Leslie Garber
Der indische Fluch
Unheimlicher Roman
© by Alfred Bekker
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Ein CassiopeiaPress Ebook
Ausgabejahr dieser Edition: 2011
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Das weiche Licht des Feuers ließ die Schatten auf ihren Gesichtern tanzen. Wie gebannt und noch immer voller Angst blickten sie auf das, was sie vollbracht hatten. Eine Mischung aus Furcht und Grausamkeit blitzte in ihren Augen.
"Pembroke Manor soll brennen!"
"Nieder mit der indischen Hexe!"
"Brennen soll sie, die Teufelin!"
Lodernde Flammen erhellten jene mondlose, wolkenverhangene Nacht des Jahres 1829. Wie die roten Zungen eines vielköpfigen Dämons leckten sie aus den Fenstern von Pembroke Manor heraus, einem alten, aus massivem Stein erbautem Landhaus in der Nähe Edinburghs. Das graue, auf jeden Betrachter etwas einschüchternd wirkende Gemäuer würde diesen Brand zweifellos überleben...
Aber das Innere brannte zwangsläufig völlig aus.
Ein Mob von aufgebrachten, mit Mistgabeln und Sensen bewaffneten Bauern aus der Umgebung stand in ehrfurchtsvollem Abstand. Vereinzelt ertönten noch jene barbarisch grausamen Rufe, aber die meisten Anwesenden waren jetzt still geworden.
Die Hitze schlug ihnen entgegen.
"Sie hat es verdient, die Hexe!" rief einer aus der Menge mit rauher, heiserer Stimme.
Und eine Frau murmelte mit grimmigen, wutverzerrten Gesicht vor sich hin: "Ratami soll büßen! Büßen für alles, was sie uns angetan hat. Mein totgeborenes Kind..." Sie sprach nicht weiter, sondern lehnte sich an die Schulter ihres Mannes, eines rothaarigen, breitschultrigen Kerls mit blauen Augen, der in der Linken eine Sense hielt.
Schaurige Schreie waren aus dem grauen Gemäuer des Landhauses zu hören und ließen die Bauern erschaudern.
"Noch ist sie nicht tot", flüsterte einer von ihnen und in seiner Stimme klang Furcht mit. "Und wer weiß, ob sie uns nicht auch noch über ihr Ende hinaus heimsucht, diese indische Teufelin!"
"Von den Toten ist noch keiner zurückgekehrt!" raunte ein anderer.
In diesem Moment trat ein dunkel gekleideter Mann mit graumeliertem Haar und strengem, durchdringendem Blick aus der Menge hervor. Unter dem Arm trug er eine Bibel, aber sein Gesicht war so verzerrt wie die Fratze eines heidnischen Götzenbildes.
"Der Reverend...", raunte die Menge.
"Reverend Morley!"
"Seht nur..."
Reverend Morley hob die Hand mit der Bibel darin und im selben Moment erstarb das Gerede der Menge.
"Gott gab mir die Gabe, Satan in seinen vielen Masken zu erkennen!" rief der Reverend dann, wobei seine Augen fanatisch leuchteten. Er deutete auf das brennende Landhaus.
"Wir alle waren im Bann des Bösen, das in Gestalt der indischen Hexe in diese Gegend kam! Viele von uns haben ihren Einfluß am eigenen Leib zu spüren bekommen... Denkt an die Mißernten und die Seuchen, die euer Vieh hinweggerafft haben.
Aber nun wird es damit vorbei sein! Das Böse vergeht im Feuer und George Pembroke, der das Übel hier her holte, muß nun dafür büßen! Aber das ist nichts weiter als die Gerechtigkeit des Herrn!"
Zustimmendes Gemurmel erhob sich unter den Anwesenden, ehe es einem erstaunten Raunen wich, das sich in Windeseile in der Menge verbreitete.
Die Menschen wichen unwillkürlich ein Stück zurück, während auf der Stirn des Reverends tiefe Falten erschienen.
Auch er wandte sich nun den grauen Mauern von Pembroke Manor zu. Wie einen Schirm setzte er die Hand schützend über die Augen.
Reverend Morley erschrak.
Sein Mund öffnete sich halb vor Entsetzen und auch er wich unwillkürlich einen Schritt zurück.
An einem der Fenster war die Gestalt einer Frau zu sehen.
Sie war in dem Flammenmeer gefangen. Es gab keinen Ausweg für sie.
"Ratami...", flüsterte Morley.
Dann nahm er eine Bewegung war. Im nächsten Moment flog etwas hartes, metallenes durch die Luft und landete etwa zehn Schritte vor dem Reverend auf dem Boden. Morley senkte kurz den Blick.
Im Schein des Feuers sah er einen Armreifen, der mit drei roten Rubinen besetzt war, die eigentümlich zu funkeln schienen.
"Ich verfluche euch!" rief indessen eine durch Haß und Schmerz verzerrte Frauenstimme aus dem Flammenmeer heraus.
"Ich verfluche euch! Auf ewig wird euch meine Rache verfolgen! Euch und dieses Land!"
Ein schauerlicher Schrei folgte,