Die Penthouse-Affaere
PROLOG
Weg.
Es war alles weg.
Das Geld war längst ausgegeben. Im letzten Jahr hatte er auch das Londoner Apartment verloren, ebenso wie die Villa in Frankreich und den roten Ferrari. Alles der Launenhaftigkeit des Rouletterades geopfert.
Es war eine Krankheit, sicher, das wusste er. Doch ganz gleich, wie sehr er sich auch bemühte …, er fand kein Heilmittel.
Letzte Nacht hatte er die eine Sache verloren, von der er sich geschworen hatte, dass er sie nie beim Glücksspiel einsetzen würde. Er hatte seine Familie hintergangen und im Stich gelassen, auf die verabscheuungswürdigste Art.
Er umklammerte das Lenkrad fester. Er fuhr einen Mietwagen, für ein eigenes Auto hatte er schon lange kein Budget mehr. Die Haarnadelkurven der Bergstraße, die ihn von Monte Carlo wegführte, nahm er fast instinktiv. Das Mittelmeer glitzerte einladend blau dort unten. Er kannte die Straße in- und auswendig, und er wusste schon jetzt, dass er – so sehr er sich auch anstrengen mochte, es nicht zu tun – heute Abend zurückkommen würde. Wenn das Fieber in ihm so heiß brannte, dass er es nicht mehr aushielt, dann kehrte er jedes Mal an den Spieltisch zurück.
Wie sollte er jemals wieder seinem Vater unter die Augen treten können? Seinem Vater – und Robin. Wie sollte er seinen Verrat rechtfertigen?
Er konnte es nicht. Nach all dem Kummer, den er ihnen schon bereitet hatte, konnte er es nicht.
Und das blaue Meer da unten sah so einladend aus …
Vielleicht sollte er einfach bei der nächsten Kurve das Lenkrad nicht einschlagen. Vielleicht war das die einzige Heilung von der Krankheit, die ihn nicht losließ, die ihn verzehrte mit ihrem glühenden Fieber, die ihn in ihren Klauen hielt und immer wieder zu Fortuna zurücklockte.
Doch Fortuna hatte ihn verlassen …
Vorbei.
Es war aus und vorbei.
Ihre Träume, ihre Hoffnungen …, sie waren nichts mehr wert, seit sie wusste, dass Pierre sie nie geliebt hatte. Er hatte nie die Absicht gehabt, ihretwegen seine Frau zu verlassen.
Vor einem Jahr hatte er ihr seine Liebe erklärt, und sie hatte ihm geglaubt. Ihr war gleich gewesen, dass er verheiratet war, sie wollte nichts anderes, als mit ihm zusammen sein, von ihm geliebt werden, ihn lieben.
Sie war so sicher gewesen, dass der Sohn, den sie ihm vor drei Monaten geboren hatte, ihm den endgültigen Anstoß geben würde, den er brauchte, um sich von seiner Frau zu trennen. Stattdessen hatte dieser Feigling seiner Frau alles gebeichtet und auf Knien um Vergebung gefleht, damit sie ihn nicht hinauswarf.
Ihr armer kleiner Sohn.
Ihr Marco.
Mit seiner Geburt hatte sie Schande über ihre Familie gebracht. Und das alles für nichts und wieder nichts. Pierre liebte sie nicht. Letzte Nacht, nachdem sie sich geliebt hatten und sie matt und zufrieden in seinen Armen lag, hatte sie ihn noch einmal gebeten, zu ihr und dem gemeinsamen Sohn zu kommen, und da hatte er ihr die Wahrheit eröffnet – dass er sie nicht liebte, dass sie nichts als eine weitere Eroberung war. Nur eine weitere Affäre auf einer langen Liste von Affären.
Tränen rannen ihr unablässig über die Wangen, als sie die Straße hinauf zurück nach Monte Carlo und dem Hotel fuhr, das ihrer Familie gehörte. Sie fuhr zurück zu ihrem Kind. Ihrem wunderbaren Kind. Ihrem vaterlosen Kind.
Marco würde es ohne sie besser haben!
Sie hatte kein Herz mehr, jetzt, da es in tausend Scherben zerbrochen war. Es würde nie mehr heilen.
Wenn es sie nicht mehr gab, dann würde sich Cesare, ihr Bruder, um Marco kümmern. Er würde Marco den Makel nehmen, der dem Jungen seit dem Tag seiner Geburt anhaftete. Cesare würde ihn wie einen eigenen Sohn lieben, und nichts und niemand würde Marco je verletzen können.
Konnte sie es? Konnte sie das Ganze hier und jetzt beenden?
Den unerträglichen Schmerz beenden, den Pierres Zurückweisung ihr zugefügt hatte.
Seine Lügen waren es, die sie bis an diesen Punkt der Verzweiflung getrieben hatten.
Sein Betrug an einer Liebe, die für sie so märchenhaft und perfekt gewesen war.
Sie sah auf das tief unten liegende azurblaue Mittelmeer, das so verlockend in der Sonne glitzerte. Ja, entschied sie, sie konnte es. Sie konnte den Wagen über die Klippen lenken und den Schmerz ein für alle Mal beenden …
Er konnte nicht ahnen, dass ihm ein Wagen entgegenkam. Ihm blieb gerade noch Zeit zu registrieren, dass keiner von beiden das Lenkrad einschlug, um die Kurve zu nehmen. Die beiden Autos stießen frontal zusammen, Metall krachte
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