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Der indische Fluch

Der indische Fluch

Titel: Der indische Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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ich.
    "Du solltest dein Gesicht sehen! Es ist kreidebleich, so als wärst du gerade dem Leibhaftigen begegnet!"
    Ich versuchte entspannt zu wirken und ging auf ihn zu.
    "Komm, Josh. Laß uns zum Dinner gehen."
    "Ich hoffe nur, dieser eingebildete Manager läßt mich ein paar Bilder von der Tafel machen!"
    Ich sah an ihm hinab und mein Blick fiel auf den Flicken, der seine ausgefransten Jeans zierte. Auch sein Hemd und das zerknitterte Jakett hatten schon bessere Zeiten gesehen.
    "Josh, ich hoffe, daß man dich in diesem Aufzug überhaupt an den Tisch läßt!" erwiderte ich, woraufhin sein Mund erst einmal einen Augenblick offenstand.

    *
    Wir gingen den langen, nur spärlich erleuchteten Flur hinunter. Mein Blick glitt die kalten Steinwände entlang, an denen ebenfalls Landschaftsgemälde in verschiedener Größe hingen.
    An einem der Rahmen fielen mir Spinnweben auf...
    Das feine graue Gespinst ließ mich innerlich zusammenzucken, obwohl ich wußte, daß es eigentlich keinen vernünftigen Grund gab, sich davor zu fürchten.
    Aber da ging es mir, wie den meisten Menschen.

    Die Klaviermusik schwoll indessen wieder etwas an.
    "An einem Ort wie diesem könnte ich nicht leben", meinte Josh. "Ich frage mich, ob man nicht zwangsläufig zum Selbstmörder wird, wenn man tagtäglich in dieser deprierenden Umgebung zubringt - mit diesen schrecklichen Bildern an den Wänden. Von der Musik gar nicht zu reden..."
    "Mr. Stanton ist ein berühmter Pianist", wamdte ich ein.
    "Mag sein. Aber ich hoffe trotzdem, daß er nicht die ganze Nacht übt!"
    Wir hatten eine Biegung erreicht. Eine breite Treppe führte von dort aus nach unten in den hell erleuchteten Empfangsraum.
    Ich blieb stehen, ohne erklären zu können, weshalb eigentlich. Ich hatte einfach in dieser Sekunde das Gefühl, beobachtet zu werden. Unbehagen erfaßte mich. Ich drehte mich herum und blickte in das Halbdunkel des spärlich erleuchten Flurs hinein.
    Unwillkürlich zuckte ich zusammen, als ich dort eine schattenhafte Gestalt sah.
    Josh faßte mich am Arm. "Linda..."
    Dem Umriß nach war es eine Frau, die ein fließendes Gewand trug. Lautlos bewegten sich ihre Füße über den kalten Steinboden. Sie entfernte sich. Das Licht fiel auf ihr dunkles Haar.
    Ihr Gewand war rot wie Blut.
    Am Ende des Flurs, wandte sie den Kopf zur Seite und ich sah das Gesicht. Es war sehr ebenmäßig und feingeschnitten wie das einer Statue. Ein Gesicht von fast überirdischer Schönheit. Die exotisch wirkenden Züge erkannte ich sofort wieder und die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag.
    Sie ist es!
    Die Frau aus dem Wald...
    Ihre Augen blitzten herausfordernd.
    "Warten Sie!" rief ich und lief mit schnellen, entschlossenen Schritten den Flur entlang.
    Hinter mir hörte ich Josh, der mir folgte.
    "Linda..."
    Die Frau hatte das Ende des Flurs erreicht und bog um die Ecke.
    "So bleiben sie doch stehen!" rief ich.
    Nur einen Augenblick später hatte ich die Ecke ebenfalls erreicht. Der Flur endete dort in einem Erker, in dem eine kleine Sitzgruppe aufgestellt war.
    Der Puls schlug mir bis zum Hals. Verzweifelt sah ich mich um, aber von der jungen Frau war nicht das geringste zu sehen. Sie schien buchstäblich wie vom Erdboden verschluckt zu sein.
    "Du hast sie doch auch gesehen, oder?" wandte ich mich an Josh.
    Er machte ein ziemlich ratloses Gesicht.
    "Da war jemand, ja...", murmelte er.
    "Es war die Frau, die uns heute Abend beinahe vor die Kühlerhaube gelaufen wäre!"
    "Hm..."
    "Josh, ich bin mir sicher!"
    "Die Beleuchtung ist hier ziemlich schlecht", erwiderte Josh, suchte nach einem Lichtknopf und fand ihn schließlich.
    Eine zusätzliche Lampe ging an, die alles etwas heller machte.
    Die Sitzgruppe war überzogen von Spinnweben, so als wäre hier seit vielen Jahren kein Mensch mehr gewesen. Nur mit Mühe konnte ich einen Aufschrei unterdrücken, als ich das grauweiße Gespinst sah. Mein Herz schlug wie wild.
    "Komm, Linda", sagte Josh. "Hier ist jedenfalls niemand. Das ist eine Tatsache."
    "Aber sie kann doch nicht so einfach verschwinden..."
    Josh schwieg.
    Schritte halltem im nächsten Moment im Flur wider.
    Es war Edward, der Butler. Er ging mit bewegungslosem Gesicht auf uns zu. Offenbar hatte er unsere Stimmen gehört.
    Er musterte uns kurz und erklärte dann: "Ich soll Sie zum Dinner abholen!" Sein Blick fiel dann mit einem verständnislosen Gesichtsausdruck auf die Spinnweben.
    Mit hastigen Handbewegungen zerstörte er die Netze. Sein Gesichtsausdruck wirkte

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