Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Keim des Verderbens

Der Keim des Verderbens

Titel: Der Keim des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
Serienmörder, den Kinderschänder, den Vergewaltiger von nebenan erzählte.
    »Also, lassen Sie uns über Birmingham sprechen«, sagte ich zu ihr.
    »Gut.« Sie hatte aufgehört zu lächeln.
    »Der tiefgefrorene Virenstamm dieser Krankheit ist wieder aufgetaucht«, sagte ich. »Die Röhrchen tragen Aufkleber mit der Beschriftung Birmingham 1978. Ich möchte wissen, ob in dem Labor dort vielleicht Mutationen von Pockenviren erforscht wurden. Können Sie mir etwas darüber sagen .?«
    »1978 war ich nicht mehr dort«, unterbrach sie mich.
    »Ich glaube, das waren Sie doch, Phyllis.«
    »Das spielt keine Rolle.« Sie stand auf, um Tee aufzusetzen. Ich sagte nichts und wartete, bis sie wieder saß.
    »Ich bin krank, und Sie müßten es mittlerweile auch sein«, sagte sie, und ich wußte, daß sie nicht die Grippe meinte.
    »Ich bin überrascht, daß Sie keinen Impfstoff für sich hergestellt haben, bevor Sie die Sache ins Rollen gebracht haben«, sagte ich. »Scheint mir ein bißchen leichtsinnig für jemanden, der sonst immer so penibel ist.«
    »Das wäre nicht nötig gewesen, wenn dieser Scheißkerl nicht eingebrochen wäre und alles kaputtgemacht hätte«, fuhr sie mich an. »Dieses widerliche, dreckige Schwein.« Sie zitterte vor Wut.
    »Das war also der Grund, weshalb Sie sich, als wir gerade über AOL miteinander kommunizierten, nicht ausgeloggt haben, sondern online blieben«, sagte ich. »Weil er in dem Moment anfing, Ihre Tür aufzubrechen. Dann haben Sie ihn erschossen und sind in Ihrem Van geflohen. Ich schätze, Sie sind an Ihren langen Wochenenden nur bis nach Janes Island hinausgefahren, um Ihre reizende Krankheit in neue Flaschen umzufüllen und die kleinen Lieblinge zu füttern.«
    Während ich sprach, übermannte mich der Zorn. Das schien ihr nichts auszumachen. Offenbar genoß sie es sogar.
    »Sind Menschen für Sie nach all diesen Jahren als Medizinerin nicht mehr wert als Objektträger und Petrischalen? Was haben Sie mit Ihren Gesichtern gemacht, Phyllis? Ich habe die Leute gesehen, denen Sie das angetan haben.« Ich beugte mich zu ihr hinüber. »Eine alte Frau, die allein in ihrem verdreckten Bett starb. Niemand hat ihre Durstschreie gehört. Und jetzt Wingo, der mich nicht zu sich lassen will. So ein netter, anständiger junger Mann, und er liegt im Sterben. Sie kennen ihn! Er war in Ihrem Labor! Was hat er Ihnen denn bloß getan?«
    Meine Worte ließen sie kalt. Auch in ihren Augen blitzte Wut auf.
    »Sie haben das Vita-Spray für Lila Pruitt in einen der Holzkästen gesteckt, in denen sie Rezepte für einen Vierteldollar anbot. Korrigieren Sie mich, wenn ich etwas Falsches sage.«
    Mein Ton war schneidend. »Sie dachte, ihre Post wäre im falschen Briefkasten gelandet und dann von einem Nachbarn vorbeigebracht worden. Was für eine nette Kleinigkeit, und dann auch noch umsonst! Sie sprühte es sich ins Gesicht. Sie hatte es auf ihrem Nachttisch stehen und besprühte sich immer wieder damit, wenn es ihr schlecht ging.«
    Meine Kollegin schwieg. Ihre Augen glänzten.
    »Wahrscheinlich haben Sie Ihre kleinen Bomben alle auf einmal nach Tangier befördert«, sagte ich. »Und dann haben Sie mir die vorbeigebracht, die für mich bestimmt waren. Und für meine Leute. Was stand als nächstes auf dem Plan? Die ganze Welt?«
    »Vielleicht«, war alles, was sie zu sagen hatte.
    »Warum?«
    »Ich bin diejenige, der man zuerst etwas angetan hat. Wie du mir, so ich dir.«
    »Was ist Ihnen denn angetan worden, was auch nur im geringsten vergleichbar wäre?« Es kostete mich einige Anstrengung, meine Stimme im Zaum zu halten.
    »Ich war in Birmingham, als es passierte. Der Unfall. Man gab teilweise mir die Schuld, und ich war gezwungen zu gehen. Das war absolut unfair, ein fürchterlicher Rückschlag. Schließlich war ich jung und auf mich allein gestellt. Ich hatte Angst. Meine Eltern waren in die Staaten gegangen, um hier in diesem Haus zu leben. Sie liebten das Leben in der freien Natur. Camping, Angeln. Die ganze Familie war so.«
    Einen langen Augenblick starrte sie vor sich hin, als fühlte sie sich in jene Zeit zurückversetzt.
    »Ich spielte dort keine große Rolle, aber ich hatte hart gearbeitet. Ich fand einen neuen Job in London, drei Gehaltsstufen unter meiner vorigen Stelle.« Sie fixierte mich. »Es war ungerecht. Der Virologe war es, der den Unfall verursacht hat. Aber weil ich an jenem Tag dort war und er sich praktischerweise umgebracht hatte, war es eine Leichtigkeit, mir das alles

Weitere Kostenlose Bücher