Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)
Scaggs, Elton John und Fleetwood Mac, unterbrochen vom Gequatsche des Moderators und von Werbung für einen Matratzenausverkauf, während gelegentlich das warme Scheinwerferlicht eines vorbeifahrenden Wagens über meine Decke glitt.
Der Bourbonrausch ließ nach, fühlte sich an wie die Ebbe nach der Flut, und plötzlich hatte ich Hunger. Also stand ich auf und ging wieder hoch. Ich wollte Mom fragen, ob sie auch was essen würde, falls ich irgendwas im Schrank fand.
Ich bewegte mich ohne Licht durch die Küche und das Esszimmer, der Weg war mir auch im Dunkeln vertraut.
Dann stand ich vor Moms Zimmer und wollte gerade klopfen – vorsichtig, falls sie eingeschlafen war –, doch bevor meine Knöchel das Holz berührten, hörte ich sie leise lachen.
»Ich vermisse dich auch«, sagte sie, und am Telefon entstand eine Pause, bevor sie wieder lachte.
Ich ließ die Hand sinken und wandte mich ab.
»Warum kommst du nicht gleich vorbei, Pierce«, sagte meine Mutter. »Ich freue mich auf dich.«
Im Flur unten lag ein Schlafsack im Schrank. Ich nahm ihn und mein Kissen mit und verließ das Haus. Ich brauchte keine Taschenlampe; der Nebel hatte sich gelichtet.
Ich überquerte die nachtblaue Einfahrt, barfuß und lautlos, und dann nahm ich die Wege, die ich als Kind genommen hatte, hinaus in die mondbeschienenen Wälder.
Informationen zum Buch
In New York City lernt Madeline Dare auf einer Party ihre Cousine Cate kennen. Die junge Frau trommelt einmal wöchentlich Freiwillige zusammen, um den Prospect Cemetery, einen heruntergekommenen alten Friedhof in Queens, wieder instand zu setzen. Nicht zuletzt weil ihre eigenen Vorfahren auf dem Friedhof begraben sind, schließt Madeline sich dem Hilfstrupp an und tappt damit mitten hinein in ihren nächsten Fall: Zwischen Laub, weggeworfenen Getränkedosen und Glasscherben entdeckt sie einen kleinen menschlichen Schädel. Madeline verständigt die Polizei. Und bald bestätigt sich ihre schlimmste Befürchtung: Bei ihrem Fund handelt es sich um die Knochen des dreijährigen Teddy, der seit einiger Zeit vermisst und offenbar schwer misshandelt wurde.
Madeline ist gleichermaßen betroffen wie wütend. Wer tötet einen kleinen Jungen und verscharrt seine Leiche auf einem verwilderten Friedhof? Und warum zum Teufel schert das seine Eltern einen Dreck? Der Fall lässt sie nicht mehr los und konfrontiert sie mit ihrer eigenen Jugend, in der vieles anders war, als sie bisher geglaubt hatte …
Informationen zur Autorin
Cornelia Read wuchs in New York, Kalifornien und Hawaii auf. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihren Zwillingstöchtern in Berkeley (Kalifornien). Gleich ihr erster Roman, ›Schneeweißchen und Rosentot‹ ( dtv 24668), wurde zu einem Bestseller und für eine Reihe bedeutender Literaturpreise nominiert (u. a. den Edgar Award). ›Der Junge, den niemand sah‹ ist der dritte Roman der Autorin.
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