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Der Jakobsweg

Der Jakobsweg

Titel: Der Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inka Ehrbar
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kleine, dicke, verrunzelte Frau, empfängt mich mit einem Stück Wurst und schenkt Inka ein paar Früchte.
    Kurz darauf marschieren wir in die Stadt ein. Hier müssen wir wieder mal lange nach einem Zimmer suchen. Inka scheint schon ganz zermürbt zu sein und sagt: „Wir versuchen es noch ein Mal.“
    Na bitte, es klappt doch. Wir haben ein Bett und es ist warm. Obwohl es erst halb fünf ist, herrscht in diesem Zimmer tiefe Nacht. Es hat keine Fenster!
    Wir freuen uns trotzdem und bummeln bei strahlendem Sonnenschein durch die Stadt. Inka kauft unterwegs unser Abendessen.
    Tortillas! Nicht schlecht!
    Bis Sonnenuntergang bleiben wir in einem Park; dann geht es in unser Quartier.
    Gute Nacht!
     
    Der Weg aus Los Arcos führt an einem Friedhof vorbei. Ich lese die in Stein gemeißelte Inschrift am Eingangstor: Ich war, was du jetzt bist, du wirst sein, was ich jetzt bin.
    In Gedanken an diesen Text versunken geht es bergauf und bergab, bis wir die kleine, achteckige romanische Kapelle von Torres del Rio erreichen.
    Señora Carmen, eine Frau aus dem Dorf, hat die Tür aufgeschlossen und so können wir die hohe Kuppel bewundern, die von muslimischer Baukunst zeugt.
    Während Christobal und Wendy ein Lied anstimmen, wird mir ganz feierlich zumute. Um keinen Preis möchte ich hier drinnen bleiben und verlasse rasch die Kapelle.
    Hier draußen fühle ich mich mit allem eng verbunden. Es fällt mir schwer zu sagen: mit Gott. Die Sonne streichelt mein Gesicht und hüllt meinen Körper in ein Tuch aus Wärme. Dieses intensive Fühlen ist mir erst jetzt möglich, jetzt, wo ich Zeit im Überfluss habe.
    Der Rucksack macht mir nicht mehr zu schaffen. Sobald ich meine Schultern hochziehe, kann ich loslassen und ganz entspannt sein. Oft habe ich es an Shiatsu-Tagen mit Helene geübt und es klappt auch diesmal. Das Loslassen-Können ist das A und O. Die Gegebenheiten, so wie sie sind, anzunehmen und mit ihnen zu leben, sehe ich als Chance und nicht als unüberwindliches Hindernis.
    Die östliche Philosophie, von der Shiatsu wesentlich geprägt ist, versucht uns die Achtung vor dem, was existiert, beizubringen und veranlasst uns, im Einklang mit allem Geschehen zu handeln. Es ist schwierig für mich, die Dinge und all das, was da ist, ohne Wertung anzunehmen. Ebenso habe ich Mühe mit Menschen, die sich arrogant benehmen und glauben, sich aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung über andere hinwegsetzen zu können. Für mich muss hinter jedem Tun eine Absicht stehen; es muss einen ersichtlichen Grund haben, sonst erscheint es mir nutzlos und nicht effektiv.
    Angesichts meiner Ausbildung im Shiatsu fällt es mir nun wie Schuppen von den Augen: Ich lerne die Welt und damit auch mich neu verstehen. Es gibt Türen, die sich plötzlich für mich auftun, wo ich vorher nur eine nackte Wand oder Grenzen gesehen habe. Alles ist möglich. Der voll aufgeblühte Flieder, der sich schwer neigt, scheint seinen frischen Duft ausschließlich für mich zu verströmen.
    Zeit in Hülle und Fülle zu haben, zu leben, jetzt - das alles beflügelt mich und ich bin unendlich dankbar für meine Gefühle.
     
    Früher als geplant komme ich in der schönen kleinen Stadt Viana an und beschließe bis Logroño zu gehen.
    Die Pilgerherberge befindet sich direkt hinter der Brücke über den Ebro. Das klare „No perro!“ heißt für uns: weiter suchen. Warum schickt man uns fort? Ich kann keinen Sinn darin erkennen.
    Erst später erfahre ich, dass viele Spanier kein Herz für Tiere haben sollen. Besonders Hunde werden zu Tode gequält. Ganz legal. Einfach so. Es heißt, so habe man es schon immer mit den Kreaturen gehalten und spricht von Tradition. Mir kommt es so vor, als befände ich mich im tiefsten Mittelalter.
    Nachdem wir zum sechsten Mal abgewiesen werden, bin ich deprimiert und mache mir Vorwürfe. Bin ich denn so wenig belastbar? Kaum läuft mal etwas anders als erwartet, bin ich geneigt aufzugeben...
    Ich versuche es ein letztes Mal... und eine Abstellkammer ohne Fenster wird unser Quartier für die Nacht.
     

5. Wandertag: Logroño – Nájera – 28 km
     
    Keine Ahnung, wie spät es ist. Von einer kleinen Lampe fällt dämmriges Licht ins Zimmer. Inka scheint bereits seit Stunden auf zu sein, läuft hin und her und stopft ihren Rucksack voll. In meinem Magen rumort es. Ich will hier raus!
    Draußen lacht uns die Sonne viel versprechend entgegen. Könnte ein schöner Tag werden. Doch erst mal weg aus Logroño. Es dauert eine Weite, bis wir die

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