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Das Schloss Im Moor

Titel: Das Schloss Im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Achleitner
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Erstes Kapitel
     
     
    Warmer Sonnenschein lachte über die braungrauen Flächen der Rieder Gegend, über den weiten
silberschimmernden See und den weißen Kranz himmelan strebender Berge im Süden des Moorgrundes. Es lenzt langsam
im Ried, des langen harten Winters Macht ist gebrochen, der Weitsee wie sein Brüderchen, der Kleinsee, ist seit Wochen
von der Eisumkrustung befreit, die letzten Schollen sind unter den warmen Strahlen der Frühlingssonne zerflossen, der
See ist eisfrei, dem Bootsverkehr wiedergegeben und dadurch die Bewohner der Seedörfer von erzwungener Abgeschlossenheit
erlöst. Stürmend eilen die Bergbäche der schimmernden Wasserfläche zu durch das Moor, mählich
wachsend und steigend infolge der Schneeschmelze, und langsam steigt der große See wie immer zu Lenzbeginn.
    Von einer Abgeschiedenheit wintersüber spüren die Bewohner von Dorf und Schloß Ried am Ostufer des
Weitsees nichts, sie sind durch eine Fahrstraße mit der Außenwelt und der Eisenbahn verbunden; für sie
bringt der die übrige Bewohnerschaft erlösende Frühling eine Fessel in Gestalt der alljährlichen
Überschwemmung, die geduldig ertragen und abgewartet werden muß. Noch hat es gute Weile damit, und flott
entwickelt sich der starke Verkehr aus der Straße.
    Schloß Ried mit seinen behäbigen Gebäuden beherbergt eine Brauerei, die ein anerkannt vorzügliches
Produkt an zahlreiche Wirte der Seegegend wie tief hinein ins Gebirge bis zur Landesgrenze liefert. Einst fürstliches
Eigentum, ging das große Anwesen mit bedeutendem Grundbesitz vor vielen Jahren durch Kauf an die Familie Tristner
über, deren Haupt ein Fachmann auf dem Gebiete der Brauerei war und es verstand, nicht nur ein vortreffliches Bier zu
erzeugen, sondern auch den Umsatz zu heben, so daß die Schloßbrauerei Ried sich eines allgemeinen guten Rufes im
ganzen Bezirk erfreuen konnte und erklecklichen Nutzen abwarf. Wo früher jeglichem Sport gehuldigt wurde, entwickelte
sich die rastlose Tätigkeit eines schlichten Bürgers und Brauers, der alltäglich Weib und Kind mahnte,
einfachen Sinnes und arbeitsam zu bleiben.
    Auf der Höhe des Lebens und Erfolges war Dagobert Tristner für immer abgerufen und im kleinen Kirchhof des
Dorfes Ried begraben. Seiner Mahnung entsprechend erzog die Witwe ihre zwei Kinder Theo und Olga, ließ den Sohn
sachgemäß ausbilden, praktizieren und übertrug ihm hierauf die Geschäfte der Brauerei. Das altgediente
Personal, besonders der wichtige Posten des Braumeisters verblieben wie zu Vaters Lebzeiten, und hochgehalten wurde die Jahre
hindurch des Vaters Devise: Bleib einfach und arbeitsam.
    Im gleißenden Sonnenschein humpelte der hellgelbe Postomnibus auf der tiefgleisigen, ausgefahrenen Straße gen
Dorf Ried, das altgewohnte Vehikel, das nun die Morgenpost von der Bahnstation für Dorf und Schloß Ried bringt und
am Abend das zweitemal bringen wird. Ähnlich einem riesigen Zitronenfalter gaukelte der »Hellgelbe« auf der
Straße dahin, bald die linke, bald die rechte Straßenseite nehmend, der frischen Beschotterung ausweichend wie
den zur Bahn fahrenden Brauereifuhrwerken. Einem Postomnibus eilt es niemals, die Fahrzeit ist reichlich bemessen, eine
Verspätung verschlägt auf dem Wege von der Bahn zum Dorf absolut nichts, während umgekehrt die Fahrzeit
allerdings wegen der nicht wartenden Eisenbahnzüge ziemlich genau eingehalten werden muß. Lebensmüde
Gäule trotten vor dem »Hellgelben« stumpfsinnig und gefühllos, hartmäulig, infolge
Altersschwäche fallsüchtig, daher der weißhaarige Postillon beim Trabfahren die Stolperer fest im Zügel
halten muß. Im Schritt jedoch gibt der »Schwager« Luft im Leder.
    Heute im wohligen Sonnenschein des herrlichen Frühlingstages genehmigt der Posthans reichlich Schrittempo; die
Straße ist sehr schlecht, frisch beschottert, und des Ausweichens kein Ende. Auch muß der Posthans die Zurufe
vorüberfahrender Brauknechte beantworten, was bekanntlich nur im Schrittfahren möglich ist. Scherz und Spott
enthielten diese Zurufe, die robusten Bierführer fragten, ob etwa ein besonders wichtiger Brief im Postbeutel sei, der
das Fahrtempo mindere, den Postomnibus schwerer denn sonst mache; auch fragten die Knechte, ob der Hans seine
»Stolperer« lebendig nach Ried bringen könne und die Ankunft selber noch erleben werde. Derlei Zurufe
mußten drastisch, kräftig beantwortet werden. Hans war nicht mundfaul und gab jeglichen Spott reichlich
zurück, so

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