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Der Hund kommt - Roman

Der Hund kommt - Roman

Titel: Der Hund kommt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Noestlinger
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1. Kapitel
Der Hund und das Schwarzer-Peter-Schwein
    Als die Kinder vom Hund erwachsen waren und die Frau vom Hund gestorben war, ging der Hund von zu Hause fort. Für immer und ewig ging er fort. Er verkaufte das Haus und den Apfelbaumgarten. Die Briefmarkensammlung und den Fernsehapparat, die Bücher, und das Ölgemälde von der Oma verkaufte er auch. Mit einem roten Koffer in der rechten Vorderpfote und einer blauen Reisetasche in der linken Vorderpfote ging er fort. Den schwarzen Borsalino 1) hatte er aufgesetzt und den gestreiften Schal hatte er um den Hals gewickelt – dreimal rundherum, damit die Enden nicht am Boden nachschleiften. Um den Bauch hatte sich der Hund die grüne Wanderniere gebunden.
    1) Borsalino – das ist ein besonders eleganter Hut. Fremde Wörter, die nicht jeder gleich versteht, werden hinten im Buch erklärt.
    In die weite Welt hinaus wollte der Hund. »Ich habe schon so lange gelebt und noch nicht viel erlebt«, hatte sich der Hund gesagt. Und vielleicht, hatte er sich dabei gedacht, vielleicht wartet man auf mich in der weiten Welt, vielleicht braucht man mich.
    Der Hund konnte ja auch allerhand! Er war geprüfter Tischlermeister und pfiff neun Lieder perfekt. Er war begabt fürs Rosenveredeln und fürs Kakteengroßziehen, hatte ein Diplom im Rettungsschwimmen und ein Diplom für Brandbekämpfung. Er kochte Eiernockerln, Gulasch und Vanillepudding tadellos, und im Stricken mit vier verschiedenen Wollfäden war er ganz große Klasse. Von Schifffahrt, Landwirtschaft und Sternenkunde verstand er auch ein wenig. Der Hund war also durch und durch gut zu brauchen. Und kräftig und schnell zu Fuß war er auch. Und hellhörig und weitsichtig und von äußerst feinem Geruchssinn.
    Die Sonne ging gerade am Horizont auf und färbte den Himmel himbeerrot, als der Hund das Haus verließ. Den Haustorschlüssel legte er unter die Türmatte. Das hatte er mit dem Esel, dem er das Haus verkauft hatte, so ausgemacht. Bis gegen Mittag wanderte der Hund querfeldein drauflos. Dann schlugen von irgendwoher Kirchturmglocken zwölfmal.
    »Zeit zum Mittagessen, meine ich!«
    Der Hund redete gern mit sich selbst. Das hatte er sich nicht erst angewöhnt, seit die Kinder aus dem Haus waren und seine Frau tot war. Schon als Kind hatte er gern mit sich selbst geredet. Die anderen hatten ihn deswegen oft ausgelacht. Aber so dumm, dass er wegen ein bisschen Auslachen auf eine liebe Angewohnheit verzichtet hätte, war er nie gewesen!
    Für die Mittagsrast suchte sich der Hund einen schattigen Platz unter einem großen Kastanienbaum aus. Er setzte sich auf die blaue Reisetasche. Die zwei Kissen und die Steppdecke waren in der Reisetasche. Da saß er sehr weich drauf. Den roten Koffer legte er vor sich auf den Boden. Aus der grünen Wanderniere holte er ein Geschirrtuch und breitete es über den Koffer. Beinahe einen richtigen Tisch hatte er nun! Dann holte er aus der Wanderniere noch ein Messer und eine Gabel, einen Teller und eine Papierserviette, eine Flasche Bier und fünf Zipfel Wurst, ein Paket Milch und einen Becher Schokopudding, ein Glas Sauerkraut und ein Stück Zwetschgenkuchen, zwei Ölsardinen und eine Tube Senf, ein Eckerl Butter und drei Scheibchen Käse.
    Sonst aß der Hund nie so ein kunterbuntes Mittagessen! Das waren bloß die Sachen aus seinem Eisschrank. Den hatte er ausgeräumt, bevor er weggegangen war, denn der Esel hatte sich geweigert, den Eisschrankinhalt gegen Aufzahlung von 23 Schilling fünfzig zu nehmen.
    »Lieber Hund, was soll ich mit dem Zeug?«, hatte er gewiehert. »Das kann ich mir in die Haare schmieren! Ich fress nur Gras und Heu! Mein Bester, für mich ist das keinen Groschen wert!«
    Das war gelogen! Ganz gierig hatte der Esel auf die Bierflasche und den Schokopudding und den Zwetschgenkuchen gelinst. Nur die 23 Schilling fünfzig hatte er sich ersparen wollen. Und da hatte sich der Hund gedacht: Zu den Geizigen soll man geizig sein! Damit sie merken, dass sie mit ihrer Lebensart nicht weiterkommen, und sich ändern!
    »Dann eben nicht, bester Esel!«, hatte er zum Esel gesagt.
    Der Esel hatte ihm zum Abschied auf den Rücken geklopft und gemeint: »Na ja, so wünsche ich Glück fürs weitere Leben! Und falls Sie vor Ihrer Abreise nicht alles aufessen, können Sie es ruhig im Eisschrank lassen. Ich nehme Ihnen die Mühe, das Zeug in den Abfallkübel zu werfen, gern ab!«
    »Das tät dir so passen«, hatte der Hund hinter ihm hergemurmelt. »Keine Käserinde lass ich da, kein

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