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Der Koenig geht tot

Der Koenig geht tot

Titel: Der Koenig geht tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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erreichbare Nähe geklettert war. Osterfeld hielt schützend den Arm vor das Gesicht und sprang im selben Moment in meine Richtung. Noch während des Sprungs sah ich, daß er ein Messer aus der Tasche gezogen hatte, das er mit einem Klick geöffnet hatte. Osterfeld stürzte auf mich, doch es gelang mir, seine Hand mit dem Messer von mir fortzudrücken. Der Mann hatte eine wahnsinnige Kraft. Während ich mit meinem ganzen Körper gegen seinen Arm drückte, gelang es ihm, mit der Linken an meinen Hals zu gelangen. Ich schnappte nach Luft. Immer noch hielt ich das Bandeisen, das sich inzwischen schmerzhaft in meine Hand schnitt. Ich merkte, wie meine Kraft nachließ. Wenn ich auch nur einen Moment nachgab, würde sich das Messer in meinen Oberkörper bohren. Mir schossen Szenen durch den Kopf. Meine Mutter, als ich als Kind in den Teich gefallen war. Mein Vater in seinem unvergeßlichen Sonntagsanzug. Ich konnte nicht mehr. In diesem Moment riß ich mit einer Kraft, deren Ursprung ich nicht kannte, meine Hand nach oben. Osterfeld bekam einen Stoß nach hinten und gleichzeitig mit dem Bandeisen einen Schlag ins Gesicht, der ihm eine lange Schnittwunde im Gesicht zufügte. Ich rollte mich zur Seite und sah, daß ich genau an der Kante nach unten lag. Osterfeld, dessen Gesicht wie wild blutete, stürzte sich auf mich, das Messer auf mich gerichtet. Geistesgegenwärtig rollte ich mich erneut weg, diesmal nach hinten, eine fast perfekte Rückwärtsrolle. Über mir donnerte es. Ich dachte für einen Moment, das Hallendach würde über mir zusammenkrachen. Ich hörte einen Schrei, den lauten, hohen Schrei einer Frau, dann einen dumpfen Knall. Im selben Moment wurde ich ohnmächtig.

42
    Als ich in vier Meter Höhe aufwachte, war meine Mutter da. Sie beugte sich über mich und küßte mich auf die Stirn. »Ich bin so froh, daß du noch lebst«, flüsterte sie und küßte mich erneut.
    »Warum hast du denn die ganze Sache alleine durchziehen wollen?« kam es jetzt vorwurfsvoll. Das war gar nicht meine Mutter. Es war Alexa.
    »Ich bin auch froh, daß ich noch lebe«, sagte ich, doch ich glaube, ich war der einzige, der mich verstand.
    Alexa legte ihren Kopf auf meine Brust, so daß ich fast erstickte.
    »Gott sei Dank ist der Osterfeld vom Gerüst abgestürzt. Wenn dir etwas zugestoßen wäre!« Alexa schniefte in meine Brust hinein. Es hätte mich interessiert, wie sie meinen jetzigen Zustand beurteilte, da mir ihrer Meinung nach nichts zugestoßen war. Ich nahm es locker.
    »Wär’ schon ärgerlich gewesen«, murmelte ich. »Wo doch jetzt gerade die Sommerferien anfangen.«

    Drei Stunden später saß ich geduscht und versorgt in meiner Wohnung. Draußen trommelte nach wie vor der Regen. Das Gewitter, das mit lautem Krachen begonnen hatte, als ich gerade in höchster Lebensgefahr gewesen war, hatte einen schier endlosen Regen mit sich gebracht. Wie Alexa richtig diagnostiziert hatte, war mir »nichts« zugestoßen. Kurz: Ich konnte weder Knochenbrüche noch Blutergüsse, weder Platzwunden noch eine Gehirnerschütterung vorweisen. Lediglich eine Beule am Kopf war mir nach dem Duschen übrig geblieben.
    »Deine ist die größte«, sagte Alexa und glaubte wohl, daß ich jetzt irgendwie stolz wäre. Robert und Max saßen mir gegenüber auf dem Sofa. Tatsächlich sahen wir mit unseren unförmigen Beulen auf dem Kopf aus wie die drei von der Tankstelle: Robert mit dem Horn, das er sich an Moni Königs Terrassentür zugezogen hatte, Max mit einer Beule, die von Gerhard Streiters Schraubenschlüssel stammte, und ich mit einem Andenken an Johannes Osterfelds Eisenregale.
    »Eine starke Truppe«, sagte Alexa, die nicht müde wurde, uns mit peinlichen Komplimenten zu strafen. »Zu dritt habt ihr tatsächlich zwei Mörder zur Strecke gebracht, und das obwohl die Polizei auf einer ganz anderen Fährte war.«
    »Unser sicherer Instinkt«, erklärte Max selbstzufrieden.
    »Unsere nicht nachlassende Einsatzbereitschaft«, fügte Robert hinzu.
    »Der schnöde Zufall«, brummte ich unzufrieden.
    »Egal, was«, vollendete Alexa pragmatisch. »Hauptsache, die Geschichte hat endlich ein Ende.«
    »St. Sebastianus wird nie wieder so sein wie bisher«, sinnierte Max.
    »So ist das mit gereiften Persönlichkeiten, die eine Menge hinter sich haben«, erklärte ich altklug. »Ich kann da aus Erfahrung sprechen.«
    Alexas Handy klingelte. Ich ignorierte es großmütig. Auch den Umgang mit diesen störenden Piepsern sieht man gelassener, wenn man gerade

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