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Der junge Goedeschal - Roman

Der junge Goedeschal - Roman

Titel: Der junge Goedeschal - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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zu tun. Da Ilse weinte, begriff ich, erfühlte heiß Verworfenheit solchen Tuns. Ich werde ihn finden. Nicht mehr soll sie leiden. Frei soll ihr Schlaf sein und Helleres bereitet dem Wandern ihres Traums …«
    Da stand Arne. Seine Finger griffen kugelnd immer wieder die Luft. »– Du – wirst – – ihn – – finden – – –?!«
    »Ja, nicht mehr leiden soll sie. Sie weinte, Arne …!«
    »Aber, Kai …«, er fasste die Schulter des Freundes, nun durchwärmt auch sein Blick. »Besinne dich doch, Kai. Du selbst Schreiber der Briefe!«
    »… ja … ja … natürlich …«
    Er zwinkerte rasch, einmal, wieder und wieder. »Gewiss.Natürlich. Selbst geschrieben. Übrigens, dem Wortlaut nach nicht selbst geschrieben, ein anderer schreibt sie für mich …«
    »Wer?«
    »… aber ich bin doch nicht der Verfasser! Mittler nur, ohnmächtig. Den andern zu finden, nun, da sie weinte, bin ich stark genug. Kein Brief mehr. Ich will nicht.«
    »Aber das geht nicht! Nun, nicht wahr …? Heute haben  sie dir gezeigt? Und nun willst du aufhören. Das fällt auf.«
    »… fällt auf …«
    »Nein, jetzt musst du schon noch etwas weitermachen. Das geht nicht anders.«
    »Ja, wenn du meinst. Recht kannst du haben …« Wie war die Stimme gefallen! Mittler – Schöpfer jetzt? Mussschöpfer? Reinheit aus Achtsamen unrein gemusst?
    »… aber gut ist deine Rache! Wie klug, nicht selber zu schreiben! Wer denn?«
    »Ach! Irgendein Idiot. Aber keine Rache, Arne, keine Rache! Nichts davon!«
    »Aber was dann?«
    »Liebe … nur Liebe …«
    »Liebe …?«
    »Ach, lass schon. Du verstehst doch nicht. Und woher weißt du?«
    »Irene …!«
    »Ah so! Man redet also schon …! Es wird Zeit, so Zeit! Ich muss Schluss machen. Heute schon beinahe. Ob sie ahnen …?«
    »Nichts! Mitleid haben sie … mit Ilse, auch mit dir …«
    »Trotzdem …«
    Nah trat Kai, seine Hand griff zur Schulter des Freundes. Aus dem Dunkel dämmerte weiß das Gesicht, schwarz standendie Augenhöhlen. »Nicht, Arne? Ich kann Schluss machen? Es geschieht nichts? Noch ein paar Briefe, dann aber vorbei. Niemand erfährt etwas. Du bist der Einzige, du bist  still, nicht wahr? Denn sieh, wenn jemand erführe, ich könnt ja nicht mehr … ich müsste ja … alles wäre vorbei …«
    »Nichts. Niemand erfährt, Kai. Lieber. Keine Angst. Nur keine Angst!«
    Ganz leise da und weit weg, irgendwo am Schreibtisch oder gar am Bett: »Doch, Arne, ich habe Angst, so sehr Angst. Manchmal. Alles ist, glaub ich, bestellt. Ich tanze umsonst. So Angst …«

68
    Gleich Kirchenkerzen starrten sie, ungelehnt im Rücken, auf ihren Sesseln: die Lorenzfrau, Lotte und Ilse und dann jener sonore, qualmig etwa: Castor Schaffner. Ihren Augen schien Blinzeln entfremdet; drehten sich in den Schultern die Köpfe, war’s schnappig, als klatschten Federscharniere Blechdeckel zu.  Die Hände ruhten, von Protest feucht überschleimt, im Schoß. Auch stand ihr Schweiß wie ein Prickeln in der Luft. Die Schläfen höhlte konzentriertes Denken tiefer.
    »Verdacht ist das«, klang es in Kai, schabte kratzend die Knochen zu durchsichtigem, leicht splitterndem Porzellan; schlenkerte er jetzt die Hände, flögen sie fort. »Gestehen! Wie? Nein! Diesen …!
    Doch ist Ilse gut. Qual gibt ihren Gliedern Regsamkeit, unter den Kleidern zuckt es; von Wind aufgekraust fröstelt Teichwasser so an Nebelmorgen, wie Liebesschmerz ihre Haut huschen macht … Sie glaubt … denke ich …«»Schöner Tag heute?«
    »Schöner Tag, Herr Schaffner. Die Luft streicht weich. Zum Ausgang lockend. Vielleicht kann Ilse, gnädige Frau …?«
    »Ilse kann nicht! Kann nie mehr! Konnte zu viel … das Ergebnis …!«
    »Strengste Befolgung der Moral sichert allein unangreifbare Position!«
    Schaffners Mund ging zu; den bläulichen Himmel prüfte Frau Lorenz, herb zwar, missbilligend beinahe für den Moment, jedenfalls fremd, doch in der Leistung anerkennenswert.
    ›Das ist‹, klang’s in Kai, ›als setzen sie Wände um mich zum Erdrücken, Absperren; näher solche tragbare Wand mit jedem Satz.‹ Und da er Frau Lorenz armgespreizt Paravents tragen sah, glomm Lächeln. ›Das ist gar nicht schlimm, nur vorher ist Angst, drin kühlt’s wie Bad. So selbstverständlich. Man ersauft nicht.‹
    »Sie sind gesprächig, Herr Goedeschal …« Frau Lorenz  lächelt, aber wie Gift ist das, als schnitte es schmerzend.
    »Silberlustig, auch gelüstig.« Schaffner wartet, lächelt als Ersatz für die Runde, dann: »Reden –

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