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Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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ließ und mit Verwunderung bemerkte, daß diese neue Geschichte nur ihm allein unbekannt sei.
    In der Tat, die Aufregung und Spannung war allgemein. Der Fürst war höchst verwundert, daß diese seine rein persönliche Angelegenheit bereits das Interesse aller Anwesenden in so hohem Grad erregt hatte.
    »Es wird sehr gut sein, wenn Sie diese Angelegenheit sogleich und persönlich erledigen«, sagte Aglaja, die mit besonders ernstem Wesen zum Fürsten hintrat. »Und uns allen wollen Sie, bitte, erlauben, Ihre Zeugen zu sein. Man will Sie mit Schmutz bewerfen, Fürst; Sie müssen sich feierlich rechtfertigen, und ich freue mich schon im voraus herzlich für Sie.«
    »Auch ich würde wünschen, daß diese garstige Prätention endlich einmal zu Ende käme!« rief die Generalin. »Gib es ihnen ordentlich, Fürst; schone sie nicht! Ich habe schon so viel von dieser Affäre hören müssen, und es ist mir oft genug die Galle übergelaufen. Aber es wird interessant sein, diese Menschen einmal anzusehen. Rufe sie herein, und wir wollen uns wieder hinsetzen. Aglajas Rat war gut. Haben Sie von dieser Angelegenheit etwas gehört, Fürst?« wandte sie sich an Fürst Schtsch.
    »Gewiß, ich habe davon gehört, und zwar bei Ihnen. Aber es reizt mich ganz besonders, mir diese jungen Leute anzusehen«, erwiderte Fürst Schtsch.
    »Es sind wohl Nihilisten, nicht wahr?« fragte Lisaweta Prokofjewna.
    »Nein, Nihilisten sind sie eigentlich nicht«, sagte Lebedjew vortretend; auch er zitterte vor Aufregung; »es ist eine andere, besondere Sorte. Mein Neffe hat mir gesagt, sie gingen weiter als die Nihilisten. Wenn Euer Exzellenz etwa meinen, diese Leute durch Ihre Gegenwart verlegen zu machen, so würde das ein Irrtum sein; die werden nicht verlegen. Die Nihilisten sind doch manchmal kenntnisreiche Leute, sogar gelehrte Leute; aber diese hier gehen weiter, weil sie vor allem materielle Interessen im Auge haben. Es ist das eigentlich eine Folgeerscheinung des Nihilismus, wenn auch keine unmittelbare, sondern nur eine indirekte: sie kennen den Nihilismus nur vom Hörensagen. Diese Leute sprechen sich nicht in einem Zeitungsartikel aus, sondern schreiten sofort zur Tat; es ist zum Beispiel nicht davon die Rede, ob Puschkin sinnlos ist, oder ob Rußland in seine Teile zerfallen muß; nein, diese Menschen betrachten es jetzt geradezu als ihr Recht, wenn sie nach etwas Verlangen tragen, vor keinem Hindernis haltzumachen, und wenn sie acht Personen dabei abmurksen müßten. Aber, ich würde Ihnen doch nicht raten, Fürst ...«
    Indes der Fürst ging schon zur Tür, um sie den Besuchern zu öffnen.
    »Sie verleumden die Leute, Lebedjew«, sagte er lächelnd; »Sie haben sich zu sehr über Ihren Neffen geärgert. Glauben Sie ihm nicht, Lisaweta Prokofjewna! Ich versichere Ihnen: Leute wie Gorski und Danilow 1 sind nur seltene Ausnahmen; diese Leute hier ... sind nur in einem Irrtum befangen. Aber es wäre mir nicht lieb, wenn die Sache hier in Gegenwart aller verhandelt würde. Verzeihen Sie also, Lisaweta Prokofjewna; sie werden hereinkommen, ich werde sie Ihnen zeigen und dann wegführen. Treten Sie näher, meine Herren!«
    Was ihn beunruhigte, war vielmehr ein anderer, ihm peinlicher Gedanke. In seinem Kopf war die Frage aufgetaucht: war nicht vielleicht diese ganze Sache von jemandem künstlich im voraus arrangiert, gerade zu dieser Zeit und Stunde, wo diese Zeugen zugegen waren, und zwar vielleicht arrangiert in der Erwartung, daß sie nicht mit seinem Triumph, sondern mit seiner Beschämung enden werde? Aber er war ganz betrübt über diesen »ungeheuerlichen, schändlichen Argwohn«. Er müßte ja, meinte er, vor Scham in die Erde sinken, wenn jemand erführe, daß er so etwas denke; und in dem Augenblick, als die neuen Besucher eintraten, war er aufrichtig bereit zu glauben, daß er in sittlicher Hinsicht auf einem weit niedrigeren Standpunkt stehe als irgendeiner der übrigen Anwesenden.
    Es traten fünf Personen ein; vier davon waren die neuen Gäste, und als fünfter folgte ihnen General Iwolgin, ganz ereifert, in Aufregung und in einem starken Anfall von Redelust. »Der wenigstens ist auf meiner Seite!« dachte der Fürst lächelnd. Kolja schlüpfte mit den andern zusammen herein. Er sprach eifrig mit Ippolit, der zu den Ankömmlingen gehörte; Ippolit hörte ihn an und lächelte.
    Der Fürst bat die Besucher, Platz zu nehmen. Sie waren fast alle noch ein so jugendliches, von der Volljährigkeit noch so weit entferntes Völkchen, daß

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