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Der junge Goedeschal - Roman

Der junge Goedeschal - Roman

Titel: Der junge Goedeschal - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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eindringlich, da Hand Hand gepackt hält: »Ich tue es nicht … Bist du auch drauf reingefallen …? Denkst du, so dumm …? Auch ich liebe Leben … Nur zum Drohen, verstehst du … Wenn sie mich strafen wollen …«
    »Sie finden dich?«
    »Nein, nein. Aber versteh doch: für alle Fälle. Nein, nicht für alle Fälle. Ach, versteh doch, Hans! Nein, bist du dumm, bist du dumm!«
    Eifriger dann, wie im Spiegel sah er sich nun, den Posa: »Soll ich hinfallen, flehen? Auf die Knie vor dir? Willst du das? Ich tue es. Ich küsse deine Hand. Aber ich muss ihn haben. Wohin sollte ich denn? Du bist der Einzige doch!«
    »Ich kann nicht …«
    »Du kannst. Keine Briefe mehr. Nichts mehr. Alles bleibt ruhig. Tu es also.«
    »Keine Briefe mehr? Gar nichts mehr? So plötzlich? Nicht noch einer, wenigstens noch einer?«
    »Nein, nein. Es ist genug. Das Ziel ist erreicht. Tue es nun, Hans!«
    Der geht still. Ein Schatten schwankt weiter. Fort. Fort. Dann ist die Nacht wieder da, die er vergaß im brennenden Weh der Empörung. Wind in den Zweigen, die kaum beben. Herbstblätter rascheln auf Eichen.
    »Er tut es! Aber ich? Ich?«

70
    Starraugen ins Dunkel – brennen, und er schließt sie, da doch im Deckelklappen der Lider Huschebewegung schattenrissiges Gemöbel antanzen macht. Wieder auf! –: alles wie sonst, nichts verändert. Doch die Füße wie Eis – an die Heizung, deren Röhren längst nicht mehr warm sind. Kältegekrümmte Sohle schleppt kaum ihn ins Bett, das zu riechen scheint, kalt-laulich; die Knochen gebrochen, Hirn drückt an die Stirn, die Finger sind blutlos, unkrümmbar. Selbst das Zentrum durchkältet, frostgepickelt.
    Und Speichel zieht fädig im Mundwinkel. »Keine Briefe mehr …«
    Doch da sagt es, irgendwoher: »Du schießt dich doch nicht tot!«
    »Ruhen …!« Sein Murmeln: »Darum ist es, ich werde es tun!«
    »Nein«, beharrt man.
    »Ah! Du willst mich reizen dazu …?«
    »Ich denke, du magst sterben …?«
    Liegt so, Uhr tickt. »Was wird morgen?«
    »Kommen sie näher? Schaffner … Sie glauben nicht mehr. Nein, dann bleibt nichts wie Tod. Rechne doch: diese Summe von Gesten: Eltern, Lorenzens, Konpennäler, Ilse, Schütts, die Dienstmädchen … Keine Straße mehr blickleer … Denunziant!«
    Krümmt sich, Rücken den Blicken zu bergen, hustet, Laut ist verschluckt, war nie da.
    Stille marschiert. Hirn haspelt Bilder. Lippen wälzen Tonloses. Der Gaumen schmeckt abgestanden. »Morgen! Nur Morgen!«
    Zittert. Bebt. Zittert. Zittert!
    »Hilfe! Es kommt. Unwirklich ist das: Tod nur Gerede – alles kommt anders!«
    Brüllt das Zimmer – Licht zuckt wie Blitz im Schrei –: »Der Revolver!«
    Er schweigt, überlistet. »Revolver, ja? Wozu bestellt? Zum Töten? Ich tue es nicht? – Warum also? – Doch! Ich tu’s! – Ich glaube. – Ich glaube nicht. – Ich weiß nichts. Treibe … weiß nicht wohin … Zur Vorsorge ist das … Falls es doch nötig …?«
    Schwärze, Überschwärze wälzt vor die Augen sich. Herz trommelt im Hals. Schläfen bersten.
    »Krampfe immer den Leib, nutzloser Ring. Rettung das nicht!… Beichte!«
    Warten wölbt sich zum Trichter, der ihn ansaugt, aus der Haut Beulchen zerrt, gesogene … »Flucht …«
    Steht: ärmlicher Leib, Hemd zu kurz, beinzittrig, schlappende Pantoffeln …
    Tastet draußen … Zimmertür versperrt – drinnen tost es, Aufruhr spottet seiner, – er fühlt es bis hier …
    »Wohin …?«
    Tür an Tür … Bekanntes – Unbekanntes …
    »Erna …?«
    Schleicht, schleicht, Beschuhung bleibt im Winkel, die Lenden schwellen, die nackte Sohle schleift trocken am Boden …
    Neigt das Ohr: »Atmen? Atmen?«
    Es zieht langsam, seufzend, schnüffelnd, stoßend, ächzend …
    Sie wirft sich im Bett um!
    Dann wieder zieht’s …
    Hitzeschauer peitscht nun leibauf, leibab. Die Haut rutscht wie bei fliegenscheuchenden Pferden …
    Knarrt die Tür? Die Tür knarrt nicht, aber – die Klinke knackt!
    Herz stürmt! Das hört man! Krümmung, um zu dämpfen, Hände auf die Brust, zu dämpfen den Schall, Atemhalt, dass sie nichts hört …
    Nun lehnt hinter ihm die Tür zu. Die Luft schmeckt nach offenen Poren, auch die seinen triefen schon. Jenes Fleisch steigt, da er sie atmen hört, laulich nun und sanft; ja, wie besänftigt durch seine Nähe geht zage Melodie von ihr …
    Näher!
    Nein!
    Näher steht er. Hand streift fingergespreizt. Schrickt! Flieht … Nichts! Ein Federgestopftes …
    Neu!
    Nein!
    Wieder geht Hand, zwischen den Fingern verschweißt,

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