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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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starr auf Ihrem Fleck stehen? Was habe ich denn an mir, das eine solche Wirkung hervorbringen könnte?«
    »Nun los! Los!« trieb Ferdyschtschenko, der fortfuhr, Gesichter zu schneiden, den Fürsten an. »Los doch! O mein Gott, was für schöne Dinge würde ich auf eine solche Frage antworten! Nun los doch!... Wenn Sie da nicht reden, sind Sie ja der reine Tölpel, Fürst!«
    »Auch ich würde eine Menge reden, wenn ich Sie wäre«, antwortete der Fürst lachend. »Ihr Bild, das ich vor kurzem sah, hat auf mich einen starken Eindruck gemacht«, fuhr er, zu Nastasja Filippowna gewendet, fort. »Dann habe ich mit Jepantschins von Ihnen gesprochen... und schon heute früh, noch ehe ich in Petersburg ankam, hat mir Parfen Rogoshin viel von Ihnen erzählt... Gerade in dem Augenblick, als ich Ihnen die Tür öffnete, hatte ich an Sie gedacht, und da standen Sie plötzlich vor mir.«
    »Aber woher wußten Sie denn, wer ich war?«
    »Nach dem Bilde und ...«
    »Und woher noch?«
    »Außerdem deswegen, weil ich Sie mir gerade so vorgestellt habe... Auch mir ist, als hätte ich Sie schon irgendwo gesehen.«
    »Wo denn? Wo denn?«
    »Ich habe die Empfindung, als hätte ich Ihre Augen schon einmal irgendwo gesehen... aber es ist unmöglich! Ich bilde es mir nur ein ... Ich bin nie hier gewesen. Vielleicht daß ich im Traume...«
    »Bravo, Fürst!« rief Ferdyschtschenko. »Nein, ich nehme mein se non é vero zurück. Übrigens... übrigens sagt er das ja alles in reiner Unschuld!« fügte er bedauernd hinzu.
    Der Fürst hatte jene wenigen Sätze mit unruhiger Stimme gesprochen, mehrfach stockend und häufig dazwischen Atem holend. Sein ganzes Wesen bekundete eine hochgradige Erregung. Nastasja Filippowna blickte ihn neugierig an, lachte aber nicht mehr. In diesem Augenblick ertönte plötzlich hinter der Gruppe, die dicht geschart um den Fürsten und Nastasja Filippowna herumstand, eine neue kräftige Stimme, schob sozusagen die Gruppe in zwei Hälften auseinander und schuf in ihr eine Gasse. Vor Nastasja Filippowna stand das Oberhaupt der Familie selbst, General Iwolgin. Er hatte den Frack und ein reines Vorhemd angelegt und sich den Schnurrbart frisch gefärbt.
    Das war mehr, als Ganja ertragen konnte.
    Selbstsüchtig und eitel bis zur Nervosität, bis zur Hysterie, hatte er diese ganzen zwei Monate nach Mitteln gesucht, sich ein anständigeres, vornehmeres Renommee zu geben. Er fühlte, daß er auf dem gewählten Wege noch ein Neuling war und vielleicht nicht imstande sein werde, ihn dauernd einzuhalten. In seiner Verzweiflung war er schließlich dazu gelangt, bei sich zu Hause, wo er der reine Despot war, sich ganz brutal zu benehmen, wagte dies aber nicht in Gegenwart Nastasja Filippownas zu tun, die ihn bis zu diesem Augenblick immer in Verwirrung gesetzt und erbarmungslos tyrannisiert hatte. Einen »ungeduldigen Bettler« hatte sie selbst ihn genannt, eine Bezeichnung, die ihm hinterbracht worden war, und er hatte sich hoch und heilig geschworen, ihr das alles später einmal heimzuzahlen, obwohl er gleichzeitig manchmal kindlich davon geträumt hatte, alles in Ordnung zu bringen und alle Gegensätze zu versöhnen. So stand die Sache, und nun mußte er jetzt noch diesen schrecklichen Becher leeren, und noch dazu gerade in einem solchen Augenblick! Eine unvorhergesehene, aber für einen eitlen Menschen ganz besonders furchtbare Folter sollte er erdulden: die Qual, für seine Angehörigen im eigenen Hause erröten zu müssen! In diesem Augenblick ging ihm der Gedanke durch den Kopf: ›Ist denn überhaupt der in Aussicht stehende Preis all diese Mühe und diese Schmerzen wert?‹
    Jetzt vollzog sich das, was ihm während dieser zwei Monate nur nachts in beängstigenden Träumen vor das geistige Auge getreten war und ihn mit eisigem Schreck, mit glühender Scham erfüllt hatte: es fand endlich im Familienkreis ein Zusammentreffen zwischen seinem Vater und Nastasja Filippowna statt. Er hatte manchmal in spöttischer Selbstverhöhnung versucht, es sich auszumalen, was für eine Figur der General bei dem Trauakt machen würde, hatte aber nie vermocht, sich das qualvolle Bild vollständig zu vergegenwärtigen, sondern es immer rasch wieder beiseite geschoben. Vielleicht machte er sich von dem ihm erwachsenden Schaden maßlos übertriebene Vorstellungen, aber so geht es eitlen Menschen stets. In diesen zwei Monaten hatte er sich die Sache überlegt, seinen Entschluß gefaßt und sich fest vorgenommen, seinen Vater um jeden Preis

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