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Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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versichern; nur ergab ich mich ihnen nicht, sondern lief vor ihnen davon, haha! Ich bin wirklich vor ihnen davongelaufen.«
    »Ich habe gehört, Väterchen, daß Sie damals mit der schönen Gräfin Lewizkaja von Wien nach Paris durchgingen und Ihren Posten verließen, und nicht vor einem Jesuiten flohen«, bemerkte die alte Bjelokonskaja.
    »Na, eigentlich doch vor einem Jesuiten; es kommt doch so heraus, daß ich vor einem Jesuiten floh!« erwiderte der Alte, bei der angenehmen Erinnerung lächelnd. »Sie sind, wie es scheint, sehr religiös, was man jetzt bei einem jungen Menschen so selten antrifft«, wandte er sich freundlich an den Fürsten Ljow Nikolajewitsch, der mit offenem Mund zuhörte und immer noch ganz überrascht war; der Alte wünschte offenbar, den Fürsten näher kennenzulernen; dieser begann ihn aus gewissen Gründen sehr zu interessieren.
    »Pawlischtschew war ein heller Geist und ein Christ, ein wahrer Christ«, sagte der Fürst plötzlich; »wie konnte er nur einen unchristlichen Glauben annehmen? Der Katholizismus ist geradezu ein unchristlicher Glaube!« fügte er mit blitzenden Augen hinzu, indem er vor sich hinschaute und alle Anwesenden gleichsam mit einem Blick zusammenfaßte.
    »Na, das ist denn doch zuviel gesagt«, murmelte der Alte und blickte Iwan Fjodorowitsch erstaunt an.
    »Wieso soll denn der Katholizismus ein unchristlicher Glaube sein?« fragte Iwan Petrowitsch, sich auf seinem Stuhl umwendend. »Und was für ein Glaube ist er denn?«
    »Erstens ist er ein unchristlicher Glaube!« erwiderte der Fürst in großer Erregung und mit übermäßiger Schärfe. »Das ist das erste; und zweitens ist der römische Katholizismus sogar schlimmer als der Atheismus selbst; das ist meine Meinung! Ja, das ist meine Meinung! Der Atheismus predigt nur das Nichts; aber der Katholizismus geht weiter: er predigt einen entstellten Christus, einen durch Verleumdung und Beschimpfung karikierten Christus, das reine Gegenteil von Christus! Er predigt den Antichrist, das schwöre ich Ihnen, das versichere ich Ihnen! Das ist meine persönliche, langgehegte Überzeugung, die mir schon viel Pein bereitet hat ... Der römische Katholizismus glaubt, daß ohne eine universale Herrschgewalt die Kirche auf Erden nicht bestehen kann, und ruft: ›Non possumus!‹ Meiner Ansicht nach ist der römische Katholizismus überhaupt kein Glaube, sondern einfach eine Fortsetzung des weströmischen Kaisertums, und es ist bei ihm alles, vom Glauben angefangen, dieser Idee untergeordnet. Der Papst hat ein Land in Besitz genommen, einen irdischen Thron bestiegen und das Schwert ergriffen; seitdem geht alles in dieser Art weiter; nur haben sie zum Schwert noch die Lüge, die Intrige, den Betrug, den Fanatismus, den Aberglauben und das Verbrechen hinzugefügt; sie haben mit den heiligsten, aufrichtigsten, schlichtesten, wärmsten Empfindungen des Volkes gespielt; alles, alles haben sie für Geld, für gemeine weltliche Macht hingegeben. Und das wäre nicht die Lehre des Antichrists?! Wie hätte da nicht der Atheismus von ihnen ausgehen sollen? Der Atheismus ist von ihnen ausgegangen, geradezu aus dem römischen Katholizismus! Der Atheismus hat zuallererst mit ihnen selbst angefangen: konnten sie denn auch sich selbst Glauben schenken? Er gewann dann aus dem gegen sie bestehenden Widerwillen Stärke; er ist ein Produkt ihrer Lüge und geistigen Kraftlosigkeit! Der Atheismus! Bei uns sind es bisher nur die höheren Schichten, die ihre Wurzel verloren haben und nicht mehr glauben, wie Jewgeni Pawlowitsch neulich sehr schön gesagt hat; aber dort, in Westeuropa, hören schon gewaltige Massen des eigentlichen Volkes auf zu glauben, früher aus Unwissenheit und Unwahrhaftigkeit, aber jetzt schon aus Fanatismus und aus Haß gegen die Kirche und gegen das Christentum.«
    Der Fürst hielt inne, um Atem zu schöpfen. Er hatte furchtbar schnell gesprochen. Er war blaß und hatte keine Luft. Alle wechselten Blicke miteinander; aber endlich begann der Alte herzlich zu lachen. Fürst N. nahm seine Lorgnette heraus und betrachtete den Fürsten unverwandt. Der deutsche Dichter kam aus seiner Ecke hervorgekrochen und näherte sich mit einem unangenehmen Lächeln dem Tisch.
    »Sie ü-ber-trei-ben sehr«, sagte Iwan Petrowitsch, dieses Wort in die Länge ziehend, in etwas gelangweiltem Ton; es klang sogar so, als ob er sich über etwas schämte; »auch in der dortigen Kirche gibt es höchst achtungswerte, tu-gend-hafte Vertreter ...«
    »Ich habe

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