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Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Titel: Der Junge, der Ripley folgte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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jetzt, begleiche ich es später.«
    »Zweitausend Dollar… Jetzt bist du frei. Laß dir die Haare wachsen. Du mußt den Paß unterschreiben, quer über dem Foto, ja?« Tom ließ ihn den ganzen Namenszug auf einem Blatt Schreibmaschinenpapier üben. Frank schrieb rasch, eher eckig; Tom sagte, er solle das große B in Benjamin runden und den vollen Namen noch einige Male ausschreiben.
    Schließlich unterschrieb der Junge mit einem von Toms schwarzen Kugelschreibern. »Wie ist das?«
    Tom nickte. »In Ordnung. Wenn du etwas unterschreiben mußt, dann vergiß nicht, dich zu entspannen, damit alles rund wird.«
    Es war Abend, nach dem Essen. Héloïse sah irgendetwas im Fernsehen, Tom hatte den Jungen nach oben gebeten.
    Frank blickte ihn an und mußte ein paarmal rasch blinzeln. »Kommen Sie mit, wenn ich gehe? In eine andere Stadt, meine ich? Eine Großstadt?« Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Ich weiß, es geht Ihnen auf die Nerven – daß ich hier bin, daß Sie mich verstecken. Sie könnten mich in ein anderes Land begleiten und dort einfach allein zurücklassen.« Auf einmal tief betrübt, blickte er zum Fenster, sah dann Tom wieder an. »Irgendwie wäre es schrecklich, hier wegzugehen, Ihr Haus zu verlassen. Aber ich würd’s schon schaffen.« Er stand jetzt kerzengerade, wie um zu zeigen, daß er auf eigenen Füßen stehen konnte.
    »Wohin willst du?«
    »Nach Venedig. Rom vielleicht. Die Städte sind so groß, da kann ich untertauchen.«
    Tom lächelte: Entführungen waren in Italien an der Tagesordnung. »Jugoslawien? Reizt dich das nicht?«
    »Sie mögen das Land?«
    »Ja«, antwortete er, doch sein Ton deutete an, daß er jetzt da nicht hinwollte. »Fahr nach Jugoslawien. Von Venedig oder Rom rate ich ab, wenn du noch eine Weile frei sein willst. Berlin wäre auch eine Möglichkeit. Keine Touristenfalle.«
    »Berlin – da bin ich noch nie gewesen. Würden Sie mitkommen? Nur für ein paar Tage?«
    Die Idee hatte etwas, Tom fand Berlin reizvoll. »Nur wenn du versprichst, hinterher nach Hause zu fliegen«, sagte er ruhig und bestimmt.
    Frank lächelte wieder, so breit wie beim Betrachten des neuen Passes. »Okay, versprochen.«
    »In Ordnung. Wir fliegen nach Berlin.«
    »Kennen Sie die Stadt?«
    »Ich war schon dort, zweimal, glaub ich.« Mit einem Mal war ihm, als hätte Frank ihn aufgegabelt. Ein paar Tage Berlin, das wäre in Ordnung, könnte sogar Spaß machen, und er würde den Jungen nicht aus seinem Versprechen entlassen, von dort aus nach Hause zu fliegen. Vielleicht brauchte er ihn gar nicht daran zu erinnern.
    »Wann soll’s losgehen?« fragte Frank.
    »Sobald wie möglich. Kann sein, schon morgen. Ich werde mich morgen früh in Fontainebleau um die Flugtickets kümmern.«
    »Ich habe noch Geld«, sagte der Junge. Dann wurde er ernst. »Nicht viel, fürchte ich, nur rund fünfhundert Dollar in Franc.«
    »Geld ist nebensächlich, das regeln wir später. Ich sage schon mal gute Nacht, will unten noch mit Héloïse sprechen. Natürlich kannst du später herunterkommen, wenn du willst.«
    »Danke, aber ich denke, ich schreibe jetzt Teresa.« Der Junge schien glücklich.
    »Meinetwegen, aber den Brief werfen wir morgen in Düsseldorf ein, nicht hier.«
    »Düsseldorf?«
    »Maschinen nach Berlin müssen zuerst irgendwo in Deutschland zwischenlanden, und mir ist Düsseldorf lieber als Frankfurt, weil man dort nicht das Flugzeug wechseln muß – nur ein paar Minuten aussteigen, zur Paßkontrolle. Noch eins, ganz wichtig: Kein Wort zu Teresa, daß du nach Berlin fliegst.«
    »Ja.«
    »Sie könnte es nämlich deiner Mutter erzählen, und ich nehme doch an, du willst in Berlin allein bleiben. An der Briefmarke wird sie erkennen, daß du in Deutschland bist, also schreib ihr, du wärst unterwegs nach… Was hältst du von Wien?«
    »Jawohl, Sir!« Frank klang wie ein frisch beförderter Soldat, der freudig Befehle entgegennahm.
    Tom ging nach unten. Héloïse lag auf dem Sofa und schaute Nachrichten. »Sieh dir das an!« sagte sie. »Wie können die sich bloß endlos umbringen?«
    Eine rhetorische Frage. Tom starrte wie leer auf den Bildschirm, wo ein Wohnhaus bombardiert wurde: rote und gelbe Flammenzungen, ein Eisenträger, der durch die Luft flog. Vermutlich der Libanon. Vor ein paar Tagen war es Heathrow gewesen, nach einem Angriff auf El Al. Und morgen die ganze Welt. Tom dachte auch daran, daß Héloïse morgen früh, gegen zehn etwa, von ihrer Mutter das Ergebnis der Krankenhaustests

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