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Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Read
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Bisheute war die Frau so psycho-ehrgeizig auf dem Wasser, dass ich in der vierten Klasse aus reiner Notwehr dem Pony-Club beitrat.
    Pagan war die nautische Tochter, abgesehen von unserem kleinen Halbbruder Trace. Aber nur Pagan und Mom wetteten regelmäßig um hundert Dollar, wer von ihnen schneller den Palstek knotete. Was ich darauf schob, dass Mom meine Schwester nach ihrem ersten Boot benannt hatte, einer kleinen Jolle, die sie 1957 in Oyster Bay versenkte, als sie vor Cooper’s Bluff versuchte, einer plötzlichen Sturmbö davonzusegeln.
    Unser Halbbruder Trace wechselte irgendwann vom Segeln zum Surfen, da er inzwischen mit seinem Vater auf Oahu lebte, wo er zurzeit versuchte, auf der vierten Highschool in ebenso vielen Jahren seinen Abschluss zu machen.
    Ich küsste Mom auf die Wange.
    »Creme dich gut ein«, sagte ich, »und erschreck die Hummer nicht.«
    Pagan und ich begleiteten sie zur Tür.
    An der Treppe drehte sich Mom noch einmal um. »Hoch die Tassen!«, sagte sie und winkte zum Abschied mit den Fingern.
    Sue und ich hatten gerade das letzte Tablett mit Wackelpudding befüllt, als Dean zu uns in die Küche kam.
    »Ich nehme eure Stimmen zum Abendessen auf«, sagte er. »Bis jetzt haben wir eine für Benny’s Burritos und eine für indischen Lieferservice.«
    »Ich hasse Indisch!«, rief Pagan aus dem Wohnzimmer.
    »Banause«, rief Dean zurück.
    »Nehmen wir Pizza«, sagte ich. »Ich bin total pleite.«
    »Ich bin auch für Pizza«, sagte Sue. »Bestellen wir?«
    »Gehen wir zu Fuß«, schlug Dean vor. »Dann müssen wir keine ganzen nehmen.«
    »Cool.« Ich nahm das fertige Wackelpuddingtablett und öffnete mit der Schulter den Kühlschrank.
    Sue schüttelte den Kopf. »Kein Platz.«
    »Das schaffe ich schon«, erwiderte ich. »Nimm die Bustelo-Büchse raus.«
    Sue griff an mir vorbei nach der gelben Kaffeedose. »Das wird trotzdem nichts. Das Ding ist voll.«
    »Wetten doch?«, sagte ich. »Fünf Dollar.«
    Sue nahm mit einem Nicken an. »Topp, die Watte quillt.«
    Ich hob das Tablett auf Augenhöhe und kippte es vorsichtig fünf Zentimeter nach rechts. Zäher Wackelpudding schwappte zum Rand der kleinen Mundspülbecher und wölbte sich, ohne überzulaufen. Dann schob ich das Tablett ganz langsam in den Kühlschrank, wobei ich mit der linken Kante einen Streifen Eiskristalle von der Decke schürfte.
    »Oberflächenspannung«, erklärte ich zufrieden und schloss den Kühlschrank.
    Das nautische Gen mochte mir fehlen, aber ich würde trotzdem niemandem raten, gegen mich zu wetten.
    Abends um neun war die Party in vollem Gange. Jemand hatte Stroboskoplicht mitgebracht, und wir hatten eine alte Funkadelic-CD aufgelegt. »Maggot Brain« wummerte durch die offenen Fenster hinaus in die schwüle Septembernacht. Auf der Feuerleiter saßen ein paar Leute, die Wasserpfeife rauchten, und ein paar weitere Dutzend drängelten sich in Wohnzimmer, Diele, Küche und beiden Schlafzimmern.
    Ich machte gerade die Runde vom Bad zurück und stand mit einem kühlen Bier in der Hand an der Wohnungstür. Zwar musste ich nicht mehr Auto fahren, aber sechs Wodka-Wackelpudding blieben selbst bei mir nicht ohne Wirkung.
    Sues Kumpel Mike hatte unten geklingelt. Ich hielt ihm die Tür auf und streckte den Kopf in den kühlen, ruhigen Flur.
    Bald tauchte sein blonder Kopf auf der Treppe auf, und dann kam der Rest seines schlaksigen Körpers in Sicht, Stufe für Stufe, bis er unseren schmutzigen, mit kleinen gesprungenen Sechsecken gefliesten Flur erreichte.
    »Madeline«, sagte er, »ich glaube, ich bin gerade bei euch im Eingang ausgeraubt worden.«
    »Warte, Mike, wie kannst du dir bei so was nicht sicher sein?«
    Er grinste zur Decke. »Ein Typ auf der Arbeit hatte Spitzenacid. Kann sein, dass es nur ’ne Halluzination war.«
    »Hast du deinen Geldbeutel noch?«, fragte ich.
    Er klopfte sich die Taschen ab, dann seine Jeans, vorne und hinten.
    »Ist weg«, sagte er und grinste noch breiter. »Gott sei Dank.«
    »Mann, du hast Pupillen wie Frisbeescheiben«, sagte ich.
    Er zeigte auf meinen roten Plastikbecher. »Ist das Bier?«
    »Soweit ich weiß.«
    »Würdest du mir was abgeben?«
    »Wenn du reinkommst, kriegst du dein eigenes.«
    Er klopfte mir auf die Schulter. »Ich bin so froh, dass ich dich kenne.«
    Fürsorglich nahm ich seine Hand und führte ihn herein.
    Sue stand in der Küchentür, und die Musik war noch lauter geworden.
    Ich beugte mich zu ihr und schrie ihr ins Ohr: »Mike hat LSD genommen und ist ausgeraubt

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