Der innere Zwang
Pfeifend trat Jerome in den frühen Morgen hinaus, atmete den kalten Sauerstoff in seine noch warmen Lungen, die sich bald schmerzhaft zusammen zogen. Der Laut seines Pfeifens erstarb und gab seinem Körper die Zeit sich an die Kälte zu gewöhnen.
Jeromes Weg führte ihn wie jeden Morgen zum nächsten Bäcker, um sich dort seinen ersten Kaffee des Tages einzuverleiben, bevor er dann zur Arbeit ging.
Freundlich lächelnd begrüßte ihn Betty Sue, befeuchtete verlegen ihre Lippen und bereitete, ohne auf eine Bestellung zu warten, seinen Kaffee vor.
So mochte er es, ohne viele Worte zu verlieren bezahlte Jerome. Er brauchte das belebende Getränk dringend, so waren die letzten Nächte nicht erholend, eher nervenzerreißend. Eine Stimme suchte ihn heim, flüsterte ihm Dinge zu, die ihn fast um den Verstand brachten.
Bilder entstanden vor seinem geistigen Auge, die Jerome zwischen Ekel und Faszination schwanken ließ. Es waren blutige Bilder von Frauen, er mit einem Gewehr und blutverspritzter Kleidung. Tief durchatmend sah er ein letztes Mal zu Betty Sue, dann verließ er das Geschäft.
Ihr Anblick verschafften ihm neue Bilder und diese Stimme flüsterte ihm grausige Details in seinen Verstand. „Du musst sie töten, wenn du mich loswerden willst. Jag sie, treib sie bis zur Verzweiflung, lass sie fliegen und fang sie wieder ein. Schlitz ihr den Bauch auf, vom Bauchnabel bis hin zur Brust. Ergreife ihr Herz und spüre das pulsierende Leben in deiner Hand.“
Geschockt ließ Jerome den Kaffee fallen, presste sich seine Hände auf die Ohren und versuchte so, der Stimme Einhalt zu gebieten. Doch wusste er, es hatte keinen Sinn.
Fast schon erschöpft betrat Jerome das Bürogebäude, in dem er arbeitete, genoss die warme Luft der Heizgeräte und schloss die Augen.
„Guten Morgen Mister Standfort!“, glockenhell ertönte die Stimme der Dame am Empfang und als er seine Augen öffnete, zierte ein Lächeln seine Lippen.
„Jerome, was machen wir im Wald?“, verwundert sah ihn die Empfangsdame an und doch zierten ihre Wangen eine blasse Röte, die langsam den intensiven Ton ihres Halstuches annahm. Er musste sich zusammenreißen und sich nicht dem Versuch hingeben, ihr Blut rauschen zu hören. Es war spät am Abend, bald würde die Geisterstunde eingeläutet und genau diese Zeit sollte es sein, so sagte es die Stimme. Langsam ging Jerome um seinen Wagen herum, öffnete den Kofferraum. „Du hast zehn Minuten!“, zwinkerte er Ann Marie zu, die ihn mit gerunzelter Stirn ansah, bis sie das Gewehr erblickte, was er aus dem hinteren Teil des Autos zog. „Oh Gott!“, hauchte ihre erstickte Stimme, einige Schritte schwankte sie nach hinten, bis ihr ein Baumstamm Einheit gebot. „Was hast du vor?“ Tausend Gedanken schwirrten durch ihre Gehirnstränge. Die Erinnerungen an das wundervolle Abendessen, den Spaziergang am Fluss und dann die Fahrt hier her. Lange hatte Ann Marie davon geträumt, dass er ihr Aufmerksamkeit schenke, doch so hatte sie es sich nicht vorgestellt.
„Lauf Ann Marie!“, weiteten sich Jeromes Augen und einem Impuls ihres Körpers folgend rannte sie los.
Der erste Sturz dauerte nicht lange, dank ihrer hohen Schuhe, die sie sofort von den Füßen trat, wieder auf den Beinen, rannte sie weiter. Einfach weg, ohne zurück zu sehen. Schweißperlen drangen aus allen Poren, das Adrenalin machte sich in ihrem Körper breit.
Jerome lächelte breit, es waren nicht einmal fünf Minuten vergangen, als er sich auf den Weg machte. Das würde eine wundervolle Nacht werden und in einem der schönsten Sonnenaufgänge enden, die er wohl je erlebt hatte.
Langsam schlich sich die Sonne über den Horizont, vertrieb die Dunkelheit und somit die Nacht. Jerome setze das Gewehr an seiner Schulter an, schloss das linke Auge und betätigte den Abzug, der Schuss von einem Schalldämpfer dem Geräusch geraubt. Lediglich ein Schrei durchbrach die noch herrschende Ruhe des Waldes, zerstörte die friedliche Atmosphäre.
Doch weiterhin blieb Ann Marie auf ihren Beinen, versuchte einen Ausweg zu finden, rational zu denken, was ihr von Sekunde zu Sekunde schwerer fiel.
Jerome schmunzelte, lauschte der Stimme in seinem Kopf und nickte verstehend. Es war seine Möglichkeit die Stimme los zu werden und er würde sie ergreifen.
Langsam pirschte er sich an die Empfangsdame, deren Kleid zerrissen an ihrem Körper hinab hing. Aus unzähligen Kratzern trat Blut hervor und ihre Atmung ging
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