankündigte. Dieses Geräusch war für ihn das Schönste auf der Welt.
Der Regen trommelte nicht mehr so stark. Gut, da war es ruhiger in der Dachwohnung. Draußen hatte der Herbst seine Fühler ausgestreckt. Die Temperaturen waren gesunken. Sie bewegten sich bereits in den kühleren Bereichen. Dennoch war es in Wilsons vier Wänden warm. Er empfand die Luft sogar als stickig. Selbst der Computer schien ihm eine gewisse Wärme entgegen zu strahlen.
Sie kam. Sie würde kommen. Sie musste kommen. Wäre er gläubig gewesen, dann hätte er gebetet. Aber er war es nicht. Er glaubte nur an das, was er sah. Und sie würde er sehen. Sie war so herrlich. Zumindest stellte er es sich vor und...
Ein Gong!
Nicht sehr laut, aber auch nicht zu überhören. Genau das Zeichen, auf das er gewartet hatte. Er bekam eine Mail, und er wusste, dass nur sie die Botschaft schicken konnte.
»Angelina«, flüsterte und merkte, dass ihm ein Schauer über den Rücken rieselte. »Angelina – das kam von Engel, und er konnte sich vorstellen, ein engelsgleiches Wesen zu sehen. Wie die Models, die über die Laufstege schritten. Einige von ihnen waren für Craig das Synonym für Schönheit.
Er starrte auf den Text.
»Wir werden uns sehen«, flüsterte er die Worte mit. »Wir werden uns heute noch sehen, und du wirst mich auch erkennen.«
Mehr hatte sie ihm nicht gemailt. Aber schon diese wenigen Worte hatten ihn glücklich gemacht. Sein Herz schlug schneller. Er hatte das Gefühl, von einer gewaltigen Kraft gepackt worden zu sein. Craig wusste auch, dass sie nicht log.
Dann sah er sie!
Plötzlich erschien ihr Foto auf dem Schirm. Wie bestellt und von Zauberhand eingetroffen. Craig riss die Augen auf. Ihm stockte der Atem, denn was er sah, das war Wahnsinn...
***
Es war Angelina. Ja, das war sie. Er glaubte nicht, dass sie ihm eine falsche Aufnahme zugeschickt hatte. Sie war es und keine andere. Und sie war schöner, als er es sich
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